• Die ukrainische Band Kalush Orchestra hat den Grand Prix dieses Jahr haushoch für sich entschieden.
  • Nach den üblichen Regeln hätte der nächste ESC in der Ukraine steigen sollen, doch daraus wird nichts.
  • Nun hat sich Kiew zu Wort gemeldet und fordert eine Rücknahme der Entscheidung.

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Der Eurovision Song Contest wird im kommenden Jahr nicht in der Ukraine stattfinden. Das teilte am Freitag die zuständige European Broadcasting Union (EBU) mit. Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen das Land sei dies unmöglich, so die EBU. Die ukrainische Formation Kalush Orchestra hatte im Mai den Musikbewerb mit "Stefania" gewonnen.

Man befinde sich nun in Gesprächen mit der BBC über eine Ausrichtung des ESC 2023 in Großbritannien, so die EBU. Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) bestätigte die Entscheidung der EBU.

"Die Sicherheit und Garantie, die ein Fernsehsender bieten muss, um den Eurovision Song Contest nach den Regeln des ESC auszurichten, zu organisieren und zu produzieren kann UA-PBC nicht gewährleisten", hieß es dazu auf Twitter über den ukrainischen Fernsehsender.

Kiew fordert Rücknahme der Entscheidung

Die Ukraine hat von der Europäischen Rundfunkunion (EBU) am Nachmittag die Rücknahme ihrer Entscheidung verlangt, den ESC 2023 in ein anderes Land zu verlegen. "Denn wir meinen, dass wir alle auf uns genommenen Verpflichtungen erfüllen können, was wir gegenüber der EBU mehrfach betont haben", schrieb Kulturminister Olexander Tkatschenko am Freitag bei Facebook.

Kiew sei ohne eine Diskussion über mögliche Alternativen vor die Tatsache der Verlegung gestellt worden, beklagte er. "Wir haben Antworten und Garantien zu den Sicherheitsnormen und dem möglichen Austragungsort für den Wettbewerb gegeben." Die Austragung des ESC 2023 in der Ukraine wäre ein starkes Signal für die ganze Welt, welche das Land gerade unterstütze. Kiew fordere zusätzliche Gespräche, so Tkatschenko.

EBU teilt "Trauer und Enttäuschung" mit dem Kalush Orchestra

Bei der EBU hieß es weiter: "Die EBU möchte sich bei UA:PBC für die offenherzige Kooperation und das Engagement bei der Suche nach Szenarien in den vergangenen Wochen seit dem Sieg des Kalush Orchestras am 14. Mai in Turin bedanken. Wir teilen ihre Trauer und Enttäuschung, dass der Contest im kommenden Jahr nicht in der Ukraine stattfinden kann."

Vor allem bei den Zuschauerwertungen aus ganz Europa hatte die Band klar vorne gelegen. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war die Veranstaltung so politisch wie lange nicht mehr gewesen, der so klare Sieg wurde auch als Signal der Solidarität vom Publikum in Dutzenden Ländern verstanden. Russland war wegen des Kriegs vom ESC ausgeschlossen gewesen.

Viele kriegsgebeutelte Ukrainer hatten den ESC-Sieg begeistert gefeiert. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte im Nachrichtenkanal Telegram mitgeteilt: "Unser Mut beeindruckt die Welt, unsere Musik erobert Europa! Im nächsten Jahr empfängt die Ukraine den Eurovision! Zum dritten Mal in unserer Geschichte."

Doch daraus wird nun nichts. Angesichts des anhaltenden Kriegs seit dem russischen Einmarsch in das diesjährige Gewinnerland hat sich die EBU nach eigenen Angaben die Zeit genommen, um mit dem ukrainischen Rundfunksender UA:PBC und weiteren Akteuren zu überprüfen, wie machbar die Durchführung des ESC 2023 in der Ukraine ist.

Dabei ging es auch um Sicherheitsaspekte. Mit tiefem Bedauern sei man zu dem Schluss gekommen, dass der Sender die Sicherheits- und Betriebsgarantien unter den aktuellen Umständen nicht gewährleisten könne, erklärte die Rundfunkunion.

Der Zweitplatzierte könnte als Gastgeber nachrücken

Damit könnte nun Großbritannien als Zweitplatzierter von Turin als Gastgeber nachrücken. Diskussionen mit der BBC über eine mögliche Ausrichtung des Wettbewerbs im Vereinigten Königreich werde man jetzt einleiten, teilte die EBU mit. Der Sieg der Ukraine beim ESC 2022 solle sich aber in den Shows widerspiegeln.

Beim ESC ist es Tradition, dass das Land des Gewinners in der Regel im nächsten Jahr den Wettbewerb ausrichtet. Das ist aber keine Zwangsverpflichtung. Schon in der Vergangenheit haben Sieger - etwa wegen der hohen Kosten des Spektakels - auf ihr Anrecht verzichtet und den Wettstreit an andere Teilnehmer weitergereicht. So sprang die britische BBC bereits im Jahr 1974 einmal ein. Damals hatte Vorjahressieger Luxemburg verzichtet, weil dort schon 1973 ein Grand Prix stattgefunden hatte. Das Fest von 1974 in Brighton ging mit dem Auftritt von Abba mit "Waterloo" dann in die Popgeschichte ein.

Es gibt sogar ein Teilnehmerland, das den Regeln zufolge niemals den ESC austragen darf, auch wenn es gewinnt, das ist Australien. Sollte Down Under je gewinnen, wird automatisch ein anderes Land ausgewählt. (dpa/dh/ank/pak)

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