Australien – was für ein faszinierendes und vielfältiges Land. Was könnte man da nur alles anstellen, würde man beim "Fernsehgarten" "Down Under" als Motto wählen. Das ZDF hat am Sonntagmittag aber leider nur eines von beidem gemacht. Denn die jüngste Ausgabe des "Fernsehgarten" war im Grunde eine wie jeder andere, nur eben mit einem lieblos zusammengeschusterten Australien-Motto.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Sommerparty". So lautete das Motto des vergangenen "ZDF-Fernsehgarten". Das ist im Sommer natürlich naheliegend, man könnte es auch wenig originell nennen. Außerdem erklärt der "ZDF-Fernsehgarten" ja ohnehin jede Ausgabe zu einer Party. Daraus ein Sommerparty-Motto zu machen, dafür braucht man nun wirklich nicht viel Fantasie und so war die Show in der vergangenen Woche eine unter vielen.

Mehr News über TV-Shows

Bei seinem eigenen Motto ist sich der "Fernsehgarten" vor einer Woche selbst entgegen gekommen. An diesem Sonntag haben sich Andrea Kiewel und ihr Team vor eine etwas größere Herausforderung gestellt: "Eine Reise Down Under" ist diesmal das Motto und nur so erklärt sich dann auch die Begrüßung Kiewels aus dem Off: "Die Frau, die hüpfen kann wie ein Känguru und lieb gucken wie ein Koala."

Australien? Tischfußball!

Nach Australien will man die Zuschauer also an diesem Sonntagmittag entführen und das kann natürlich die Fantasie beflügeln, schließlich kann man selbst in einer Leichtunterhaltungsshow wie dem "Fernsehgarten" doch einiges aus diesem Motto herausholen, atmosphärisch, musikalisch, kulinarisch und nebenbei auch noch ein bisschen Wissen über den Kontinent vermitteln.

Beziehungsweise könnte man all das machen, doch an diesem Sonntag hat man sich entschieden, der Kreativität eine Pause zu gönnen. Dabei geht es erst einmal gar nicht so schlecht los: "Heute unternehmen wir eine Fernreise. Richtig fern, fern, fern", leitet Kiewel ein und zählt dann ein paar Daten auf, wie fern denn Australien so ist, wie die Hauptstadt heißt oder wie viele Schafe es dort pro Einwohner gibt.

So weit, so Australien, doch im Anschluss scheint die Motivation, sich mit dem Kontinent auseinanderzusetzen und sich mehr oder weniger schlüssige Bezüge zu Australien auszudenken, dahin. Los geht es mit einer Gruppe, bei der man an vieles denken kann – Australien steht allerdings nicht auf der Liste: die deutsche Frauen-Nationalmannschaft im Tischfußball. Warum die Damen trotzdem da sind, erklärt der Umstand, dass deren Feld-Fußball-Pendants derzeit bei der WM in Australien weilen.

Wo bitte geht's nach Australien?

Da muss man auch erst einmal drauf kommen, was aber nicht heißt, dass die Damen vergebens angereist sind. Denn neben einem Informationshappenwillen hat der "Fernsehgarten" ja vor allem einen Unterhaltungsauftrag und den erfüllen die Tischfußballerinnen mit einem Wettbewerb gegen 100 "Fernsehgarten"-Zuschauer. Das Ziel: Kein Zuschauer darf in einer Kurzpartie gegen eine der Damen gewinnen. Eine nette Idee – mit Australien hat es nur leider nichts zu tun.

Dann aber doch wohl bei Armin Roßmeier, dem "Fernsehgarten"-Koch! Der wird doch wohl ein paar australische Spezialitäten mitgebracht haben, oder? Leider nein. Stattdessen erzählt der TV-Koch eine Menge übers Grillen und der einzige Australien-Bezug, der Andrea Kiewel einfällt, ist, dass man ja überall auf der Welt grillt, also auch in Australien. Genauso gut hätte sich Roßmeier ein Glas Wasser einschenken können, das macht man auch auf der ganzen Welt.

Aber es bleibt ja noch die Musik! Doch auch hier steht das Australien-Motto weitgehend nur auf dem Papier. Einmal lässt die Regie einen kurzen Ausschnitt der Australierin Kylie Minogue einblenden, als die 1991 im "Fernsehgarten" auftrat, ein anderes Mal singt Ray Scott Pardue eine Elektro-Version des 1982er-Hits "Down Under" von Men at Work. Immerhin kann man so an diesen Pflicht-Klischee-Song einen Haken machen.

"Die kann im Prinzip nichts außer krabbeln."

Zugegeben, australische Künstler, die auch noch den Geschmack des ZDF-Publikums treffen, extra für den "Fernsehgarten" auf den Mainzer Lerchenberg einfliegen zu lassen, wäre doch etwas übertrieben gewesen. Und so kann man verzeihen, dass auch an diesem Sonntagmittag die Künstler auftreten, die man eben so beim "Fernsehgarten" kennt und erwartet: Ella Endlich, Alle Achtung, Timo, Dark Tenor oder Christin Stark.

Am australischsten wird es daher nur noch bei zwei Programmpunkten – und das auch nur mit viel Wille zum Schönreden. Einmal schaltet Andrea Kiewel zur ZDF-Reporterin Lena Kesting, die von der Fußball-WM aus Australien berichtet. Doch auch wenn Kiewel sich nochmal müht und die Schalte mit "Jetzt schalten wir wirklich nach Australien" einleitet, geht es dann eben nur um die deutsche Nationalmannschaft und nicht um Land und Leute.

Ein anderes Mal ist "Spinnfluencer" Deniz Soruklu zu Gast, was Kiewel bereits eingangs mit einem "Der Fernsehgarten spinnt" kalauerisch ankündigt hatte. Soruklu weiß dann auch viel und Interessantes über Spinnen zu erzählen und streift sogar mal das Thema Australien, als das Publikum über den Namen einer mitgebrachten australischen Jagdspinne abstimmen darf. Doch Soruklu macht eben auch den von Kiewel erhofften Nervenkitzel beim Thema Spinnen zunichte, als er über die Jagdspinne berichtet: "Die ist nicht giftig. Die kann im Prinzip nichts außer krabbeln."

Andrea Kiewel: hilflose Motto-Zurechtbiegerei

Viel "Fernsehgarten", wenig Australien, lautet also das Fazit des Australien-"Fernsehgarten" und damit könnte jeder "Fernsehgarten"-Freund auch gut leben – hätte man das Motto diesmal nur nicht so derart lieblos zusammengeschustert, etwa, als ein Gartenexperte mit ein paar Pflanzen-Tipps wartet.

Da biegt sich Andrea Kiewel das Thema Australien fast schon hilflos zurecht: "Es geht in Anlehnung an Australien, wo ja sehr viel wächst und gedeiht und blüht und opulent daherkommt, um die Frage: Kann man eigentlich Obstpflanzen, Obstbäume, Obststräucher auf Balkonen und Terrassen anpflanzen? Das ist heute das große Thema."

Ja, wer kennt sie nicht, die vielen Obstbäume auf deutschen Balkonen in Australien. Ehrlicher wäre es gewesen, hätte Kiewel gesagt: "Liebe Zuschauer, es tut mir leid, aber uns ist einfach nichts Besseres zum Thema Australien eingefallen. Also Schwamm drüber, lasst uns einfach einen ganz normalen 'Fernsehgarten' machen." Denn das war die Show am Sonntag nämlich und das hätte jedem gereicht.

Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.