Als Stefan Raab seinerzeit "Schlag den Raab" aus der Taufe hob, war das eine Wettkampf-Show mit Überlänge und Spannung. Geblieben ist inzwischen nur noch die Überlänge. Denn auch die jüngste Ausgabe mit Viviane Geppert und Valentina Pahde war eine zähe Veranstaltung – und das hat seine Gründe.
"Ich mach kurzen Prozess", verkündet Valentina Pahde in ihrem Einspielfilmchen zu Beginn der jüngsten Folge von "Schlag den Star". Das ist so weit nicht ungewöhnlich, schließlich soll jeder Kandidat vor einer Show mit ein paar markigen Sprüchen ein bisschen Lärm machen. Das soll wahrscheinlich die Ernsthaftigkeit zeigen, mit der man gewinnen will, und den Zuschauer auf einen spannenden Wettkampf vorbereiten.
Es ist also vollkommen normal, dass GZSZ-Darstellerin Pahde ein bisschen die verbalen Muskeln spielen lässt. Dass sie sich aber ausgerechnet den Kurzen-Prozess-Spruch dafür ausgesucht hat, ist ein wenig fahrlässig. Schließlich müsste auch Pahde bekannt sein, dass man bei der XXL-Show "Schlag den Star" jemandem zwar den Prozess machen kann, allerdings keinen kurzen. Denn unter vier Stunden Sendezeit passiert hier in der Regel gar nichts.
Trotzdem geht es für TV-Darstellerin ganz gut los. Gleich das erste Spiel gewinnt Pahde und bis auf eine kleine Delle bei Spiel 2, dem "Fragen-Duell, läuft es auch erstmal so weiter. Nach sechs Spielen führt Pahde bereits mit 19:2, ihre Gegnerin, ProSieben-Moderatorin
Valentina Pahde: "Blutet meine Lippe?"
Vor allem die Sache mit dem Keine-Ahnung-haben funktioniert prächtig, denn wenn eine Antwort doch mal richtig ist, dann eher durch Rate-Glück, als durch Wissen. Für den humoristischen Höhepunkt sorgt dabei Viviane Geppert.
Trotzdem holt Geppert bei diesem Spiel ihre ersten beiden Punkte und irgendwann scheint sie in der Show angekommen zu sein. Wendepunkt ist hier Spiel Nummer sieben, "Laufrad". Dabei müssen die Kandidatinnen ein Laufrad aus seinem Inneren heraus antreiben. Wer die meisten Umdrehungen schafft, gewinnt. Bei ihrem ersten Versuch lässt sich Valentina Pahde vom Begriff "Laufrad" jedoch nicht irritieren und treibt das Rad vor allem durch Purzelbäume an – oder umgekehrt. "Blutet meine Lippe?", erkundigt sich Pahde nach den Purzelbäumen nach einer etwaigen Gesichtsverletzung mit möglichem Blutverlust.
Doch obwohl Elton die Frage verneinen muss, zeigt Pahdes Frage doch, dass sie – ob gewollt oder nicht – mit vollem Körpereinsatz dabei ist. Genützt hat ihr das wenig, denn erstens hängt sich auch Geppert sichtlich rein und zweitens erkennt Pahde die richtige Technik erst, als es bereits zu spät ist. Und so gewinnt Geppert am Ende das Spiel Laufrad und startet so ihre Auf- und dann sogar Überholjagd.
"Schlag den Star": keine Stars, keine Spannung
Klingt alles nach reichlich Action, Spannung und guter Unterhaltung, doch leider entspricht nur eines davon der Realität und das ist die Action: Handstand-Wettbewerb, Hochseil-Garten, Völkerball, Minigolf-Billard, Inliner-Fahren, Hürdenlauf, Sitzfußball, Drift-Roller-Fahren, Aus-dem-Stand-Hüpfen – ProSieben lässt die beiden jungen Frauen an diesem Abend mächtig schwitzen. Doch trotz dieser vielen Sportspiele gerät die jüngste Ausgabe von "Schlag den Star" zu einer reichlich lahmen Veranstaltung – zumindest für den Zuschauer. Und das hat seine Gründe.
