Es fällt schwer sich vorzustellen, wozu Athleten beim Curling dopen sollten. Dennoch ist ein russischer Curler bei den olympischen Winterspielen erwischt worden. Wir haben beim deutschen Curling-Bundestrainer Uli Kapp und beim Doping-Experten Prof. Mario Thevis von der Deutschen Sporthochschule Köln nachgefragt, was Doping bei dieser Sportart bringen könnte.
Curling hat nicht gerade den Ruf einer körperlich anstrengenden Sportart. Hochkonzentriert schiebt der Curler seinen Stein über das Eis, lässt ihn irgendwann los, ganz ohne Hektik. Seine beiden Mitspieler wischen anschließend vor dem rutschenden Stein – lediglich diese Aktion wirkt ein wenig physisch fordernd. Doch dafür kann sich dopen doch nicht lohnen! Oder doch?
Nach der A- ist auch die B-Probe des russischen Curlers Alexander Kruschelnizki positiv auf das verbotene Herzmittel Meldonium getestet worden. Kruschelnizki hat bei den olympischen Winterspielen mit seiner Frau und Curling-Partnerin Anastassija Brysgalowa die Bronzemedaille im Mixed-Wettbewerb gewonnen. Der Internationalen Sportgerichtshofs CAS hat gegen ihn ein Verfahren wegen Doping-Verdachts eingeleitet.
Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit
Meldonium ist ein Wirkstoff, der in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen ist, erläutert Doping-Experte Prof. Mario Thevis vom Zentrum für präventive Dopingforschung der Deutschen Sporthochschule Köln.
"Er ist allerdings in Osteuropa zugelassen und wird dort bei der Behandlung von Herzerkrankungen und Angina Pectoris eingesetzt", so der Experte weiter. Seit 1. Januar 2016 ist der Wirkstoff Meldonium auf der Dopingliste.
Im Dopinglexikon der Deutschen Sporthochschule wird darauf hingewiesen, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) 2014 einen hohen Missbrauch der Substanz in verschiedenen Sportarten festgestellt hat.
"Es ist zu vermuten", heißt es dort, "dass Athleten auf die Substanz zurückgreifen, um mögliche Effekte hinsichtlich einer verbesserten Sauerstoffverwertung und physischen Leistungsfähigkeit auszunutzen. Da die Anwendung überwiegend aus nicht medizinischen Gründen zur Leistungssteigerung erfolgte, entschied die WADA Meldonium ab 1.1.2016 für den Sport zu verbieten."
Meldonium ist leicht nachweisbar
Eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist also der Grund, warum so viele Sportler Meldonium bis 2016 verwendet haben. Seit dem Verbot wurden eine ganze Reihe Sportler beim Doping mit Meldonium erwischt, darunter auch die bekannte Tennisspielerin Maria Scharapowa.
Inzwischen sollte sich jedoch herumgesprochen haben, dass der Wirkstoff verboten ist, zumal der Nachweis nicht besonders schwierig ist. "Die Prüfung auf Meldonium gehört zum Standardprogramm bei der Untersuchung von Urinproben auf verbotene Substanzen", berichtet Doping-Experte Thevis.
Bundestrainer: Doping bringt beim Curling nichts
Für den deutschen Curling-Bundestrainer Uli Kapp erscheint es ohnehin völlig abwegig, dass Curler dopen. "Beim Curling gibt es so viele Komponenten, auf die es ankommt, die kann man nicht alle mit Doping beeinflussen, das macht diese Sportart ja so interessant", sagt der Bundestrainer.
Kraft und Ausdauer sind auf jeden Fall wichtig. Hinzu kommen jedoch noch Technik, Konzentration und der gesamte mentale Bereich. Das alles lässt sich jedoch mit normalem Training verbessern. "Doping bringt da einfach nichts", ist Kapp überzeugt.
Zudem ist Curling genauso eine olympische Sportart, wie jede andere, und wird genauso konsequent und hart kontrolliert. "Wer dopt, geht da ein hohes Risiko ein, entdeckt zu werden", sagt Bundestrainer Kapp.
Bei jeder Sportart könnte gedopt werden
Ob es noch weitere Sportarten gibt, bei denen man Doping nicht erwartet? Eine Frage auf die Doping-Experte Prof. Thevis eine klare Antwort hat. "Es gibt kaum eine Sportart, bei der man sich nicht pharmakologische Vorteile verschaffen könnte", ist sich der Experte sicher. Man könne keine Sportart kategorisch ausschließen, Bogenschießen sei da genauso interessant wie Schach oder E-Sport.
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