Pius Paschke ist aktuell der deutsche Überflieger
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Pius Paschke (34/Deutschland)
Jahrelang Statist, dann in der Nebenrolle – und auf einmal Hauptdarsteller: Das wundersame Skisprung-Leben des stoischen Oberbayers mit dem staubtrockenen Humor böte reichlich Stoff für eine grandiose Netflix-Doku. Paschke, dem eigentlich keine Karriere im Rampenlicht zugetraut worden war, könnte nun vor dem Höhepunkt seiner Laufbahn stehen. Vor der Generalprobe in Engelberg galt: Einen deutlicheren deutschen Favoriten gab es bei der Tournee seit "Hannaschmitt" nicht mehr. Nach dem durchwachsenen Schweiz-Trip gilt: Paschke ist zumindest einer der Favoriten – allerdings fremdelte er bislang stets mit den vier Schanzen.
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Andreas Wellinger (29/Deutschland)
Es ist schon ein bisschen schräg: Bei seinem Tournee-Debüt 2012 war der 17 Jahre alte Andi Wellinger der jüngste im deutschen Team. Zwölf Jahre und zwei Olympiasiege später gehört Wellinger immer noch zur jüngere Hälfte eines durchaus angealterten deutschen Oberstdorf-Aufgebots. Jugendlichen Flair versprüht der Sonnyboy freilich immer noch, und auch seine Hassliebe zur Tournee wird langsam eine Romanze: Im Vorjahr feierte er in Oberstdorf seinen ersten Tagessieg, wurde Gesamtzweiter. Nun steht er im Schatten Paschkes – vielleicht ein Vorteil.
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Stefan Kraft (31/Österreich)
Olympiasieger, Weltmeister, Skiflug-Weltmeister, Gesamtweltcup-Sieger: Der "Krafti" ist der erfolgreichste aktive Skispringer. Die Tournee, ja, die gewann er auch, als bislang letzter Österreicher – 2015 war das allerdings schon. Danach gab es für Kraft nur noch einmal Platz drei (2024), in der Zwischenzeit schmiss er mit bemerkenswerter Konsequenz in Garmisch-Partenkirchen sämtliche Chancen weg. Im Karriere-Herbst will es der Pongauer noch einmal wissen – auch wenn der Saisonstart leicht uneben verlief.
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Jan Hörl (26/Österreich)
Eine bessere Aussicht ist kaum denkbar: Hörl könnte ausgerechnet in seinem Wohnzimmer den ersten Tournee-Sieg für Österreich seit zehn Jahren perfekt machen – sein Verein ist der SC Bischofshofen, der Ausrichter des letzten Springens. Das Zeug dazu hat der "Heeressportler" des österreichischen Bundesheeres: Seit dem Team-Olympiasieg in Peking 2022 wird Hörl beständig besser, holte vor der Tournee seine Weltcupsiege vier und fünf.
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Daniel Tschofenig (22/Österreich)
Tschofenig ist vor allem für den Austria-Boulevard ein Glücksfall: Der Kärntner, der in Wisla als erster nach der Jahrtausendwende geborene Springer einen Weltcup gewonnen hat, bildet mit der kanadischen Weltmeisterin Alexandra Loutitt das Glamour-Paar des Skispringens – auch wenn "glamourös" im konservativ geprägten Schanzensport eher relativ zu sehen ist. Doch auch sportlich ist Tschofenig jede Schlagzeile wert: Spätestens seit seinem neuerlichen Sieg bei der Generalprobe in Engelberg zählt er zu den heißesten Tournee-Favoriten.
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Dawid Kubacki (34/Polen)
Vom Glanz alter Tage scheint bei den Polen aktuell nicht mehr viel übrig. Kamil Stoch verzichtet leistungsbedingt auf die Tournee, Kubacki übernimmt den frei gewordenen Platz im Team. Alleine daran lässt sich erkennen: Die einstigen Zugpferde des polnischen Skisports springen der alten Form verzweifelt hinterher, der Druck im skisprungverrückten Polen ist immens. Für Kubacki, Tournee-Champ von 2020, gilt die gleiche Frage wie für den dreimaligen Gesamtsieger Stoch: Kommt da noch etwas? Derzeit liegt die Antwort nahe: wohl leider nein.
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Ryoyu Kobayashi (28/Japan)
Was ist neu bei Roy? Eigentlich nicht viel. Er, der so weit auf Skiern geflogen ist wie sonst niemand (291 Meter bei einem Sponsoren-Event auf Island), der so schön schweben kann wie kein anderer, hat dennoch den Faden verloren. Der dreimalige Tourneesieger und Titelverteidiger passt sich nahtlos einem desaströsen japanischen Team an. Es spricht wenig bis gar nichts dafür, dass Kobayashi bis zur Tournee wieder in Siegform kommt. Außer eben: Er ist Kobayashi – und dem ist generell alles zuzutrauen.
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Gregor Deschwanden (33/Schweiz)
Für Schweizer Skispringer ist das Leben schwer, wenn sie nicht gerade Simon Ammann heißen. Gut, Kilian Peier trat kurzzeitig aus Simis mächtigem Schatten heraus, holte 2019 WM-Bronze, kam auch verletzungsbedingt danach aber auf keinen grünen Zweig mehr. Nun ist Deschwanden aber im zarten Alter von 33 Jahren auf einmal ein konstanter Podestspringer. Und könnte womöglich das schaffen, was der doppelte Doppel-Olympiasieger Ammann (oder ein anderer Schweizer) nie geschafft hat: Die Tournee zu gewinnen. Ach ja: Ammann, mittlerweile 43, wird in Oberstdorf auch am Start sein. Fröhlich wie immer, chancenlos wie selten. (sid/bearbeitet von ms)