Mit der Verpflichtung von Renato Sanches vor einem Jahr glaubte der FC Bayern eines der größten europäischen Talente für sich gewonnen zu haben. Nun wurde der Portugiese an Swansea City verliehen - für den Spieler eine Erlösung.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es ist heute schwer vorstellbar, aber es ist nicht viel länger als ein Jahr her, da wurde der 35-Millionen-Transfer Renato Sanches als Beispiel für die herausragende Arbeit des FC Bayern auf dem Transfermarkt gelobt.

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Der damals 18-jährige Renato Sanches hatte eine tolle EM in Frankreich gespielt. Er war beim völlig überraschenden EM-Triumph der Portugiesen über das gesamte Turnier gesehen vielleicht sogar auffälliger als Cristiano Ronaldo.

Schon im Mai hatten die Münchner den Transfer perfekt gemacht - ohne großes Aufheben im Vorfeld.

Manchester United, das sich stark um den Mann von Benfica Lissabon bemüht hatte, schaute ziemlich verdutzt aus der Wäsche.

Sanches, der damals vor allem von Bayerns heutigem Chefscout Marco Neppe beobachtet wurde, bestach bei der EM - wie schon in der Champions League mit Benfica zuvor - durch seine tolle Mischung aus Physis und spielerischer Finesse.

Robuste Zweikämpfe, mutiges vertikales Spiel, gute Bewegungen in engen Räumen, Dribbelstärke, riesiger Motor. Qualitäten, die den 2018 zum FC Liverpool abwandernden Naby Keita von RB Leipzig heute zu einem der begehrtesten zentralen Mittelfeldspielern der Welt machen, hat auch Sanches in seinem Spiel.

"Nach der EM wäre Sanches unbezahlbar gewesen", sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Juli 2016. Und das war keine Übertreibung.

Sanches hatte schlechtes erstes Jahr

Heute, ein Jahr später, hat sich die Situation verändert. Sanches hat ein schlechtes erstes Jahr in München hinter sich.

Ein harter Schnitt durch den Wechsel in eine neue Stadt, kaum Vertrauen von Ancelotti - aber auch nur wenige überzeugende Ansätze in nicht mal 1.000 Pflichtspielminuten.

Kein Tor, kein Assist. Ein paar haarsträubende Fehlpässe. Ein paar tolle Bewegungen. Ein häufig gesenkter Kopf. Viel blieb nicht hängen aus seinem ersten Jahr.

In der Branche wird gerade in solchen Fällen immer viel geraunt. Meist kann man davon mindestens die Hälfte als Gerede abziehen.

Doch selbst dann bleibt mindestens folgende Erkenntnis übrig: Sanches hatte es auch in der Kabine schwer seinen Platz in der Mannschaft zu finden. Auch deshalb wird die Ausleihe nach Swansea für ihn eine Erlösung sein.

Sanches braucht jetzt einen Trainer, der auf ihn setzt und - noch wichtiger - Zeit und Geduld in seine Entwicklung investiert.

Dass der Portugiese nun nach Wales und nicht an eine der Top-Adressen der großen Ligen verliehen wird, ist für ihn eine Chance.

Unter Ancelottis früherem Co-Trainer Paul Clement kann er sofort wichtig werden, anstatt sich erneut hinten anzustellen.

Sanches muss spielen. Er muss Rhythmus aufnehmen, seine Leistungsfähigkeit testen und wieder lernen, einer Mannschaft positive Impulse zu geben.

Nur dann empfiehlt er sich für eine Rückkehr zum Rekordmeister. Oder - das scheint im Moment wahrscheinlicher - wenigstens für einen teuren Weiterverkauf im nächsten Sommer.



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