- Unser Autor ist für die WM nach Katar gereist.
- Im vierten Teil seines WM-Tagebuchs berichtet er über die "deutsche" Stimmung auf den Rängen in Katar.
Das daheimgebliebene Deutschland ist ziemlich glücklich mit dem 1:1 gegen Spanien – doch wie sieht es mit dem Deutschland vor Ort aus? Nun ja, am Sonntagabend und frühen Montagmorgen – bei Beginn 22 Uhr und satten Nachspielzeiten rutscht man leicht in den nächsten Tag hinein – hat das Stadion Al-Bayt nicht gerade gebrodelt.
Das liegt daran, dass weder die Deutschen noch die Spanier besonders große Fangruppen stellen. Die Europäer halten sich zurück, bei vielen Nationen gibt es eben Vorbehalte gegen diese WM: falsche Jahreszeit, gesellschaftspolitische Gründe. Die Südamerikaner hingegen sind in Zehntausender-Einheiten vertreten: Brasilianer, Argentinier. Dazu viele Mexikaner, Tunesier, Marokkaner, und zu den Spielen kommen aus dem Nachbarland Saudi-Arabien ganze Busladungen.
Das deutsche Fanlager gestaltet sich bei dieser WM etwas schwieriger als zuvor
Der DFB hat wieder ein Fanlager organisiert: Günstige Unterkünfte, Gemeinschaftserlebnis, hat immer gut funktioniert, Tausende meldeten sich in Südafrika 2010 oder Brasilien 2014 an. Diesmal sind es nur einige Hundert. Das Fanlager befindet sich nicht mal in Katar, sondern in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Dubai. Zu den Spielen muss extra mit dem Flieger angereist werden; Doha kann nicht alle fassen, die Hotelkapazitäten sind knapp. Die deutsche Fanbotschaft, die Fanprojekte wie bei jedem Turnier als Anlaufstelle bei etwaigen Schwierigkeiten eingerichtet haben, bekommt wenig zu tun, weil kaum jemand da ist.
Und selbst wer hier ein Bett ergattert, der muss erst mal ins Stadion Al Bayt kommen. Die Arena, die das deutsche Architekturbüro Speer entworfen hat, liegt buchstäblich in der Wüste, weit vor der Stadt. Eine Metro gibt es hier nicht, nur Parkplätze. Aber wer mietet sich ein Auto? Wer Taxi oder Uber fährt, muss Glück haben, vom Fahrer auf der richtigen Seite abgesetzt zu werden. Sonst droht ein Fußmarsch.
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Fehlende Stimmung durch fehlende Fans
Es war viel neutrales Publikum in Al-Bayt, und trotz seiner Klasse weckte das Spiel nicht die Emotionen, wie sie bei südamerikanischen Partien spürbar werden. Es war ein bisschen wie im Theater, bei gedämpfter Lautstärke. Weil die Organisatoren ja im Voraus wissen, wenn eine Fangruppe nicht stark vertreten ist, versucht sie, Stimmung zu kreieren. Da werden DJs aufgeboten und Einpeitscher. Der für Deutschland zuständige skandierte: "Deutsche, Deutsche."
Es war etwas mehr "Espana, Espana" zu hören als "Deutsche, Deutsche". Aber für die Spieler war die Unterstützung vernehmbar, und am Ende haben sie der weißen Kurve einen Besuch abgestattet und herzlich gedankt. Man sieht sich am Donnerstag wieder. Gegen Costa Rica. An gleicher Stelle, in der Wüste.
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