Islamistischer Terror – dieses Thema verdrängt in der Berichterstattung meist alle andere Themen. Auch im "Tatort: Sturm" war der Mann im Fokus, der auf Befehl islamistischer Terroristen mit einem Sprengstoffgürtel in einer Bank saß. Dabei ging ein anderes Thema fast unbemerkt unter: Gewalt gegen Polizisten. Der Tatort im Kurzcheck.
Die meisten "Tatorte" folgen eher dem klassischen Muster: ein Täter, ein Opfer, ein Mord und ab hier übernimmt dann die Polizei. Beim "Tatort: Sturm" aus Dortmund war alles anders, denn diesmal waren die Opfer fast ausschließlich Polizisten.
Dass das fast unbemerkt blieb, lag natürlich an dem ebenso spannenden wie undurchsichtigen Fall, aber vor allem am zentralen Thema "Terrorismus".
Dabei steigt der "Tatort" gleich mit dem Mord an zwei Polizisten ein. Während einer Streiffahrt werden die beiden Beamten in ihrem Auto sitzend erschossen. Einer der Polizisten kann noch aus dem Wagen kriechen, bevor er hingerichtet wird.
Auch das nächste Opfer ist wieder Polizist. Diesmal wird Kommissar Daniel Kossik (Stefan Konnarske) von einem Islamisten niedergeschossen. Dass er die Tat überlebt, scheint unwahrscheinlich, schließlich war dies Konnarskes Abschiedsfolge.
Als seien das nicht schon genug verletzte oder getötete Polizisten, sprengt sich am Ende noch einer der Terroristen vor den Augen der Polizei in die Luft – mehrere Beamte liegen am Boden, ob sie die Explosion überlebt haben, bleibt offen.
Gewalt gegen Polizisten: Selten zuvor war sie so präsent in einem "Tatort" wie dieses Mal. Doch wie sieht die Realität der Beamten im Dienst aus?
Gewalt gegen Polizisten: Tod als "Berufsrisiko"
Zwei Polizisten, die in ihrem Dienstwagen erschossen werden – das erinnert stark an den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007. Damals wurde die Polizistin in Heilbronn in ihrem Wagen erschossen, ihr Kollege Martin A. schwer verletzt.
Besonderes Aufsehen erregte der Fall, weil die Suche nach dem oder den Tätern später zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos vom Nationalsozialistischen Untergrund, NSU, führte.
So besonders die Verbindung zu der Mordserie des NSU den Fall Kiesewetter auch machte – er ist leider kein Einzelfall. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Polizisten in Ausübung ihres Dienstes getötet. Erst im Februar dieses Jahres soll ein 24-Jähriger in Brandenburg zwei Polizisten getötet haben, als er die beiden Beamten mit dem Auto überfuhr.
In trauriger Erinnerung dürfte auch der Mord an einem Polizisten in der Nähe von Nürnberg sein. Im Oktober vergangenen Jahres schoss ein sogenannter Reichsbürger bei einer Waffenrazzia um sich und traf dabei mehrere Polizisten. Ein 32 Jahre alter Beamter wurde dabei so schwer verletzt, dass er später im Krankenhaus starb.
Polizisten brauchen offenbar ein dickes Fell
Tod im Einsatz, das ist natürlich nur der Gipfel der Gewalt gegen Polizeibeamte. Die beginnt bereits viel früher und scheint fast jeden Polizisten zu treffen. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hat im Jahr 2010 in einer umfangreichen Befragung die Gewalterfahrungen von Polizisten erfragt. Die Ergebnisse der Befragung ergaben sich also aus den subjektiven Antworten der befragten Polizeibeamten.
Laut der Befragung gaben für das Jahr 2009 knapp 82 Prozent der befragten Polizeibeamten an, beschimpft, beleidigt oder verbal bedroht worden zu sein. 90 Prozent davon sogar mehrfach. Etwa die Hälfte der Beamten wurde gestoßen, geschubst oder festgehalten. Ein Viertel der Befragten wurde mit Gegenständen beworfen und 26,5 Prozent mit Faust oder Hand geschlagen oder mit den Füßen getreten.
Diese Zahlen erhöhen sich laut Befragung noch einmal, wenn man nur die Beamten betrachtet, die im Streifendienst sind und den meisten Bürgerkontakt haben.
Streifenpolizisten sind besonders gefährdet
Streifenpolizisten sind es laut der Befragung auch, die besonders von Verletzungen im Dienst betroffen sind. Unter den Gewaltopfern mit anschließender Dienstunfähigkeit im Jahr 2009 waren knapp 70 Prozent Einsatz- und Streifenpolizisten – und das, obwohl sie in der Stichprobe nur 44,5 Prozent der Befragten ausmachten.
Die Gewalt gegen Polizisten hat aber laut Befragung nicht nur direkte körperliche Folgen für die Beamten. Von den Polizisten, die durch eine Gewalttat über zwei Monate dienstunfähig geworden sind, berichtet jeder Dritte danach über Probleme im Kontakt mit anderen Menschen, jeder Fünfte wies Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung auf.
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