Nun hat es sich bei TV-Sendern eingeschlichen, nicht nur bei ProSieben, dass offenbar jeder, der seinen Job vor einer TV-Kamera ausübt, gleich ein "Star" ist. Das wollen wir erst einmal nicht überbewerten, schließlich klingt "Schlag die Person, die man vielleicht irgendwann mal beim Durchzappen gesehen hat, auf deren Namen man aber nicht sofort kommt" nicht so griffig wie "Schlag den Star" und sicher sind Menschen wie Viviane Geppert und Valentina Pahde in der werberelevanten Zielgruppe bekannter als andere. Aber unter "Star" stellt man sich doch jemand anderen vor.
Doch auch das ist erst einmal nicht schlimm, würden diese "Stars" denn ihren Job machen. Und der ist nicht, die 100.000 Euro Preisgeld zu gewinnen, sondern den Fernsehzuschauer zu unterhalten. Auch wenn es manchmal so wirkt: "Schlag den Star" ist keine Weltmeisterschaft, bei der Topsportler gegeneinander antreten und alleine schon deren Leistungen Unterhaltung genug sind. Nein, hier geht es ums Absolvieren von Kinderspielchen und kuriosen Sportarten für "Normalos", bei denen sich die Kandidaten bestenfalls nicht ganz so dusselig anstellen, wie man das selbst machen würde.
Elton versucht es mit einem Stefan-Raab-Gag
"Schlag den Star"-Kandidatinnen und Kandidaten haben also von Haus aus eine ganz andere Aufgabe, als verbissen um 100.000 Euro zu spielen. Von dem Geld hat der Zuschauer nichts, von guter Fernsehunterhaltung aber schon. Und die ließ am Samstagabend eben mehr als zu wünschen übrig. Denn was man da sah, waren zwei Kandidatinnen, die zwar durchaus Sympathie-Punkte sammeln konnten, aber gleichzeitig nichts dafür taten, um aus dem Ganzen eine Unterhaltungsshow zu machen: keine lustigen Sprüche, keine Showeinlagen, keine Sticheleien. Stattdessen endlose Regelerklärungen und Gequassel, wo was warum wehtut oder was warum gerade beim Spiel nicht funktioniert hat. Da treibt man selbst den härtesten Zuschauer ins Bett.
Das Ganze erinnerte eher an die Bundesjugendspiele von früher, wenn man nur ein Trinkpäckchen eingepackt hatte. Dann zog sich so eine Veranstaltung ewig. Menschen, die man vielleicht mal irgendwo gesehen hat, dabei zuzusehen, wie sie spaßbefreit und leidlich gut über einen Stock springen, ist jedenfalls kein wirkliches Unterhaltungskonzept.
Da hilft es auch nichts, wenn Kommentator Ron Ringguth nach bestem Wissen und Gewissen jedes Spiel zu einem Mega-Event hochquatscht. Wenn man niemanden hat, mit dem man mitfiebert, wird es einfach irgendwann zäh. Bei "Schlag den Raab" konnte man sich als Zuschauer wenigstens auf die Seite des Schwächeren schlagen und das war in der Regel der Normalo-Kandidat.
Und auch als Moderator Elton mal den Versuch einer humoristischen Einlage unternimmt, ist es eben nur das: ein Versuch. Während eines Spiels klingelt sein Studiotelefon und als sich beim ersten Mal niemand meldet, hebt Elton beim zweiten Mal mit Anspielung auf
Nein, lustig ist dieser Abend nicht und spannend auch nur ein einziges Mal, als sich Geppert und Pahde beim allerletzten Spiel ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen um die 100.000 Euro liefern. Geppert gewinnt denkbar knapp und so bleibt nach über viereinhalb Stunden nur die Erkenntnis: Pahde hat weder den Prozess gemacht, noch war er kurz.
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