Es hatte etwas von einem Abschiedsgespräch: Wolfgang Bosbach äußert sich im bewegenden ZDF-Interview mit Michael Kessler über seine Krankheit. Er rechne nicht in Jahren, sondern in Wochen. Er tue sich schwer, jetzt noch Dinge zu verschieben, so der CDU-Politiker, der nicht weiß, wie lange er noch zu leben hat.

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CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist für so manchen in seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach nur der WoBo. Viele, die ihn so nennen, fühlen sich ihm nah. Bundesweit bekannt ist er als Klartexter, das ist gewissermaßen sein Markenzeichen.

Nun verabschiedet sich der 65-Jährige nach 23 Jahren im Bundestag aus der Politik - und hat sich vorher zum ZDF-Interview mit dem Schauspieler Michael Kessler getroffen. Das Gespräch wurde am Freitagabend ausgestrahlt und kann in der ZDF-Mediathek nachgesehen werden.

Das Konzept von Kesslers Sendung "Kessler ist..." beruht auf vertauschten Rollen: Jede Folge endet damit, dass der Gesprächspartner die Fragen gewissermaßen an sich selbst stellt, beziehungsweise an Kessler, der so aussieht wie sein Gesprächspartner.

Doch dem gehen viele Gespräche voraus. Man sieht die beiden, wie sie sich zusammen Fotos aus Bosbachs Leben angucken und wie Kessler ihn befragt über seine Karriere auf Kosten des Privatlebens, über seine Medienpräsenz, über seine Krebserkrankung. "Politik war sein Leben", sagt Kessler über ihn. "Was wird er ohne sie jetzt tun?"

Weggefährte über Bosbach: "Ich könnte das nicht"

Der langjährige Bundestagsabgeordnete und CDU-Politiker ist jedes Jahr 90.000 Kilometer auf der Autobahn unterwegs gewesen und hat 200 von 365 Nächten im Hotel verbracht.

"Das Reisen ist viel belastender als vor fünf oder zehn Jahren", räumt er ein und sagt über sich selbst, er sei "ein Mensch, der heute viel öfter müde ist als in der Vergangenheit und der sich zu oft fragt, kannst du das alles schaffen, was du dir vorgenommen hast?"

Kessler bereitet sich auf seine Interviews mit vertauschten Rollen ausgiebig vor. Diesmal fährt er nach Bergisch Gladbach. "Es nagt an ihm, dass er nicht Minister wurde", erzählt sein alter Freund Wolfgang Unrau über den CDU-Politiker. Und dass er viel ernster geworden sei, seit er von seiner Krebserkrankung erfahren hat. "Wie er damit umgeht, ich könnte das nicht."

Mutter bewundert seine Stärke

Kessler trifft auch Bosbachs Mutter Else. Sie zeigt ihm die Ordner mit Zeitungsartikeln - alle über ihren Sohn, 30 sind es insgesamt. Jeden Sonntag schneidet sie die aktuellen Berichte aus und klebt sie ein. Und sie erinnert sich an ihn als Kind: "Sehr unruhig", sei er gewesen. "Er brauchte Action."

Tränen in den Augen hat sie, als sie über seine Krankheit spricht. Sie bewundere ihn für seine Stärke - er trage den Kampf gegen den Krebs ganz alleine mit sich aus.

Wolfgang Bosbach fragt "Warum?" - und spricht dennoch von Glück

Bosbach sagt, ihm fehle ein Teil seiner Lunge. Er rechne wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr in Jahren, sondern in Wochen. Er tue sich schwer, Dinge zu verschieben: "Das Wort ,carpe diem‘ hat mehr Bedeutung bekommen", sagt Bosbach.

Und er frage sich schon "Womit hast du das verdient, warum lässt der liebe Gott das zu?" Beantworten könne er das nicht. Und dennoch: "Das Allermeiste in meinem Leben würde ich unter Glück subsumieren - zum Beispiel die Kinder."

Kessler in der Bosbach-Rolle

Als die beiden sich dann gegenübersitzen, Kessler als Wolfgang Bosbach, haben die Zuschauer schon viel über den Politiker erfahren. So klingt es authentisch, wenn Kessler in der Bosbach-Rolle sagt: "Ich habe keine Angst vor dem Tod, weil ich weiß, dass ich weiterlebe – nicht in der Politik, aber in meinen Kindern."

"Warum willst du nicht noch einmal kandidieren?", fragt Bosbach auch sein Gegenüber, das zumindest einigermaßen aussieht, wie er selbst.

"Ich fahre seit 30 Jahren auf der Überholspur, ich hätte längst loslassen müssen", sagt Kessler in der Bosbach-Rolle. Und was wird er nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag vermissen? "Nicht vermissen werde ich die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Partei", sagt Kessler. Da muss der echte Bosbach lachen - das hätte er sicher selbst genauso gesagt. (dpa/af)  © dpa

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