Die aktuelle Handball-WM kämpft mit mangelndem Zuschauerinteresse vor Ort – auch beim Viertelfinale des deutschen Teams werden wieder Tausende Plätze in der Halle leer bleiben. Für eine Handball-Legende ist die Entwicklung "alarmierend".

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Die deutschen Handballer kämpfen bei der WM ums Halbfinale – und die halbe Arena in Oslo ist leer? Ein Szenario, das dem Team von Bundestrainer Alfred Gislason offenbar droht. Rund 13.500 Menschen hätten in der Halle Platz, nicht einmal die Hälfte der Tickets ist bislang verkauft.

"Bis jetzt sind rund 4.000 bis maximal 5.000 Tickets weg. Das heißt, es ist noch Platz für deutsche Fans in der Arena. Wir hoffen, dass da der ein oder andere den Weg hierher findet", sagte DHB-Sportvorstand Ingo Meckes am Montag vor dem K.o.-Duell mit den Portugiesen an diesem Mittwoch (20:30 Uhr/ARD und Sportdeutschland.TV).

Eine Erklärung für die maue Nachfrage: Die Zuschauer in Oslo hatten eigentlich auf den Auftritt ihrer Heimmannschaft gehofft. Doch Norwegen schied nach enttäuschenden Leistungen bereits in der Hauptrunde aus. Stattdessen schafften neben Portugal die Brasilianer den Sprung in die Runde der besten Acht.

Volle Halle in Herning
Bei den Spielen der dänischen Nationalmannschaft im dänischen Herning war die Halle immer voll – bei den anderen Gastgebern Norwegen und Kroatien war das bei den Auftritten des eigenen Teams nicht immer der Fall. © picture alliance/dpa/Soeren Stache

Dass die Halle wohl nur zu rund einem Drittel gefüllt sein wird, nannte Bundestrainer Alfred Gislason schade. "Aber das ist eigentlich überall so, abgesehen von Deutschland. Das ist die Realität, wenn die Heimmannschaft nicht vor Ort ist", sagte der Isländer.

DHB-Präsident: Nur wir füllen die Hallen

Nach Meinung von Nationalspieler Timo Kastening ist die deutsche Mannschaft nun umso mehr gefordert. "Dass du von den Emotionen her mit Anpfiff der Partie voll da bist. Das ist natürlich bei einer vollen Halle, die stimmungsgeladen ist, einfacher. Aber ich sage auch: Es ist ein Viertelfinale bei einer WM. Wenn du da nicht von Minute eins fokussiert bist, hast du irgendwas falsch gewählt", sagte der Rechtsaußen.

DHB-Präsident Andreas Michelmann hatte schon vor einigen Tagen betont: "Nach wie vor gibt es nur ein Land auf der Welt, das in der Lage ist, die Hallen komplett zu füllen, auch wenn die eigene Mannschaft nicht spielt." Gemeint war Deutschland. "Wir haben es bei der EM mit 94 Prozent Auslastung bewiesen", sagte der 65-Jährige mit Blick auf das Turnier im Vorjahr weiter.

Wohlwissend um das große Zuschauerinteresse in Deutschland steht schon jetzt fest, dass viele Handball-Großereignisse in den kommenden Jahren ebenfalls wieder in Deutschland stattfinden werden: Neben der Frauen-WM in diesem Jahr unter anderem auch die Weltmeisterschaften der Männer 2027 und 2029 (gemeinsam mit Frankreich) sowie die EM 2032, ebenfalls zusammen mit Frankreich.

"Das ist wieder einmal alarmierend."

Stefan Kretzschmar bei "Sport1" über die Zuschauerzahlen der aktuellen WM

Was den DHB freuen dürfte, ist für Handball-Legende Stefan Kretzschmar eine "katastrophale Entwicklung", wie er im Interview mit "Sport1" erklärte: "Die generelle Entwicklung fördert natürlich die totale Monokultur des deutschen Marktes. Die Deutschen können sich darüber freuen, ich finde es katastrophal und auch nicht gut, dass man sich darüber freut, weil es die Internationalität unserer Sportart immer mehr gefährdet", stellte der ehemalige Weltklasse-Linksaußen klar.

Die aktuelle Handball-WM findet in Dänemark, Norwegen und Kroatien statt, vor allem bei den Spielen in Oslo sowie den drei kroatischen Spielorten blieben bislang bei vielen Spielen immer wieder Tausende Plätze in den Hallen leer. Das sieht auch Kretzschmar so: "Insbesondere Norwegen und Kroatien enttäuschen da gerade, wenn der Gastgeber nicht spielt. Das ist wieder einmal alarmierend."

Eine Anfrage unserer Redaktion an die Internationale Handballföderation (IHF) von vergangener Woche zu den niedrigen Zuschauerzahlen blieb bislang unbeantwortet. (ms)

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