Das Gangster-Crime-Epos "Tokyo Vice" mit Ansel Elgort und Ken Watanabe in den Hauptrollen geht weiter, die zweite Staffel ist aktuell in der ARD Mediathek streambar. Zum Cast der Serie gehört auch die US-Schauspielerin Rachel Keller, die sich als selbstbestimmte Clubbesitzerin Samantha erneut in Gefahr begibt.
Im Interview mit unserer Redaktion spricht die 32-Jährige über die Unterwelt der japanischen Metropole Tokio und ihr erstes Treffen mit Filmlegende
Frau Keller, wussten Sie eigentlich, dass Keller in Deutschland ein gängiger Nachname ist? Er gehört zu den circa 50 häufigsten Familiennamen hierzulande.
Rachel Keller: Oh, das wusste ich nicht. Aber ich wusste, dass meine Familiengeschichte bis nach Deutschland zurückreicht, in den Schwarzwald.
Sie sind aktuell in der zweiten Staffel von "Tokyo Vice" zu sehen. In den ersten Episoden wird viel Japanisch gesprochen. Sind Sie auf die Untertitel angewiesen oder sprechen Sie nach zwei Staffeln mittlerweile die Sprache?
Ich kann schon etwas Japanisch verstehen, aber ich lese die Untertitel, weil es eine so komplexe Sprache ist. Ich werde also nicht behaupten, dass ich die japanische Sprache in irgendeiner Weise beherrsche.
Stimmt es, dass Ihr Kollege
Ja, das stimmt wirklich. Ansel ist sehr, sehr gut. Ich bin mit meinen Japanisch-Kenntnissen jedenfalls fein. Wir alle haben so viel gelernt, wie wir konnten.
Sie verkörpern erneut die Clubbesitzerin Samantha Porter. Was reizt Sie an Ihrer Figur?
Mir gefällt, dass Samantha vor etwas wegläuft und sich eine ganz neue Identität schafft. Sie ist entschlossen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich von niemandem kontrollieren zu lassen. Ich denke, dass es sehr interessant ist, das zu spielen – vor allem, weil sie es mit einer ganzen Menge zu tun hat. Wenn man in Tokio einen Laden oder einen Club besitzt, wird man von allem Möglichen kontrolliert – von den Versicherungsgesellschaften bis hin zu der kriminellen Yakuza-Organisation. Ich finde, das alles ergibt ein tolles, spannendes Drama.
Wie gefällt Ihnen Samanthas Entwicklung in der zweiten Staffel?
Nun, es macht Spaß, einen eigenen Club zu haben. Samantha steht nicht unter der Fuchtel eines einzigen Mannes oder Clubbesitzers, dem sie Rechenschaft ablegen muss. In Wahrheit muss sie sich vor viel mehr Leuten verantworten, schließlich besitzt sie ja ihren eigenen Club.
Michael Mann, der Macher von "Miami Vice", hat an der Serie mitgewirkt. Wie viel "Miami Vice" steckt in "Tokyo Vice"?
Michael hat diesen wirklich eleganten, fast 90er-Jahre-Ton getroffen, der uns hilft, weil er für uns so nostalgisch und letztlich genau das ist, was uns an "Miami Vice" so gut gefällt. In vielerlei Hinsicht wirkt es so, als gäbe es nie endende Probleme für alle Charaktere. Es gibt immer etwas, das sie wieder aufgreifen. Wenn man diese Art von Drama inszeniert, also der Mix aus Journalisten, Yakuza, Mafia und Hostessen, dann muss sich die Handlung in einem bestimmten Tempo bewegen. Und dennoch muss sie charakterorientiert und elegant sein – und Michael ist wirklich der Meister darin.
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Hier in Deutschland wissen wir relativ wenig über die japanische Unterwelt. Wie brutal geht es dort zu?
Ich glaube, nicht nur der deutschen Bevölkerung geht es so. Es ist wie in jeder Unterwelt, sie bleibt geheim. Und zwar mit Absicht. Vielleicht fühlt es sich für die Menschen, die dort leben, nicht immer wie ein alltägliches, gegenwärtiges Problem an. Doch es ist da – aufgrund der gesellschaftlichen Strukturen. In Japan herrscht eine sehr intensive Arbeitskultur. Wenn sie also zu Hause keine Zeit für Intimitäten oder Gespräche haben, dann gehen sie in einen Hostessenclub [eine Art Nachtclub in Japan; Anm. d. Red.]. Für Geschäftsleute ist es ganz natürlich, in einen solchen Club zu gehen, weil ihnen dort Intimität versprochen wird. Das finde ich wirklich interessant. Denn wenn man sich die Unterwelt irgendeiner Kultur ansieht, dann ist sie immer aufgrund von etwas entstanden, das an der Oberfläche der Kultur liegt.
Von der Unterwelt einmal ganz abgesehen: Wie gefällt Ihnen die Metropole Tokio? Und mögen Sie japanisches Essen?
Ich liebe japanisches Essen. Und ja, ich liebe Tokio. Ich liebe meine Freunde dort. Bei meinen Besuchen vor Ort habe ich die Stadt als sehr friedlich, erdend, respektvoll und ruhig empfunden. Als wir dort arbeiteten, hatten wir einfach die schönste Zeit. Wir wurden von den Japanern so herzlich und großzügig aufgenommen. Das war etwas völlig Unglaubliches. Als Schauspielerin an einen so exquisiten Ort reisen zu dürfen, dort zu arbeiten, zu leben, durch Japan zu reisen: Es war einfach unglaublich!
