Die ARD-Dokumentation "Prinz Hollywood - Frédéric von Anhalt" versucht hinter die Fassade des berüchtigten Krawall-C-Promis und Ehemanns von Zsa Zsa Gabor zu blicken. Doch das gelingt nur bedingt. Wahrscheinlich, weil von Anhalt mittlerweile selbst nicht mehr weiß, wo seine Kunstfigur anfängt und aufhört.

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"Alles habe ich mir hart erarbeitet", sagt Frédéric Prinz von Anhalt als erstes in der Dokumentation, die ihm die ARD gewidmet hat. Er sitzt in seinem Mercedes-Geländewagen, schwarzer Jogging-Anzug mit roten Streifen, Goldkettchen am Arm und fährt durch Beverly Hills. "Hier wohnt Madonna", raunt er und deutet aus dem Fenster. Die sei genauso verrückt wie er.

Ein Satz, der nicht nur Angeberei ist, sondern vielmehr das eigene Selbstverständnis spiegelt: Der Prinz und Madonna, einen großen Unterschied gibt es da nicht, hier in Hollywood. Zumindest in der Welt des Deutschen, der einst in die USA auswanderte, um einen Star zu heiraten.

Schon in seiner rheinland-pfälzischen Heimat fühlt sich von Anhalt zu Höherem berufen. An seinem 21. Geburtstag fährt der als Hans-Robert Lichtenberg geborene Prinz im gemieteten Cabrio durch Wallhausen, einem kleinen Ort im Hunsrück mit 1.500 Einwohnern. Begleitet von einem Fanfarenchor.

Später eröffnet er eine Saunakette, kommt zu Geld und zieht nach München. Dort trifft er auf Konsul Weyer und erschleicht sich seinen Adelstitel. Der sagt im ARD-Film im Rückblick: "Das war das Schrecklichste, was ich je gemacht habe."

Frédéric amüsiert sich noch heute köstlich darüber, den "schönen Konsul" um 300.000 Mark geprellt zu haben. Für ihn ist es der Beginn seiner Karriere in den USA.

Den Deutschen mal zeigen, was möglich ist

1986 heiratet er, der Deutsche aus einem kleinen Dorf im Hunsrück, eine der letzten großen Hollywood-Diven: Zsa Zsa Gabor. Sie ist 69, er 43. Vier Jahre leben sie zu diesem Zeitpunkt schon zusammen, "jeden Tag im Luxus". Danach kann er nicht anders als Ehemann Nummer acht zu werden, sagt er.

Arbeiten muss er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Mit ihrer "Schauspielkunst" verdient Zsa Zsa Gabor zwar kaum etwas, doch unter den illustren Ex-Ehemänner der Diva befinden sich fast ausschließlich schwerreiche Unternehmer wie der Gründer der Hilton-Dynastie, ein texanischer Ölmagnat oder der Erfinder der Barbie-Puppe.

Von Anhalt verbringt die nächsten Jahre in der Hollywood-Glitzerwelt. Auf Fotos sieht man ihn zusammen mit Kirk Douglas, Jane Fonda, Mike Tyson, aber auch Ronald Reagan und George Bush. Ein Traum, der wahr geworden ist. Und doch fehlt ihm etwas Entscheidendes: die Anerkennung aus seiner Heimat.

In Deutschland habe man ihn nie ernst genommen, geschweige denn Respekt entgegen gebracht, ist immer wieder in "Prinz Hollywood - Frédéric von Anhalt" zu hören. Das ärgert ihn noch heute. Er, der es mit einem Hauptschulabschluss zum Millionär gebracht hat.

Selbst seine Eskapade nach Arnold Schwarzenegger Gouverneur von Kalifornien zu werden, nur ein Versuch, "den Deutschen mal zu zeigen, was hier möglich ist".

Er erfand den Krawall-C-Promi

Dass die das nicht anerkennen, hat natürlich viele Gründe. Von Anhalt war schon immer einer, der mit seinem Reichtum angab, der sich großkotzig in Talkshows setzte und jedem ab der ersten Minute zu verstehen gab, dass er etwas Besseres sei. Es war klar, dass ihn früher oder später das Trash-Fernsehen für sich entdecken musste.

In seiner zweifelhaften TV-Karriere liefert er den Produzenten Skandale auf Bestellung. In der Trash-TV-Show "Die Burg" pinkelt er in das Badewasser von Kader Loth, die ihn danach verklagt. Bei "Zimmer frei" lässt er die Hosen runter. "Ihr wollt 'ne Quote haben, ich liefer' euch 'ne Quote. Ihr müsst mir nur freien Lauf lassen", sagt er freimütig in der ARD-Doku.

Von Anhalt erfindet den Krawall-C-Promi, bevor das "Stars" wie Walter Freiwald oder Thorsten Legat zu ihrem Hauptberuf machten.

Was würde er ohne Kamera tun?

Dass ihm das nicht reicht, ist im Film der ARD nicht zu übersehen. Er will weg von diesem Krawallimage. Die Dokumentation zeigt ihn im Unterhemd, wie er den Garten umgräbt, wie er Essen an Bedürftige verteilt, und natürlich immer wieder, wie er seine schwer kranke Frau, die seit mittlerweile 14 Jahren bettlägerig ist, umsorgt.

Zu sehen ist die mittlerweile 99-Jährige dabei nie. Dafür sind immer Kamerateams auf ihn gerichtet. Wie er ihr den Kuchen zum Geburtstag ins Zimmer bringt und die Mikrofone ihr Stöhnen aufzeichnen. Wie er in den letzten Minuten des Filmes an ihr Bett tritt, die Kamera bedächtig folgend, bis zu ihrem Krankenbett.

Es sind überraschende Szenen, die von Anhalt von einer anderen Seite zeigen. In denen aber auch klar wird, dass dies alles nur ein Teil der großen Prinzenshow ist, in der er es sogar geschafft hat, das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu instrumentalisieren und man sich unweigerlich fragt: Würde er dies alles auch tun, wenn die Kamera nicht laufen würde?

Eine Antwort gibt der Film nicht darauf. Wo die Kunstfigur Frédéric von Anhalt endet und wo Hans-Robert Lichtenberg beginnt, vermag die Dokumentation nicht zu entschlüsseln.

Selbst als er ganz am Schluss im ehrlichsten Moment der Dokumentation in die Kamera blickt und sagt, dass er Angst hat, dass seine Frau Zsa Zsa Gabor sterben könnte, weil er sonst niemanden hat, weiß man nicht, ob dies nun echte Zuneigung ist oder nur die Befürchtung danach nicht mehr im Rampenlicht zu stehen.

Denn wie sagt es ein Paparazzo im Film so treffend: "Zsa Zsa Gabor ist eine Hollywood-Ikone und er ist so etwas wie eine Erweiterung." Und die Erweiterung von jemandem, der nicht mehr da ist, ist eben auch ganz schnell wieder ein Niemand.

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