Eigentlich gehört es zum Konzept von "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!", dass die Promis eben nicht lange nachdenken, bevor sie etwas sagen. An Tag neun hätte Jörg Dahlmann das aber wohl besser mal gemacht. Oder wie er es formulieren würde: "Think, think, think!"

Christian Vock
Eine Kritik
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Bereits Tag neun im Dschungel, doch bisher hielten sich die Streitereien unter den Promis im Rahmen. Einmal beschwerte sich Jörg Dahlmann zart, er lasse sich von Lilly Becker nicht den Mund verbieten, ein anderes Mal protestierte Sam Dylan, Lilly Becker möge doch bitte nicht "Shut up!" zu ihm sagen. Einmal ist Pech, zweimal ist Zufall – warten wir also auf ein drittes Mal, um zu beurteilen, ob hinter Beckers Schweigebefehlen System steckt.

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Trotz dieser Reibereien um Beckers Erlaubnis für Wortbeiträge agierten die Dschungelcamper was Streitereien anbelangt insgesamt auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau. Ausgerechnet in der Paradedisziplin von "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" ist also Luft noch nach oben und vielleicht scheint Edith Stehfest dieses Eskalationsdefizit am neunten Tag aufgefallen zu sein. Jedenfalls geht die 29-Jährige das Problem nun mit Entschlossenheit an.

"Du bist so 'ne dämliche Kuh"

Die Promis wollen sich zur Ruhe begeben und da ein Bett fehlt, sollen sich zwei Camper eines teilen. Edith Stehfest geht die Streit- und Bettlücke nun mit einem Vorschlag an: "Zum Beispiel Pierre und Sam." "Du bist so 'ne dämliche Kuh. Entschuldige bitte, das müssen wir diskutieren sowas", antwortet Sanoussi-Bliss. Im Spaß, wie er sagt, weshalb Stehfest mit einem "Glück gehabt" abwiegelt. Im Interview-Kämmerlein ärgert sie sich dann aber doch: "Warum nimmt der Pierre sich das Recht raus? Das ist nicht respektvoll."

Auch Pierre sieht die Situation kritisch, nur eben anders kritisch: "Ich bin einfach angepisst, wenn solche alten Klischees plötzlich in so einem Moment hochkommen, weißte", erklärt Sanoussi-Bliss Sam Dylan und fährt fort. "Wenn dann so was kommt 'Na du kannst dich ja dann an Sam kuscheln', find’ ich das doof." Sam wiederum weiß, wie man aus einem Glimmen ein Lauffeuer macht und fragt sogleich bei Stehfest nach: "Edith, warum sagst du denn, er soll sich an mich kuscheln?"

Stehfest will es sarkastisch gemeint haben und von da an wird es kleinteilig. Stehfest kommt noch einmal auf das "dumme Kuh" zurück, was Pierre nicht gesagt haben will und ja auch nicht hat. "Wenn du dich beleidigt fühlst, merk dir wenigstens die Beleidigung! Die war nicht so gemeint, das hätte jeden getroffen, der so einen doofen, dummen Vorschlag macht", geht Sanoussi-Bliss in die Offensive. "Ist ja super, wie das alle anderen so tolerieren, wenn Pierre so etwas zu einer Frau sagt. Klasse, danke schön!", kritisiert Stehfest nun die mangelnde Unterstützung der Kollegen.

Was Jörg Dahlmann so motiviert

"Das hat doch mit einer Frau nichts zu tun", rechtfertigt sich wiederum Pierre und fragt nach Stehfests Wünschen: "Sollen sie mich jetzt zusammenschlagen oder was?" Und nachdem Sanoussi-Bliss an der Angemessenheit seiner Reaktion festhält, stellt Stehfest die Vertrauensfrage: "Dann bitte ich alle Zuschauer, dass wir genau wissen, wer ab morgen nicht mehr hier sein wird. Sonst kommt von mir eine Antwort auf diese Sache und das ist nicht in Ordnung. Das kann ich nicht tolerieren, dann würde ich aus dem Dschungelcamp gehen", droht Stehfest mit der Maximalkonsequenz.

