Jesus und Satan in einer Person: So beschrieb sich Charles Manson einmal. Er gilt als Inbegriff des Bösen, als einer der berüchtigsten Verbrecher des 20. Jahrhunderts – und das, obwohl er selbst nie jemanden getötet hat. Der Anführer der Manson Family befahl seinen Jüngern aber mehrere äußerst grausame Morde.

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Zu Beginn scharte Charles Manson eine Gruppe junger Hippies in Kalifornien um sich. Er war manipulativ, gewalttätig und autoritär – aber offenbar sehr charismatisch. Denn seine Kommune zog vor allem weibliche Mitglieder an, die ihm blind ergeben waren.

Manson suchte gezielt Mädchen aus schwierigen Verhältnissen. Mithilfe von Drogen und sexueller Gewalt machte er sie gefügig. Frauen besaßen für ihn keine Seele und besaßen keinen Wert, außer den Männern zu dienen

Rassistisches und wahnhaftes Weltbild

Manson selbst war bei Verwandten und auf der Straße aufgewachsen: Seine Mutter, eine Prostituierte, hatte ihn 1934 im Alter von 16 Jahren unehelich zur Welt gebracht, saß danach aber mehrfach im Gefängnis. Auch ihr Sohn geriet oft mit dem Gesetz in Konflikt und landete erstmals mit 16 Jahren im Knast.

1967 ging er nach San Francisco, damals eine Hippie-Hochburg. Eigentlich wollte er Musiker werden und bemühte sich mehrmals um einen Plattenvertrag. Der Erfolg blieb aber aus.

Zur gleichen Zeit gründete er seine Kommune, in der er sein rassistisches und wahnhaftes Weltbild ausleben konnte. Um die 100 Mitglieder hatte die Manson Family, der harte Kern bestand aus 20 Anhängern, vor allem junge Frauen. Auch Kinder waren dabei, darunter Mansons eigener Sohn, den er mit Family-Mitglied Mary Brunner hatte. Erwünscht waren ausschließlich Weiße.

Manson und seine Anhänger lebten auf einer Farm bei Los Angeles, der Spahn Movie Ranch. Dort herrschten strenge Regeln: Die Mitglieder durften keine Musik von schwarzen Musikern hören, keine Brillen oder Uhren tragen und keine Bücher besitzen.

Manson trat als Prophet auf: Er war davon überzeugt, dass es 1969 zur Apokalypse kommen würde, zu einem Krieg zwischen Schwarzen und Weißen. Alle Weißen würden dabei sterben, nur die Manson-Family-Mitglieder nicht.

Am Ende würden sich aber die Schwarzen Manson unterwerfen, weil sie nicht fähig seien, sich selbst zu organisieren. Diese krude Vision war von einem Song der Beatles inspiriert: Manson interpretierte "Helter Skelter" auf seine Weise. Im Text geht es eigentlich um das Fahrerlebnis auf einer großen Achterbahn.

Morde sollten zum Krieg führen

Doch der vorhergesagte Krieg brach bekanntlich nicht aus. Manson entwarf einen Plan: Er wollte die Gefechte selbst auslösen und beauftragte seine Jünger, Menschen zu ermorden. Die Opfer sollten aus der reichen weißen Oberschicht stammen, die Morde sollten dann Schwarzen in die Schuhe geschoben werden.

Zunächst schickte Manson Ende Juli 1969 Bobby Beausoleil, Mary Brunner, Susan Atkins und Bruce Davis zu Gary Hinman, einem Lehrer. Sie sollten Schulden von einem Drogendeal eintreiben.

Die Family-Mitglieder hielten Hinman zwei Tage gefangen und folterten ihn, Manson schnitt ihm mit einem Schwert das Ohr ab. Am Ende wurde Hinman von Beausoleil erstochen. Die Polizei fasste ihn am nächsten Tag, er schlief im Auto des Opfers.

Das Sharon-Tate-Massaker

In der Nacht des 8. August 1969 brachen die vier Manson-Family-Mitglieder Charles "Tex" Watson, Susan Atkins, Linda Kasabian und Patricia Krenwinkel im Drogenrausch in das Haus von Regisseur Roman Polanski in Los Angeles ein. Eigentlich hatte es Manson auf den Musikproduzenten Terry Melcher abgesehen, Sohn der Schauspielerin Doris Day.

Doch der war inzwischen ausgezogen, stattdessen wohnten dort Polanski und seine hochschwangere Frau Sharon Tate. Die beiden waren kurz vorher als Regisseur und Hauptdarstellerin von "Tanz der Vampire" berühmt geworden.

Polanski war zum Zeitpunkt der Tat in England zu Dreharbeiten, er wollte vier Tage später zum errechneten Geburtstermin zurückkehren. Die Killer schlachteten die 26-jährige Tate sowie vier Gäste regelrecht ab.

Die Morde dauerten nur wenige Minuten, es konnte aber nie aufgeklärt werden, was genau geschah.

Sicher ist nur: Die Leichen waren im ganzen Haus verteilt und mit insgesamt über 100 Messerstichen furchtbar zugerichtet. An die weiße Haustür hatten die Mörder mit Sharon Tates Blut das Wort "Pig" (Schwein) geschmiert.

Am nächsten Tag zogen die vier erneut los, begleitet von den Family-Mitgliedern Leslie Van Houten und Steve "Clem" Grogan. Sie massakrierten den Inhaber einer Supermarktkette, Leno LaBianca,und dessen Ehefrau Rosemary.

Manson war mit zu dem Haus in Los Angeles gefahren und hatte es auch betreten. Vor den Morden ging er aber wieder.

