Am Ostersonntag verschlägt es Max Parger alias Florian Silbereisen ins schöne Vancouver. Doch der "Traumschiff"-Kapitän legt nicht zum Eier-Suchen an, sondern um einen vermeintlich Abtrünnigen zur Räson zu bringen, einer MS-Kranken zu helfen und andere Probleme zu lösen. Da darf man doch mal fragen, ob das "Traumschiff" nicht in Wahrheit ein "Albtraumschiff" ist.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Seit mehr als 40 Jahren schippert "Das Traumschiff" nun schon über die Meere dieser Welt. Doch so langsam muss man sich fragen, ob der Name "Traumschiff" wirklich noch so passend ist – oder es je war. Klar, Anfang der 1980er Jahre brachte "Das Traumschiff" die Zuschauer zu Orten, von denen sie sonst nur träumen konnten. Doch inzwischen bieten zahlreiche Billo-Airlines Fernreisen an und der Massentourismus hat aus ehemaligen Traum-Orten Bettenburgen gemacht.

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Und wenn man es ganz genau nimmt, dann konnte bei einer Fahrt auf dem "Traumschiff" eigentlich noch nie von einem Traumurlaub die Rede sein. Denn seit 1981 heißt hier die Devise: Irgendwas ist immer. Alleine in der vergangenen Neujahrsfolge gab es die tragische Rückkehr an den Ort eines Koma-Unfalls, einen innerfamiliären Streit um die neue Freundin des Sohns, die gleichzeitig auch die Patientin seiner Mutter ist, und die Rache zweier Pleitiers an einem Finanzbetrüger. Eine Traumreise klingt irgendwie anders.

"Das Traumschiff – Vancouver": 15 Männer sollst du küssen

Die Oster-Folge des "Traumschiffs" ist da in puncto Tragik keine Ausnahme, denn auch diesmal bringen die Passagiere ihre Probleme und Problemchen mit an Bord. Zum Beispiel Maike Kappes (Birthe Wolter). Die ist nicht nur eine langjährige Freundin von Schiffsärztin Jessica Delgado (Collien Ulmen-Fernandes), sondern auch Mathematikerin. "Bei der dreht sich alles um Zahlen, Fakten und Statistiken", erklärt Delgado ihrer Kollegin, Hoteldirektorin Hanna Liebhold (Barbara Wussow), vor der Abfahrt.

Dass sich eine Mathematikerin mit Zahlen beschäftigt, ist nichts Ungewöhnliches, "Traumschiff"-Folgen-tauglich macht Kappes' Zahlenfaible aber der Umstand, dass die junge Frau damit auch ihr Liebesglück planen möchte und das hört sich dann so an: "Laut einer britischen Studie muss eine Frau 15 Männer küssen, 7 Beziehungen führen und sich zweimal das Herz brechen lassen, bevor sie den Mann fürs Leben findet." Das hat Kappes soweit auch alles abgehakt, es fehlt ihr lediglich noch der 15. Kuss fürs Glück und den sucht sie nun auf dieser Reise. Eine absurde Story, also wie gemacht für eine "Traumschiff"-Folge.

Ähnlich, aber doch etwas anders gelagert, liegt der Fall bei Jens Kessler (Ingolf Lück). Der ist nämlich Hypochonder und weil er dabei reichlich überzeichnet ist, auch eine ziemliche Nervensäge. Das fängt damit an, dass er noch vor dem Ablegen den Kapitän sprechen will, weil Delgado kein "Herr in gesetzterem Alter mit einem gerüttelten Maß an medizinischer Erfahrung" ist. "Ja, und jetzt ist hier eine Frau an Bord. Weniger gesetzt, aber ich würde behaupten: mit derselben Erfahrung", kontert Delgado.

Ist eine Ärztin anwesend?

"Martin, Herr Kessler ist wieder an Bord", informiert Liebhold kurz darauf ihren Kollegen, Staff-Kapitän Martin Grimm (Daniel Morgenroth) und der hat sofort eine Ahnung: "Dann hat Frau Doktor ja jede Menge zu tun auf dieser Reise." Hat sie, denn neben ihrer Freundin und Hypochonder Kessler muss sich Delgado auch noch um Corinna Sander (Leonie Brill) sorgen. Die junge Frau hat Multiple Sklerose und erhofft sich in Kanada durch einen einsiedelnden Buchautoren Hilfe für den Umgang mit ihrer Krankheit. Doch da droht ihr Verlobter Tarik (Omar Akbar) alles zu verderben.

Bereits jetzt ist also schon mächtig viel Gerummel an Bord, aber offenbar noch nicht genug. Denn Rainer Chrom (Herbert Ulrich) reist zwar zusammen mit seinem Sohn Niklas (Levi Busch) nach Vancouver, doch seit dem Tod seiner Mutter ist die Beziehung von Niklas zu seinem Vater etwas derangiert. Und sie sollte noch derangierter werden, denn in Vancouver entdeckt Rainer Chrom seinen Sohn nach einem Streit zusammen mit einer von Bruce Darnell angeführten Gruppe Dragqueens und noch dazu in einem Kleid.

Und dann gibt es noch ein bisschen Aufregung um Martin Grimm: "Ich habe das Angebot, ein eigenes Schiff zu übernehmen", erklärt Staff-Kapitän Hanna Liebhold seinen beruflichen Status und seine Zweifel, ob er das Angebot annehmen soll. Tragischerweise nur ihr, denn das klingt doch ganz nach einem Problem, das eigentlich Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen) mit ein bisschen In-die-Hände-Gespucke gelöst bekommt.

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"Traumschiff" oder "Albtraumschiff"?

Eine Herangehensweise, die sich beim "Traumschiff" bewährt hat. Denn zwar gibt es auch in der Vancouver-Folge keinen Grund daran zu zweifeln, dass eine Fahrt auf dem "Traumschiff" eigentlich eine Fahrt auf dem "Albtraumschiff" ist. Aber weil die Reihe von Folge eins an nie als Drama- oder Horror-Serie angelegt war, lösen sich hier all die Probleme mit einem guten Gespräch, einem ungebetenen Ratschlag oder zur Not auch mit einem kleinen Logik-Hängerchen. Etwa, wenn Rainer Chrom die Probleme mit seinem Sohn mit der ihm fremden Hoteldirektorin beim Zurückbringen der Tischtennisschläger bespricht.

Am Ende steht das Traumschiff eben nicht für die Realität, sondern für eine Welt, die es zwar nie gab, in der zu leben aber schön wäre. Weil es eine Welt aus wild zusammengeschusterten Problemen ist, bei denen man aber sicher sein kann, dass sie von einem Superhelden-Kapitän und seinem Team in 90 Minuten gelöst werden. Denn auch das gehört zu einem Traum: dass man irgendwann wieder aufwacht.

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