Am Ende können sich beide Seiten zu einer Entschuldigung durchringen und Sanoussi-Bliss löst sogar noch das Rätsel auf: "Es war die dämliche Kuh." Fernsehunterhaltung ist das nur bedingt, aber wenn man etwas Gutes aus dieser Szene ziehen kann, dann dass sie offen zeigt, dass es all die Homosexuellen-Klischees offenbar auch 2025 immer noch und auch im Camp gibt – und diese Klischees immer noch verletzen. Den ersten intellektuellen Schlag ins Wasser dieses Tages landete also Edith Stehfest, der zweite kommt wieder einmal vom rhetorischen Sorgenkind Jörg Dahlmann.

Der fiel bisher bereits durch ähnliche Schwulen-Klischees auf, diesmal kommen seine Gedanken aus einer anderen Richtung. "Kämpfen, kämpfen! Fight, fight, fight!", zitiert Dahlmann bereits beim Abschied von Jürgen Hingsen Donald Trump und erklärt danach im Interview: "Trump ist wirklich nicht mein Fall. Aber als der da am Ohr angeschossen wurde und dann wieder in die Kameras reingerufen hat 'fight, fight, fight!' - das war für mich so ein Sinnbild, dass man weiterkämpfen muss. Und er hat’s ja geschafft zum Präsidenten."

Jörg Dahlmann: "Brauchst du Sendezeit?"

Ein denkbar schlichter Gedankengang, den RTL zum Glück nicht so stehen lässt, auch weil Dahlmann ihn später ein zweites Mal geht. Als sich Dahlmann und Ülker zur Dschungelprüfung verabschieden, versucht Dahlmann seinen Tatendrang erneut mit dem Trump-Attentat und dem "fight, fight, fight!"-Zitat zu veranschaulichen. "Das fand ich sensationell. Das geht aus meinem Kopf nicht raus!", erzählt Dahlmann begeistert und fragt seine Kollegen Ülker, Stehfest und Dziwak: "Das war sensationell, oder?"

Als die Reaktion nicht ausfällt wie erhofft, betont Dahlmann noch einmal, er fände Trump nicht gut, "aber es geht doch um Motivation". Da macht Dziwak ihm den Vorschlag, Trump doch durch ein angeschossenes Reh, das weiterläuft, einen Boxer oder auch Jesus zu nehmen, der sei sogar auferstanden. Will Dahlmann aber nicht. "Ist ja auch kein Aussätziger oder Schwerverbrecher, Und er ist Präsident der Vereinigten Staaten", fügt Dahlmann noch über den rassistischen, sexistischen und verurteilten Straftäter Trump hinzu.

In der Folge machen Stehfest und Dziwak Dahlmann auf die Problematik solcher Aussagen aufmerksam, doch der möchte, "dass es meine Sache ist." Später sucht auch noch Nina Bott das Gespräch mit Dahlmann, doch der fragt sie nur knapp "Brauchst du Sendezeit?" und will dann nicht weiter darüber reden.

Überraschung: Yeliz Koç muss gehen

Nun darf man nie vergessen, dass der Schnitt zu einem nicht unerheblichen Teil das Bild von den Kandidaten zeichnet, aber sieht man sich die Sprüche Dahlmanns an, die zu seiner Entlassung bei Sky führten, die Schwulen-Klischees, die er im Camp darlegte und nun die Glorifizierung Trumps, entsteht doch der Eindruck, dass der Sportkommentator nicht immer mitbekommt, was er da so sagt, sondern nur ab und zu mal hineinhört.

"Er muss auf jeden Fall damit aufhören und einfach mal überlegen, was er genau sagt", formuliert Yeliz Koç Grenzen für Dahlmanns Herangehensweise an Fernsehunterhaltung. Gleichzeitig ist ausgerechnet Yeliz diejenige, die sich erst einmal nicht mehr mit Dahlmanns Gedankenwelt auseinandersetzen muss. Denn die Zuschauer wählen zur Überraschung aller Koç an Tag neun aus der Show.

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