In die Bauchdecke des Mannes ritzten die Killer das Wort "War" (Krieg). An die Wände schmierten sie mit Blut "Death to pigs" (Tod den Schweinen) und "Rise" (Erhebt euch), an den Kühlschrank kritzelten sie mit Blut "Helter Skelter".

Die Geldbörse von Rosemary LaBianca deponierten die Täter an einer Tankstelle in einer schwarzen Wohngegend.

Wenige Tage später töteten mehrere Family-Mitglieder auf ihrer Ranch zudem den Stuntman Donald Shea, seine Leiche wurde erst 1977 gefunden.

Die Polizei hatte in allen Fällen keine Spur, es gab keine Hinweise auf ein Motiv. Die Folge: Die reicheren Bewohner der Stadt fürchteten einen Angriff, lebten in Angst und Schrecken.

Erst drei Monate später wurden mehrere Mitglieder der Manson Family verhaftet - allerdings wegen Autodiebstahls. Doch Susan Atkins prahlte im Gefängnis mit den Morden, das brachte die Ermittler auf die richtige Spur.

Bizarrer Mordprozess

Später wurden die Manson-Anhänger im bis dahin längsten und teuersten Mordprozess der USA zum Tode verurteilt. Darunter war auch der Guru selbst, er sollte in der Gaskammer sterben.

Der Prozess geriet zum bizarren Spektakel: Die angeklagten Frauen reagierten auf jeden Augenaufschlag von Manson und begannen zu kreischen. Als er sich die Haare abrasierte, taten sie es ihm nach, ebenso, als er sich ein Kreuz in die Stirn ritzte. Er weitete dieses später zu einem Hakenkreuz aus.

Die Urteile wurden wegen der zwischenzeitlichen Abschaffung der Todesstrafe in Kalifornien in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Im Gefängnis sitzen noch heute die Family-Mitglieder Leslie Van Houten, Charles "Tex" Watson, Patricia Krenwinkel, Bobby Beausoleil und Bruce Davis. Susan Atkins starb 2009 im Gefängnis.

Family-Mitglied und Fahrerin Linda Kasabian sagte als Kronzeugin gegen die Gruppe aus. Sie wurde auf Bewährung freigelassen, änderte ihren Namen und tauchte unter. Steve Grogan wurde als einziger Ex-Jünger 1985 begnadigt.

Mary Brunner, Mutter von Mansons Sohn, verbüßte wegen eines späteren Raubüberfalls im Namen der Family eine sechsjährige Haftstrafe. Für den Mord an Gary Hinman wurde sie nicht verurteilt, weil sie offenbar nur zugesehen hatte – und als Kronzeugin gegen die anderen drei aussagte.

Die einstigen Jünger wandten sich in der Haft von Manson ab. Leslie van Houten und Patricia Krenwinkel machten im Gefängnis ihren Uniabschluss, Bobby Beausoleil wurde zum Maler und komponiert Soundtracks für Filme. Susan Atkins und Charles Watson wurden bekennende Christen.

Womöglich hat die Manson Family sogar noch mehr Menschen auf dem Gewissen, manche Schätzungen gehen von bis zu 35 Opfern aus. Vor ihrer Verhaftung plante die Gruppe angeblich bereits weitere Verbrechen, auf der Todesliste standen unter anderem Frank Sinatra, Tom Jones, Elizabeth Taylor und Steve McQueen.

Die Faszination von Charles Manson

Viele Musiker haben Manson und seine Taten in Songs verarbeitet, unter anderem Sonic Youth, die Ramones, Slipknot oder Ozzy Osbourne. Schock-Rocker Marilyn Manson setzte seinen Künstlernamen gar aus zwei Extremen der US-Popkultur zusammen: Neben Manson auch Marilyn Monroe.

Andere Bands verwendeten Samples seiner Lieder, Guns N' Roses nahmen das Lied "Look at your game girl" auf, das Manson geschrieben hatte.

Einer von Mansons Songs hatte es schon früher in abgewandelter Form auf die B-Seite einer Beach-Boys-Single geschafft: 1968 hatte Dennis Wilson Manson kennengelernt und mit seinen Brüdern Brian und Carl bekannt gemacht. Sie schrieben zusammen Songs, auch eine Demoaufnahme wurde produziert.

Die Manson-Family wohnte eine Weile sogar in Dennis Wilsons Villa, nutzte seine Kreditkarte und bestahl ihn. Manson bedrohte den Musiker mit einem Messer – so dass dieser sogar kurzzeitig untertauchen musste.

Wilson machte Manson auch mit Terry Melcher bekannt – der eigentlich das Opfer des Mordauftrags werden sollte, bei dem schließlich Sharon Tate starb.

Manson übt noch heute eine merkwürdige Faszination auf manche Menschen aus, es gibt einen regelrechten Kult um ihn. Er gilt als der Gefangene in den USA, der die meisten Briefe und E-Mails erhalten hat.

Die 28-jährige Afton Burton verehrt Manson gar so sehr, dass sie als Teenager Kontakt zu ihm aufnahm und ihn seit 2007 regelmäßig besucht. Die beiden hatten schließlich sogar Hochzeitspläne, ließen die erteilte Erlaubnis aber Anfang 2015 ungenutzt verstreichen.

Mittlerweile ist Manson 83 Jahre alt, sein Gesundheitszustand hat sich stark verschlechtert. Auf freien Fuß wird er nie mehr kommen: Seit 1972 sitzt er in kalifornischen Gefängnissen, zwölf Gnadengesuche wurden abgelehnt. Das nächste könnte er erst wieder 2027 stellen.

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