Thomas Gottschalk ist gerade auf bestem Weg, seine eigene Legende zu demontieren. Der sonst so gnadenlose Oliver Pocher bleibt in seinem Podcast aber überraschend zurückhaltend.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Medial gesehen gab es in dieser Woche nur ein Thema: den grantelnden Thomas Gottschalk, dem es schwerfällt, sich in der Gegenwart zurechtzufinden. Passend zur Veröffentlichung seines neuen Buches "Ungefiltert" inszenierte er sich als Sprachrohr der "Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen"-Bewegung. Gendern ist Quatsch, die Gen Z hört doofe Musik und warum darf er eigentlich nicht mehr "Wetten, dass..?" moderieren?

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Los ging es in der Talkshow "Kölner Treff", in der Moderator Micky Beisenherz ungewohnt beherzt nachfragte. Der Ausschnitt des verkrampften Gottschalk ging viral. Es folgte ein Interview im "Spiegel", das mit dieser Frage beginnt: "Herr Gottschalk, im Spiegel haben Sie vor einigen Jahren die Hoffnung geäußert, ein cooler Alter zu werden. Sind wir uns einig, dass es nicht geklappt hat?" Entsprechend schlecht gelaunt waren die Antworten. Es folgte noch mehr Aufmerksamkeit.

Gottschalk ist überall

Thomas Gottschalk hat seine Mission erfüllt, sein Buch und er sind überall. Die einen halten ihn für einen typischen "alten weißen Mann", der mit dem aktuellen Zeitgeist nicht klarkommt. Andere sehen ihn als Verfechter der Meinungsfreiheit.

Eine Steilvorlage für Oliver Pocher und seinen Podcast "Die Pochers - Frisch recycelt", in dem er sich in den letzten Wochen immer wieder an einer anderen TV-Größe abgearbeitet hat: Stefan Raab. Aber es kommt lange erstmal nichts.

Wir erfahren, dass Sandy Meyer-Wölden mit neuem Lebensgefährten und insgesamt acht Kindern auf Tour in Amerika ist, Burger essen war und den Grand Canyon besucht hat. Oliver Pocher hingegen war in Mexiko auf den Spuren der Maya und ließ sich einen "spirituell aufgeladenen" Stein verkaufen. "Spannend", sagt die der Esoterik nicht abgeneigte Sandy Meyer-Wölden dazu. "Wohl eher nicht", dürfte die Antwort der Zuhörerinnen und Zuhörer darauf sein.

"Vielleicht aus der Zeit gefallen", man möge es ihm nachsehen

Es dauert mehr als die Hälfte der Podcast-Folge, bis es endlich so weit ist: Pocher holt weit aus und erzählt die Aufregung der letzten Tage um Gottschalk nach. Der "Kölner Treff", dass Gottschalk in seinem Buch schreibt, er habe seinen Kindern Ohrfeigen gegeben, und ob man ein Schnitzel noch wie eine verfolgte Bevölkerungsgruppe nennen dürfe. Eine Meinung zum "Wetten, dass..?"-Moderator hat der sonst so gnadenlose Pocher aber nicht.

"Der ist und bleibt eine Fernsehlegende", sagt er, "vielleicht aus der Zeit gefallen", aber man möge es ihm nachsehen. Als Zuhörer reibt man sich da verwundert die Ohren. Pocher, der sonst niemandem irgendetwas nachsieht und sich seit Wochen an Stefan Raab, etwas jüngere Fernsehlegende, abarbeitet, will jemandem etwas "nachsehen"? Seltsam.

Die Erklärung findet sich in der gemeinsamen Vergangenheit der beiden. Während sich die Wege von Raab und Pocher vor einigen Jahren trennten und das Verhältnis heute zerrüttet ist, scheinen sich Gottschalk und Pocher immer noch gut zu verstehen.

Bereits 2005 war der Komiker Außenreporter in Hannover bei "Wetten, dass.. ?", beleidigte eine Zuschauerin, die klagte, und der Komiker musste Schmerzensgeld zahlen. Kein Problem für Gottschalk, einen Monat später saß Pocher bei "Gottschalk & Friends" und bezeichnete Mariah Carey als "Presswurst". Da scheinen sich zwei in ihrem Humor verstanden zu haben damals und heute.

"Eine echte Begabung im TV-Geschäft"

In diesem Jahr bezeichnete Thomas Gottschalk im Podcast mit Mike Krüger Pocher als "intelligenten Menschen", "eine echte Begabung im TV-Geschäft", der "sehr schnell, sehr pointiert" sei. Seiner Ex-Frau "Amira oder Pamira" hingegen unterstellte er, ihren Mann als Sprungbrett fürs Fernsehen genutzt zu haben.

Pocher wiederum schrieb Gottschalk nach der letzten Ausgabe von "Wetten, dass..?" einen langen Abschiedsbrief auf Instagram, nannte ihn eine "Inspiration für meine TV-Karriere" und warf sich gleich in einen Topf mit ihm: "Wir sind frech, unangepasst und streitbar, aber haben immer nur eines im Sinn: die Unterhaltung für die Menschen da draußen."

Dass die Menschen da draußen, auf deren Kosten diese Unterhaltung stattfindet, sich neuerdings massiv wehren und dafür viel Unterstützung erfahren, ist eine neue Erfahrung für beide Entertainer. Thomas Gottschalk fällt das sichtlich schwer, doch es ist auch ein Wille erkennbar zu verstehen, warum sich die Bedürfnisse des Publikums verändert haben.

Oliver Pocher ist das bisher ziemlich egal. Solange die Hallen voll sind und der Podcast gut läuft, macht er weiter wie bisher. Für "die Unterhaltung" und "die Menschen da draußen". Dass sich das schnell ändern kann, beweist gerade Thomas Gottschalk.

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