Erst mal machen lassen: Florian Silbereisens Ernennung zum "Traumschiff"-Kapitän erfolgte alles andere als kritiklos. Am zweiten Weihnachtsfeiertag nun konnte Silbereisen bei seinem Einstand beweisen, dass seine "Traumschiff"-Besetzung mehr ist, als nur ein PR-Gag.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Seine erste Szene hätte nicht lässiger sein können. In Jeans und T-Shirt kommt Florian Silbereisen alias Kapitän Max Parger zum Traumschiff geschlendert, die dunkle Pilotensonnenbrille verdeckt seine Augen.

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Es hätte genauso gut Tom Cruise sein können, der da "Top Gun"-like zu seinem Kampfjet geht, doch die Schutzhülle mit der Uniform, die Silbereisen über die Schulter geworfen hat, verrät, dass es sich hier um einen deutschen Tom Cruise handeln muss. Der echte Tom Cruise hätte keine Schutzhülle benutzt.

Doch bevor die kritisch prüfende Hoteldirektorin Liebhold (Barbara Wussow) den mysteriösen Gast ansprechen kann, ist der mitsamt Pilotenbrille und Schutzhülle grußlos im Schiffsinneren verschwunden. Seine ersten Worte wird Silbereisen später noch sprechen dürfen, es scheint, als wolle man zumindest Kapitän Parger erst einmal möglichst unauffällig an Bord des "Traumschiffs" bringen.

Bei Silbereisen selbst ist das nämlich nicht der Fall gewesen. Als bekannt wurde, dass er der neue "Traumschiff"-Kapitän wird, gab es einige Reaktionen und beileibe nicht nur positive. Die langjährige Chef-Stewardess, Heide Keller, sah beispielsweise eine "totale Fehlbesetzung" beim "Traumschiff", auch wenn sie Silbereisen selbst Erfolg wünschte.

Man mag es also für einen kleinen Kniff im Drehbuch halten, dass in Silbereisens Auftaktfolge auch an Bord nicht alle begeistert vom neuen Kapitän sind. Mit einem halbherzig beherzten "Jetzt geht’s los!" fallen Max Pargers erste Worte der Situation angemessen aus und zeigen, wo es hingeht – für Silbereisen in die Beweisführung, doch keine "totale Fehlbesetzung" zu sein und für Parger zu seiner neuen Crew, die nicht gerade auf ihn gewartet hat.

"Er ist zu jung, zu unerfahren, er geht ein sehr hohes Risiko ein"

Eigentlich gingen nämlich alle davon aus, dass Staff-Kapitän Martin Grimm (Daniel Morgenroth) der neue Chef an Bord wird, doch mit einem schneidigen "Hallo zusammen, mein Name ist Maximilian Parger", macht der Neue dem vermeintlich Neuen einen Strich durch die Rechnung – und nicht nur da: Als es um den richtigen Kurs geht, sind sich Parger und Grimm uneins, mit einem "Wir nehmen die alte Fahrrinne!", lässt Parger keinen Zweifel, wer nun die Hosen anhat.

"Er ist zu jung, zu unerfahren, er geht ein sehr hohes Risiko ein", macht der unterlegene Staff-Kapitän Grimm im Anschluss seinem Ärger bei Hoteldirektorin Liebhold Luft, und man ist für einen kurzen Augenblick unsicher, wen er jetzt meint – Parger oder Silbereisen.

Etwas später keimt der Zwist erneut auf und auch hier behält Parger den Hut auf: "Ich weiß zu jeder Zeit ganz genau, was ich tue." Botschaft erhalten, der Neue ist gekommen, um zu bleiben.

Auch ein Kreuzfahrt-Kritiker ist an Bord

"Was hat dich da bloß wieder geritten?", "Ich dachte, ich kann das", "Es hat niemand geklatscht", "Der Mensch wächst an seinen Herausforderungen", "Ich hatte die ganze Zeit alles unter Kontrolle", "Manche Träume lebt man besser nur einmal", "Herrschaften, ganz ruhig!": Wenn man möchte, kann man noch in viele weitere Sätze dieser Folge etwas hineindeuten. Dass auch noch ein Kreuzfahrt-Kritiker an Bord ist, kommt als weitere Doppeldeutigkeit obendrauf.

Wenig hineinzudeuten gibt es dagegen in die restliche Handlung, die bewegt sich auf "Traumschiff" üblichem Terrain: Es geht um die Liebe mit all ihren Varianten und Nebenwirkungen: eine komplizierte, eine alte und eine altgewordene.

Doch all das ist zumindest in dieser Folge nur Nebensache, denn natürlich richten sich alle Augen auf Silbereisen und seine Rolle als "Traumschiff"-Kapitän Max Parger. Der meistert alle Hürden, versöhnt sich selbstredend mit Staff-Kapitän Grimm, überzeugt auch den Rest der Crew und rettet nebenbei einen Großvater und seinen Enkel in Seenot – ein Teufelskerl.

Silbereisen ist das geringste Problem

Und Silbereisen? Es dürfte auch ihm klar gewesen sein, dass ihn das ZDF nicht wegen seines schauspielerischen Ausnahmetalents geholt hat. Silbereisen macht das, was im Drehbuch steht. Das ist nicht viel, aber er macht es ein bisschen zu monoton, ein wenig zu bemüht, etwas zu staatstragend. Das Gute ist: Bei den völlig hanebüchenen Geschichtchen der Folge ist Silbereisen das geringste Problem.

Trotzdem ist man froh, dass mit Katharina Heyer, Michael Gwisdek oder Barbara Wussow auch gelerntes Schauspielpersonal an Bord ist, auch, weil das ZDF bei anderen Rollen ebenfalls auf Quereinsteiger setzt: Pro7-Moderator Joko Winterscheidt darf – Achtung – einen Alleinunterhalter spielen und Sängerin Sarah Lombardi hat man – erneut Achtung – als singende Stewardess an Bord geholt.

Das Kalkül dahinter mag wohl gewesen sein, dass man das altbackene "Traumschiff" durch Silbereisen, Lombardi und Winterscheidt jünger machen will, herausgekommen ist aber, dass Silbereisen, Lombardi und Winterscheidt durchs "Traumschiff" ein bisschen altbackener geworden sind.

Doch während Lombardi und Winterscheidt das Ganze unter "Haben wir also jetzt auch mal gemacht" verbuchen können, muss Silbereisen Fans und Kritikern beweisen, dass alles mehr als nur eine PR-Nummer war, dass er wirklich gekommen ist, um zu bleiben. Oder wie es Max Parger in der Schlussszene mal wieder vieldeutig sagt: "Für einige von uns ist dieses Ende erst der Anfang."

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