Der Rücktritt von Fifa-Chefermittler Michael Garcia wirft einmal mehr ein sehr schlechtes Licht auf den Weltverband und seinen Präsidenten Sepp Blatter. Der aufgewirbelte Staub wird sich wohl aber bald schon wieder legen, die Fifa ist als Organisation weiter kaum greifbar. Echte Konsequenzen wären nur mit einer radikalen Maßnahme zu erwarten.

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Joseph Blatter zeigte sich überrascht, zumindest tat der Patron auf der Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees in Marrakesch so. Überrascht vom Rückzug "seines" Chefermittlers Michael Garcia. Der ist am Mittwoch doch tatsächlich von seinem Amt zurückgetreten.

Garcia sollte die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 nach Russland und 2022 nach Katar auf Unregelmäßigkeiten oder Verstöße überprüfen, fand sich aber recht schnell in einem Netz aus Störfeuern, Halbwahrheiten und Klüngelei gefangen.

Das Fass zum Überlaufen brachte am Dienstag ein von der Fifa abgewiesener Einspruch. Garcia hatte gegen die seiner Meinung nach fehlerhafte Auswertung seiner Untersuchung protestiert. Die Fifa hatte sich vor einigen Wochen geweigert, Garcias kompletten Untersuchungsbericht zu veröffentlichen und gab stattdessen im weitesten Sinne selbst interpretierte, kleine Bruchstücke der insgesamt 430 Seiten dicken Beweisführung Garcias zu Protokoll.

Sein Vertrauen "in die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Kammer ist deshalb verloren gegangen", sagte Garcia, der die Ausführungen der Fifa durch Hans-Joachim Eckert, dem Vorsitzenden der Ethikkommission, als "unvollständig und falsch" brandmarkte.

Kaum Transparenz bei der Fifa

Der frühere US-Bundesanwalt Garcia ist anderes gewohnt: Straffere Gesetze, klarere Richtlinien und vor allen Dingen deutlich mehr Transparenz. Bei der Fifa scheint dies aber auch im Jahr 2014 noch ein Fremdwort. Der Verband hat Garcia als den großen Aufklärer in eigener Sache verkauft, ihm nach außen hin alle Freiheiten in seinen Ermittlungen gegeben.

Die Wirklichkeit sah dann aber offenbar so aus, dass Garcia in den zwei Jahren seines Wirkens stets auf Widerstand gestoßen war, der dann im September angeblich in dem Versuch Blatters gipfelte, Garcia ein Disziplinarverfahren anzuhängen.
Wegen der besonderen Stellung als gemeinnütziger Verein laut Schweizerischem Recht war von vornherein klar, dass die Fifa sich quasi das "Hausrecht" selbst vorbehält und den Rahmen der Untersuchung nicht nur überwacht, sondern auch selbst steckt. Im Nachhinein darf man auch den harten Hund Garcia nur als nächstes Bauernopfer bezeichnen.

Michael Garcia mit unbequemen Ermittlungen

Er hat viele Protagonisten gehört, hat sich mit Whistleblowern getroffen, hat nachgebohrt und ist stets unbequem geblieben. So hart und nachdrücklich hatte man sich den Amerikaner nicht vorgestellt. Das hat offenbar einige im Verband aufgeschreckt, also hat sich die Fifa mal wieder auf ihre ureigenste Regel besonnen: dass es im Zweifel keine handfesten Regeln gibt. Und dass jede Formulierung am Ende reine Interpretationssache ist.

Das Urteil Eckerts, ehemals als Abschluss des Berichts deklariert, soll nun lediglich eine "persönliche Meinung" des deutschen Richters zu Garcias Report sein - "weder rechtsverbindlich noch anfechtbar", so die Fifa. Und damit auch resistent gegen jeden Einspruch des Verfassers. Der Verdacht liegt auf der Hand, dass sich die Fifa die Dinge mal wieder so dreht, wie sie es gerade eben benötigt.

"Wir wollten Transparenz, aber es ist ein erneutes Versagen der Fifa", zürnt Uefa-Präsident Michel Platini. Garcia schrieb in seinem Kommuniqué von der "fehlenden Führung in der Fifa in dieser Frage" und er meinte damit natürlich den Präsidenten selbst. Sepp Blatters Reich bleibt eine von vielen Regularien und Gesetzen losgelöste Organisation, das hat der Fall Garcia einmal mehr bewiesen.

"Keine unabhängige Regierungskommission, kein Ermittler und kein Schiedsgericht kann die Kultur einer Organisation ändern", schreibt Garcia. Die schiere Ohnmacht dieser Sätze springt den Leser förmlich an.

Scharfe verbale Attacken einzelner Kämpfer gegen das System perlen an der Fifa weiter ab. Eine Besserung ist nicht in Sicht, daran wird auch der erneute Imageschaden des Garcia-Rücktritts nichts ändern. Ende Januar werden die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl bekannt gegeben und es gilt schon jetzt als sicher, dass der dann 79-jährige Blatter in eine neuerliche Amtszeit gewählt wird.

Von diplomatischem Druck wird sich die Fifa auch in Zukunft kaum erweichen lassen. Was bleibt, ist eine radikale Lösung: der Boykott großer Turniere oder sogar Austritt einzelner Verbände aus dem Weltverband. Hier stünden besonders die großen Nationen in der Pflicht. In England wurde diese Variante bereits öffentlich diskutiert, immerhin. Der Deutsche Fußball-Bund mag von derlei Debatten aber nichts wissen.

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