Die deutsche Nationalmannschaft hat Fans in aller Welt. Das wird besonders bei der WM 2014 in Brasilien deutlich. Unser WM-Blogger erlebt in Salvador, wie Touristen und Einheimische gemeinsam Deutschland anfeuern und mit welchem geschickten Marketingtrick der DFB die Herzen der brasilianischen Fußballanhänger erobert hat.

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Knapp 60.000 der gut drei Millionen WM-Tickets wurden offiziellen Angaben zufolge nach Deutschland verkauft. Ein schwarz-rot-goldener Anstrich war den Spielorten rund um die Auftritte der DFB-Elf also gewiss. Dementsprechend ist das "Pelourinho", die historische Altstadt von Salvador, rund um den WM-Auftakt der Löw'schen Elf gegen Portugal komplett in deutscher Hand. Trikots der Weltmeisterschaften von 1954 bis 2014 sind genauso präsent wie die stolz getragenen Jerseys von Bayern München oder Preußen Münster.

Die deutschen Auswärts-Trikots sind ein Verkaufshit in Brasilien

Das gängige "Wo seid ihr denn her?" oder "Schaut ihr alle Deutschland-Spiele?" wird aber oft nur mit einem fragenden Blick und einem vorsichtigen "Do you speak English?" beantwortet. Wer sich in DFB-Farben schmückt, ist also nicht automatisch auch Deutscher. Viele Einheimische bringen dem Land des dreimaligen Weltmeisters ihre Wertschätzung und Gastfreundschaft entgegen, indem sie sich in Trikots der DFB-Elf kleiden und im Brustton der Überzeugung vom Finale zwischen "Brasil" und "Alemanha" schwadronieren. Die Tatsache, dass dafür einer der beiden Topfavoriten in seiner Gruppe nur Zweiter werden darf, findet bei aller Euphorie und gegenseitiger Sympathie natürlich keine Beachtung.

Auch ist dem DFB offenbar ein Marketing-Coup mit der Einführung des schwarz-rot quergestreiften Auswärtstrikots geglückt: Da dieses Design sehr stark an die Dressen des brasilianischen Traditionsclubs Flamengo Rio de Janeiro erinnert, sind die Hemden in ganz Brasilien ein echter Verkaufshit und dementsprechend häufig auch in den Gassen von Salvador zu sehen.

Am häufigsten prangern die Namen Lukas Podolski und Mesut Özil auf den Trikots. Überhaupt Özil! "Aus welchem Teil von Deutschland kommt der eigentlich?", werden wir gefragt. "Der Name klingt so ungewöhnlich." Dass er Sohn türkischer Eltern ist, war nach Brasilien noch nicht durchgedrungen. Die Verkündung dieser eigentlich trivialen Tatsache, sorgt unter den Anwesenden für ungläubiges Staunen.

In Brasilien wird auch deutsches Erbe gepflegt

Eine weitere, nicht unbedeutende, Gruppe brasilianisch sprechender Deutschlandfans stammt aus dem Süden des Gastgeberlandes und hat deutsche Vorfahren. In Städten wie Blumenau oder Pomerode wird auch heute noch deutsches Erbe gepflegt, die Einwohner kommen weniger brasilianisch braun gebrannt, als norddeutsch blond daher.

Selbstverständlich lassen sie sich die Auftritte von Lahm & Co in der brasilianischen Heimat nicht entgehen – auch wenn die Distanzen aus dem Bundesstaat Santa Catarina in den brasilianischen Nordosten zu den Vorrunden-Spielorten Salvador, Fortaleza und Recife gewaltig sind. Rodrigo aus Joinville fasst in gebrochenem Deutsch zusammen: "Ich bin Brasilianer mit deutschem Blut. Ich hoffe auf ein Finale Brasilien gegen Deutschland – dann ist mir egal, wer gewinnt!"

Deutsche Auswanderer haben nicht nur den brasilianischen Süden, sondern natürlich auch die USA geprägt. Dorthin, in die vermeintliche Fußball-Diaspora, gingen gut 200.000 WM-Tickets, das zweitgrößte Kontigent aller WM-Teilnahmer – hinter Gastgeber Brasilien versteht sich!

Selbst aus den USA kommen Deutschland-Fans

In Salvador sieht man also auch zahlreiche Amerikaner, die aus ihrem Stolz für die deutsche Heimat ihrer Vorfahren keinen Hehl machen. Wir treffen Matt, selbstverständlich im Trikot von Mesut Özil, der uns erzählt, aufgrund seiner deutsche Mutter schon von Kindesbeinen an für die DFB-Elf geschwärmt zu haben.

Er, der in Seattle geboren wurde und außer "bitte" und "danke" sagen, auch noch "Alle meine Entchen" singen kann, berichtet voller Begeisterung von der EM 1996, dem letzten großen Titel einer DFB-Auswahl: "Man, they were so strong!" Selbstverständlich sollte der Titel auch in diesem Jahr machbar sein. Die US-Boys scheint er nicht ganz ernst zu nehmen, er wünscht ihnen jedoch alles Gute. Die Frage, was er denn von einem deutsch-amerikanischen Finale hielte, beantwortet er mit einem lauten Lachen.

Am Abend nach dem Spiel feiern Deutschland-Fans aus aller Welt in der Altstadt von Salvador den 4:0-Sieg über Portugal. Die bekannten Gesänge erhalten teils eigentümliche sprachliche Interpretationen – das DFB-Trikot ersetzt nun mal keinen Deutschkurs, auch dann nicht, wenn Özil oder Podolski draufsteht.

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