Deutschland-Besuch, Knöchel-Tattoo, Tom Hanks: US-Schauspielerin gewährt Einblicke in ihr Leben
Waren Sie auch schon mal in Deutschland?
Nein, leider noch nicht. Ich würde aber sehr gerne mal nach Deutschland reisen, meine Familie ehren und mir zum Beispiel das Theater in Berlin ansehen. Ich habe auch Freunde dort, die ich besuchen möchte.
Natürlich sind in der Serie auch viele Gangster zu sehen – ausgestattet mit diversen Tattoos. Haben Sie selbst Tattoos?
Ja, ich habe tatsächlich ein Tattoo, das ich mir mit 18 habe stechen lassen. Es befindet sich auf meinem Knöchel. Okay, das ist immer ein bisschen lästig, weil man es mit vielen Schichten Make-up abdecken muss. Insofern glaube ich nicht, dass noch weitere Tattoos hinzukommen werden.
Sie haben bereits mit vielen Superstars zusammengearbeitet, einer davon ist Ihr "Tokyo Vice"-Kollege Ken Watanabe (spielt den Detective Hiroto Katagiri). Er hat einmal gesagt: "Ich bin kein großer Star in Japan. Ich bin ein Schauspieler. Ich habe ein sehr normales Leben. Vier Tage in der Woche koche ich daheim. Ein Star tut so etwas nicht." Hat er recht?
(lacht) Zunächst einmal lebe ich nicht mit Ken Watanabe zusammen. Für mich ist er ein großer Star, aber ich verstehe, was er meint. Er ist ziemlich süß. Er kann aber auch ziemlich ernst sein, weil er seine Arbeit ernst nimmt. Wenn man ein Schauspieler ist, der einfach nur seine Arbeit machen will, dann hat man eine gewisse Verantwortung. Außerdem liebt Japan ihn. Für die Menschen in dem Land ist er so etwas wie ein nationaler Schatz. Am Ende ist er aber einfach ein menschliches Wesen, wie wir alle. Und ich glaube, dass er darauf hinauswollte.
Der größte Star, mit dem Sie bis dato gedreht haben, ist sicherlich Tom Hanks. Sie standen gemeinsam für den Film "Ein Mann namens Otto" vor der Kamera. Wie haben Sie die Hollywood-Legende erlebt?
Tom Hanks ist ohne Zweifel ein sehr großer Star. Er würde nie für sich selbst kochen (lacht). Ich mache nur Spaß. Nein, er ist wirklich einer der freundlichsten Menschen, die ich kenne. Ich betrat den Raum, um ihn und Regisseur Marc Forster kennenzulernen. Marc ist ein in Deutschland geborener Schweizer und inzwischen ein sehr guter Freund von mir. Er wollte damals sofort mit der Arbeit beginnen, was ich liebe. Ich wollte mich gerade hinsetzen und mich direkt an die Arbeit machen. Aber Tom unterbrach ihn und fragte mich: "Woher kommst du, Rachel?". Er wollte alles über mich wissen. Später wurde ich eine sehr gute Freundin von Truman, seinem Sohn, der in "Ein Mann namens Otto" die jüngere Version von seinem Vater spielte. Als ich dann gemeinsam mit Tom, seiner Frau Rita und Truman zu Abend aß, fühlte es sich für mich so an, als sei ich ein Mitglied der Familie Hanks. Ich weiß nicht, wie viel Glück ich hatte, diese Rolle zu bekommen, aber es war so eine große Ehre.
Liv Ullmann, Kate Blanchett und Barry Keoghan: Rachel Kellers Hollywood-Vorbilder
Anfang März finden in Los Angeles wieder die Oscars statt. Werden Sie sich die Verleihung anschauen? Und wer sind Ihre Favoriten?
Ich muss gerade überlegen, ob ich mir die Verleihung im vergangenen Jahr überhaupt angesehen habe. Manchmal vergesse ich, dass die Oscars stattfinden. Ich bin ein riesiger Ralph-Fiennes-Fan. Kürzlich habe ich "Konklave" gesehen und fand es wundervoll.
Mit wem würden Sie gerne eines Tages vor der Kamera stehen – außer mit Ralph Fiennes?
Natürlich habe auch ich große Träume. Ich würde gerne mit Liv Ullmann arbeiten, sie ist einfach eines meiner Idole. Das Gleiche gilt für Kate Blanchett. Einen, den ich wirklich liebe, ist Barry Keoghan. Ich finde ihn wirklich aufregend. Ich wollte irgendwann mal einen Film mit ihm machen, aber daraus wurde nichts. Daher hoffe ich, dass wir in Zukunft zusammenarbeiten werden.
Über die Gesprächspartnerin
- Rachel Keller ist eine US-amerikanische Schauspielerin. Sie ist in Saint Paul im Bundesstaat Minnesota geboren. Nach ihrem Studium an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh hatte sie erste Gastauftritte in den Serien "The Mentalist" und "Supernatural", ehe sie in "Fargo" und "Legion" mit Hauptrollen besetzt wurde. Später spielte sie an der Seite von Tom Hanks in der Tragikomödie "Ein Mann namens Otto". Seit 2022 gehört Rachel Keller zum Cast des Gangster-Crime-Epos "Tokyo Vice".
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