Fünf Monate vor den Olympischen Spielen in Paris gibt es eine dicke Erfolgsmeldung aus der deutschen Leichtathletik. Im Kugelstoßen der Frauen lässt Yemisi Ogunleye mit einer Leistung aufhorchen, die nach zwei Knie-Operationen für sie nicht mehr vorstellbar war.

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Eingehüllt in eine Deutschland-Fahne gratulierte Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye nach der ersten deutschen WM-Medaille unter dem Hallendach seit sechs Jahren freudestrahlend der nur um eine Winzigkeit besseren Weltmeisterin.

62 Zentimeter über ihrer bisherigen Bestleistung

Nach der um unglaubliche 62 Zentimeter gesteigerten persönlichen Bestleistung von 20,19 Metern fehlten der 25-jährigen aus Mannheim bei den Weltmeisterschaften der Leichtathleten in Glasgow nur drei Zentimeter für einen überraschenden Goldcoup. "Ich habe gar nicht den Einschlag gesehen. Als der Kampfrichter dahin lief, dachte ich: Das ist jetzt nicht wirklich passiert", freute sich Ogunleye.

"Das ist so surreal, was hier gerade passiert ist."

Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye nach dem Gewinn von WM-Silber

"Den Zentimetern zu Gold trauere ich gar nicht hinterher. Ich bin unglaublich dankbar, hier mit der Silbermedaille rauszugehen", fügte die überglückliche Ogunleye nach ihrem ersten Stoß über 20 Meter hinzu. Ungläubig schlug sie die Hände über ihrem Kopf zusammen. "Das ist so surreal, was hier gerade passiert ist."

Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye animiert das Publikum zu Unterstützung
Yemisi Ogunleye holt bei der Hallen-WM in Glasgow die Silbermedaille im Kugelstoßen. © dpa / Bernat Armangue / AP

Es war ein ordentlicher Rumms, mit dem Ogunleye die WM für das nur siebenköpfige deutsche Team eröffnete: Erste Entscheidung, erster Durchgang - 20,19 Meter und damit sagenhafte 62 Zentimeter mehr als ihre bisherige, fünf Wochen alte Bestmarke. Ogunleye war einigermaßen fassungslos.

Chase Jackson wiederholt ihren Freiluft-Triumph

Den Titel bejubelte die Kanadierin Sarah Mitton mit 20,22 Metern. Bronze ging an die US-amerikanische Freiluft-Weltmeisterin Chase Jackson mit 19,67 Metern.

Fünf Monate vor den Olympischen Spielen setzte Ogunleye ihren atemberaubenden Aufstieg fort und avancierte damit zu einer deutschen Hoffnungsträgerin für Paris. Dabei stand sie vor nicht einmal zwei Jahren "vor einem Haufen von Zweifeln" - jetzt bescherte sie dem zuletzt leer ausgegangenem Deutschen Leichtathletik-Verband wieder eine WM-Medaille.

"Ich hatte relativ früh zwei Knie-Operationen, die mich jeweils anderthalb Jahre aus dem Leistungssport genommen haben", sagte sie im Jahr 2023, als sie sich überraschend für die WM in Budapest qualifizierte und Platz zehn erreichte: "Ich habe eher gedacht, das mit dem Kugelstoßen wird vielleicht nichts mehr."

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Wie stets in ihrem Leben, in dem der Glaube ihr "eine große Stütze" ist, half ihr dieser auch in Schottland. "Ich bin heute Morgen aufgewacht, habe meine Bibel aufgeschlagen und einen Vers gelesen, der hieß: Sei mutig und stark, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir", erzählte Ogunleye, "und mit diesem Vers bin ich in diese Weltmeisterschaft gegangen: Du wirst mutig, stark und zuversichtlich sein. Du hast es verdient, hier zu sein, und du kannst mehr erreichen, als du dir vorstellen kannst."

Rasanter Aufstieg in die erweiterte Weltspitze

Nachdem sie mit einer Bestweite von 18,14 Metern ins Jahr 2023 gestartet war, arbeitete sie sich rasant in die erweiterte Weltspitze vor. Dass sie jetzt zum Kreis der 20-Meter-Sportlerinnen zählt, soll nicht das Ende bedeuten. "Das macht mir keinen Druck", sagte Ogunleye mit Blick auf den Olympia-Sommer, in dem auch die EM in Rom stattfindet. "Es gibt mir Freude und Zuversicht, diese Reise fortzusetzen."

Ogunleye gewann die erste Medaille einer deutschen Kugelstoßerin seit Silber von Christina Schwanitz vor zehn Jahren. Schwanitz war bis zum Freitag auch die letzte Deutsche, die mit der Vier-Kilo-Kugel über 20 Meter stoßen konnte - zuletzt im Jahr 2016.

Bei Hallen-Weltmeisterschaften war der DLV 2022 leer ausgegangen, ebenso bei den Freiluft-Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr in Budapest. Bei den bis zum 3. März dauernden Titelkämpfen in Glasgow hofft der Verband auf weitere gute Leistungen aus dem nur siebenköpfigen Team. (dpa/sid/hau)

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