Tennis-Ikone Rafael Nadal wollte nach langer Verletzungspause in Australien wieder erfolgreich sein, musste aber einen erneuten Rückschlag hinnehmen. Experten bezweifeln, dass der Spanier noch einmal zu seiner alten Stärke zurückfindet.

Eine Analyse
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Der Jahresbeginn hätte für Rafael Nadal kaum schlechter verlaufen können. Nach seinem Ausscheiden beim ATP-Vorbereitungsturnier in Brisbane gab der spanische Superstar bekannt, bei den diesjährigen Australian Open 2024 nicht an den Start zu gehen.

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"Im Moment bin ich noch nicht bereit, in 5-Satz-Matches auf höchstem Niveau anzutreten. Deshalb fliege ich jetzt zurück nach Spanien, um meinen Arzt aufzusuchen, mich behandeln zu lassen und mich auszuruhen", teilte der 37-Jährige über soziale Netzwerke mit.

Für den Spanier ist dies ein herber Rückschlag. Nachdem er fast ein Jahr lang verletzungsbedingt pausiert hatte, wollte er 2024 noch einmal richtig durchstarten. Dass er in Brisbane stark aufspielte und bis in das Viertelfinale vordrang, weckte große Hoffnungen. Doch gegen Lokalmatador Jordan Thompson war Endstation. Nicht, weil Nadal chancenlos war. Im Gegenteil: Der Spanier hatte sogar drei Matchbälle.

Vielmehr führte das erneute Verletzungsproblem dazu, dass Nadal die Partie in drei Sätzen verlor. Dennoch ist er guter Hoffnung, dass sein Körper bald wieder funktionieren wird. "Ich habe einen Mikroriss an einem Muskel, aber nicht an der gleichen Stelle, an der ich die Verletzung zuvor hatte. Das ist eine gute Nachricht", schrieb er.

Und doch stellt sich mehr als je zuvor die Frage, ob Nadal bei einem Comeback auch nur annähernd sein früheres Leistungsvermögen erreichen kann.

Tennis-Legende Rod Laver bezweifelt erfolgreiche Rückkehr von Nadal

Nadal hat seinen Sport geprägt wie kaum ein anderer. Seine 22 Grand-Slam-Turniersiege werden lediglich von Novak Djokovic übertroffen, dem dies 24 Mal gelang. Auf Sand war er lange Zeit praktisch unschlagbar. Doch Nadals Körper scheint vermehrt zu streiken. Im vergangenen Jahr kündigte er an, dass 2024 vermutlich sein letztes Jahr auf der Profitour sein würde.

Tennis-Legende Rod Laver, der 1969 als letzter Mann alle vier Grand-Slam-Turniere in einem Jahr gewann – also den Grand Slam holte –, bewertet die Situation von Nadal eher skeptisch. "Er steht leider wirklich vor dem Karriereende. Es wird hart für ihn. Je älter du wirst, desto schwieriger ist es, dich von Verletzungen zu erholen", sagt er in einem aktuellen Interview der "Sport Bild".

"Ich hoffe, dass er sich seine Kräfte richtig einteilen kann. Aber heutzutage sind auch alle Matches hart. Als ich noch spielte, waren nur einige Matches schwierig. Nadal muss immer höchstes Niveau bringen."

French Open könnten für Nadal die letzte große Chance sein

Als Sand-Spezialist dürfte Nadal bei den French Open (20. Mai bis 9. Juni) in Frankreich die größte Chance haben, noch einmal ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. 18 Mal nahm er an dem Event in Paris teil, 14 Mal gewann er das Turnier. Bei fünf seiner letzten sechs Teilnahmen siegte er – unter anderem auch bei seiner letzten Teilnahme im Jahr 2022. Im vergangenen Jahr, als Nadal fehlte, gewann Djokovic.

Djokovic hofft, dass es noch einmal zu Top-Duellen gegen Nadal kommen wird. "Das ist die größte Rivalität, die dieser Sport jemals hatte. Nadal ist ein großer Kämpfer", sagte der Serbe erst im vergangenen Dezember.

Für den gesamten Tennissport wäre es ein Segen, würde es noch einmal solche ruhmreichen Duelle geben. Nach dem Rücktritt von Roger Federer sind Nadal und Djokovic die letzten großen Weltstars, die nicht nur Tennis-Fans ein Begriff sind. Der Spanier Carlos Alcaraz, der bislang zwei Grand-Slam-Turniere gewann, wächst langsam in eine ähnliche Rolle hinein. Ansonsten allerdings fehlt es an Persönlichkeiten, die überall in der Welt für Aufsehen sorgen.

Mats Wilander wünscht sich für Nadal einen gelungenen Abschied

Eurosport-Experte Mats Wilander sagt über Nadal: "Er ist einer der größten Spieler aller Zeiten und vielleicht der wichtigste professionelle Tennisspieler aller Zeiten." Dementsprechend habe er sich gefreut, als Nadal zuletzt wieder auf dem Platz stand: "Ihn noch einmal in Brisbane spielen zu sehen, war brillant – die Leidenschaft zu sehen, ihn schwitzen zu sehen wie sonst keinen. Ich denke, genauso möchte ich Rafa in Erinnerung behalten – und nicht mit der Pressemitteilung, dass er bei den Australian Open leider nicht spielen kann. "

Wilander hofft auf eine baldige erfolgreiche Rückkehr von Nadal auf die Tour. "Ich denke, es wäre schön, ihn wieder gesund zu sehen. Vielleicht wird er bei den French Open spielen, ein paar Matches gewinnen und erst gegen jemanden verlieren, der den Sieg wirklich verdient hat – vielleicht gegen einen jüngeren Spieler oder gegen einen Giganten wie Novak Djokovic."

Er würde sich wünschen, dass Nadal einen ähnlich guten Abschied hinbekommt wie Roger Federer oder Serena Williams. "Vielleicht werden wir nicht den gleichen Abschied bei ihm erleben. Alles, was ich wirklich von Rafa Nadal sehen möchte, ist, dass er sich verabschiedet, wenn er sich verabschieden will, und nicht, wenn er gezwungen ist, sich zu verabschieden. Aber ich glaube, ihm ist der Verletzungsgott einfach nicht wohlgesinnt."

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