Hat das ZDF seine Zuschauer beschummelt? Der Sender ließ das Publikum für die Sendung "Deutschlands Beste!" die beliebtesten Deutschen wählen. Gezählt wurden die Stimmen nicht. Im Nachhinein will sich der Sender herausreden.

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Das Versprechen von Moderator Johannes B. Kerner war eindeutig. "Sie sollen entscheiden! Stimmen Sie ab!", forderte er das Publikum in einem Trailer-Film im Mai auf. "Wer ist Deutschlands bester Mann, und wer ist Deutschlands beste Frau?"

Für das ZDF-Format "Deutschlands Beste!" sollte das Publikum die beliebtesten Deutschen wählen. Online oder per Post. Zur Auswahl standen jeweils 100 Frauen und Männer. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte diese zuvor in einer repräsentativen Umfrage ermittelt.

Die Zuschauer-Stimmen waren dem ZDF egal

Noch während der Sendung erweckten sowohl Kerner als auch die Kommunikation über den Twitter-Kanal vom ZDF den Eindruck, dass die Abstimmung des Publikums das Ergebnis beeinflusst hätte.

Doch die Stimmen der Zuschauer waren dem ZDF offenbar egal. Sie wurden nicht gezählt und hatten keinen Einfluss auf das Ergebnis. Die entscheidende Auswahl zu den jeweils 50 Gewinnern basierte offenbar auf einer weiteren Forsa-Umfrage. Das berichten das Medienmagazin "Zapp" und der Blogger Stefan Niggemeier.

Von dem Bluff ist auch die Fernsehzeitschrift "Hörzu" betroffen. Sie rief ihre Leser ebenfalls zur Abstimmung per Postkarte auf. Zu diesem Zeitpunkt aber stand das Ergebnis aufgrund der zweiten Forsa-Umfrage offenbar bereits fest. Die Stimmen der "Hörzu"-Leser flossen damit ebenso wenig in das Endergebnis ein wie die der ZDF-Zuschauer.

ZDF verdreht Aussagen im Nachhinein

Im Nachhinein behauptete der Sender, dass die Online-Abstimmung lediglich ein "sendungsbegleitendes Angebot mit Gewinnspiel, in das auch die Stimmen der Hörzu-Leser Eingang fanden" gewesen sei. Die Forsa-Umfrage habe man ja nicht mit den Stimmen aus Online- und Postkarten-Voting verrechnen können, da dies nicht mehr repräsentativ gewesen wäre. Deshalb "wurde es nicht für das Ranking verwendet".

Bei "Hörzu" ist man verwundert. "Wenn das so wäre, dass die Stimmen nicht einberechnet wurden, dann hätten wir das nicht gemacht", zitiert "Zapp" einen Mitarbeiter.

Umfrage-Bluff: Vergleiche mit dem ADAC

Die Internet-Nutzer sind verärgert über den Umfrage-Bluff. Auf Twitter vergleichen sie das ZDF mit dem ADAC. Der Automobilclub hatte jahrelang die Umfragen zum Lieblingsauto der Deutschen manipuliert. Nach dem Skandal musste der verantwortliche ADAC-Kommunikationschef gehen. Das ZDF hat sich bisher nicht zu dem Thema geäußert. Eine entsprechende Anfrage der Redaktion blieb unbeantwortet.  © Glutamat

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