• In einem gehobenen Leipziger Hotel ist es am Montagabend offenbar zu einem antisemitischen Vorfall gekommen.
  • Ein Mitarbeiter soll Sänger Gil Ofarim aufgefordert haben, seine Kette mit Davidstern-Anhänger zu verbergen, wie der 39-Jährige am Dienstag auf Instagram schildert.
  • Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland reagiert entsetzt.

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Der Sänger Gil Ofarim ist laut eigener Aussage am Montagabend in einem Leipziger Hotel antisemitisch diskriminiert worden. Sichtlich bewegt schildert der 39-Jährige mit israelischen Familienhintergrund in einem am Dienstag auf Instagram veröffentlichten Video, dass er von einem Mitarbeiter des "The Westin Leipzig" aufgefordert worden sei, seine Kette mit Davidstern zu verbergen.

"Packen Sie Ihren Stern ein!", soll der Mann zu Ofarim gesagt haben. Nur wenn er seine Kette mit dem Stern-Anhänger, einem Symbol des Judentums und des Volkes Israel, nicht mehr offen zeige, hätte er einchecken dürfen. Der Vorfall nahm den Sänger sichtlich mit, er kämpft in dem knapp zwei Minuten langen Video mit den Tränen.

Eine Hotel-Sprecherin erklärte in einer Stellungnahme auf Anfrage unserer Redaktion: "Wir sind besorgt über den Bericht und nehmen die Angelegenheit sehr ernst." Das Unternehmen versuche derzeit, Ofarim zu kontaktieren und "mit Hochdruck herauszufinden, was hier passiert ist".

Die Sprecherin betonte, es sei Ziel des Hotels, alle Gäste und Mitarbeiter "einzubeziehen, zu respektieren und zu unterstützen, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören".

Gil Ofarim kämpft bereits sein Leben lang mit Judenhass

"Bin sprachlos!", schreibt Ofarim zu dem Vorfall auf seinem Instragram-Profil. Es sei nicht das erste Mal gewesen, "aber irgendwann reicht es".

Bereits 2018 hatte der Musiker, der auch als Schauspieler bekannt ist und 2017 die RTL-Tanzshow "Let's dance" gewann, im Fernsehen geschildert, wie er sein Leben lang mit Judenhass zu kämpfen hat. "Für mich ist das Alltag."

Von Sprüchen in seiner Münchener Schule wie "Weißt du, dass Dachau nicht weit weg von hier ist?" bis hin zu Hundekot im Briefkasten habe der Sänger bereits einiges an Antisemitismus aushalten müssen. "Wir kultivieren in Deutschland eine Tradition des Wegsehens", kritisierte Ofarim damals.

Polizei hält Aussagen für "klar antisemitisch"

Olaf Hoppe, Sprecher der Leipziger Polizei, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass die mutmaßliche Aussage des Hotelangestellten für ihn "klar antisemitisch" sei. Die Polizei werde Inhalte des Videos an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, die eine strafrechtliche Relevanz prüfe. Je nach Ergebnis werde dann weiter ermittelt oder nicht.

Wie Hoppe weiter erklärte, war die Polizei bei dem Vorfall nicht vor Ort. Mit Ofarim habe man bislang nicht gesprochen. Die Behörde kenne sein Video und habe es gesichert.

Ofarim selbst wollte sich zu dem Vorfall auf dpa-Anfrage zunächst nicht äußern. Sein Management teilte mit, dass er die Vorkommnisse in Leipzig erst einmal verdauen müsse und sichtlich schockiert sei. "Heute wäre der Geburtstag seines Vaters gewesen, deshalb möchte er zu diesem Thema auch erst einmal keine weiteren persönlichen Interviews geben", hieß es. Der Tag sei generell schon schwer genug für ihn. Man bitte um Nachsicht und Verständnis.

Zentralrat der Juden in Deutschland hofft auf Konsequenzen

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, verurteilte den Vorfall scharf. "Die antisemitische Anfeindung gegen Gil Ofarim ist erschreckend." Schuster hofft nun auf personelle Konsequenzen für den Hotel-Mitarbeiter.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprach von einem "unfassbaren Fall von Antisemitismus" und einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). "Eine rasche Antwort des Hotels ist überfällig. Aus unserer Sicht kann das nicht folgenlos bleiben", schrieb die Bundesstelle auf Twitter.

Laut einer im Februar veröffentlichten Studie gab es in den Jahren 2014 bis 2019 712 Fälle von Antisemitismus in Sachsen. Rund ein Viertel davon tauche nicht in der Polizeistatistik auf und sei nur aus anderen, zivilgesellschaftlichen Quellen bekannt, hieß es. Mehr als die Hälfte der Vorfälle hatte sich demnach in den drei größten Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz ereignet.

Hinweis: Die Stellungnahmen des Hotels, der Polizei sowie von Ofarims Management wurden nachträglich ergänzt.

Mit Material der dpa.
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