Lieber Kanye,

Eine Kolumne
von Christian Schommers
Diese Kolumne stellt die Sicht von Christian Schommers dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

die Kommentare bei uns im Netz lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Eine Kostprobe: "Seine Beerdigung würde ich mir lieber anschauen!"... ""Kanye West will angeblich sein Leben verfilmen" ...und auch für diesen Mist wird sich sicher eine zahlende Zielgruppe finden" ..."nichtsnutziger typ!". Das ist jetzt nicht so wirklich nett, wirft aber die Frage auf: Gibt’s in Hollywood wirklich einen derart eklatanten Mangel an guten Stoffen, dass jetzt Dein Leben als Biopic auf die Leinwand gehievt werden soll?

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Dass Du ein bisschen durchgeknallt bist, Dich selbst "Yeezuz" nennst und mit der Selfie-Queen Kim Kardashian als Eheweib Dein/Euer Leben öffentlich ausschlachtest, dass Du alle Möbel aus Deiner von einem Interior-Designer eingerichteten Villa rausschmeißt oder Konzerte mittendrin abbrichst – an all dieses exzentrische Gehabe von Ihro Majestät Rapper haben wir uns inzwischen gewöhnt. Es gehört zum Paket Kanye West dazu. Aber will ich... wollen wir das auf der großen Leinwand sehen?

Tatsache ist wohl, berichten die Boulevard-Medien mit Berufung auf ein "Daily Star"-Interview, dass Du Deinen Lieblings-Comedian Will Ferrell schon angesprochen hast. Farblich passt das ja nicht, aber Ferrell soll Dir bei dem ganzen Brimborium in Hollywood behilflich sein. Haben wir richtig gehört und gelesen? Ein Comedian? Rapper‘s Delight sind doch normalerweise die morbiden, traurig-schönen, schaurig-schönen Geschichten aus East Compton oder von anderen sozialen Brennpunkten: ein Kilo schlimme Getto-Kindheit, ½ Pfund Sozialdrama mit 'Mutter Nutte, Vater Dealer, Schulfreund erschossen', ein guter Schuss Drogenmissbrauch, 2 EL Shootouts, eine Messerspitze Talent ....und dann das Paulus-Erlebnis mit dem Happyend dank Hip-Hop. So war’s bei 50 Cent und sogar Eminem hat so eine Heulsusen-Bio verfilmt. Aber Du, klar, willst eine Komödie machen.

Was auch sonst, immer alles ein bisschen anders. Deine Mama Donda war eine angesehene Anglistik-Professorin, deine Umgebung gutbürgerlich, Deine akademische Karriere vorgezeichnet... Doch dann kam alles anders, eben Kanye West-mäßig. Du hast als Produzent Gespür und Talent bewiesen, alle möglichen Genres genutzt für Deinen Chipmonk-Soul. Du hast mit Deinem Debüt "The College Dropout" (2004, Du hattest die akademische Laufbahn bereits geschmissen) die Welt des Hip Hops ...sagen wir ...revolutioniert. Heute giltst Du "einer der prägendsten Musiker der Hip-Hop- und Popmusik des 21. Jahrhunderts". Alle haben mit Dir gearbeitet: Jay Z, Common, John Legend, Alicia Keys, Mariah Carey, Rihanna, Paul McCartney... Deine Alben auf Platz eins abonniert, 60 Millionen Verkäufe und Downloads...Dazu Modeschöpfer, Kurzfilmer, Wohltäter, Dauer-Award-Winner – man sieht: Dein Leben gibt Stoff genug her für zwei drei Filme.

Zum Start soll es also eine Komödie sein. Warum? "Er nimmt sich selbst nicht zu ernst, sondern findet eher, dass es statt eines moralisierenden, ein lustiger Film werden soll", wird ein Insider zitiert. Hm, mein lieber Kanye, Du wirst ja gerne als arroganter Snob und notorisches Großmaul gedisst, aber bislang haben Deine verrückten Ideen noch immer funktioniert. Deswegen sag ich mal: Toi toi toi und Grüße an Will Ferrell.

Viele Grüße,

Christian Schommers  © top.de

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