• Katzen jagen neben Reptilien und Kleinnagern vor allem Vögel, weshalb nun in Teilen der Stadt Walldorf zur Brutzeit ein Ausgehverbot für Katzen gilt.
  • Alleine in Deutschland töten Katzen in jedem Jahr mindestens 130 Millionen Vögel, wie Schätzungen ergaben.
  • Aber auch in anderen Teilen der Welt sind Katzen die größte Gefahr für viele vom Aussterben bedrohte Arten.
  • Ein Überblick - auch auf die umstrittenen Methoden im Kampf gegen das Artensterben.

Mehr Natur-Themen finden Sie hier

Geliebt von den einen, gehasst von den anderen. Wenige andere Tierarten lösen im Positiven wie im Negativen ähnlich viele Emotionen aus wie Katzen. Katzenbesitzer lieben ihre "Stubentiger" für ihre Mischung aus Charakterstärke, Unabhängigkeit und Anhänglichkeit.

Dagegen stehen die Probleme, die die massenhafte Anwesenheit eines gewandten und trotz aller Domestizierung ambitionierten Jägers sowohl in einer noch natürlichen wie auch in einer urbanen Umwelt verursacht. Nach Schätzungen auf Basis von Studien töten Katzen hierzulande in jedem Jahr mindestens 130 Millionen Vögel. Auch Kleinnager und Reptilien fallen ihnen massenhaft zum Opfer.

Auf Inseln sind verwilderte Katzen neben Ratten sogar die Hauptverursacher für das Aussterben von Vogel- und anderen Tierarten. Die Verwaltung des Rhein-Neckar-Kreises hat das Thema nun mit einer mutigen Entscheidung in die Schlagzeilen katapultiert: Sie hat für Teile der Stadt Walldorf im Norden Baden-Württembergs per Allgemeinverfügung ein Katzen-Ausgehverbot erlassen, um Brutvorkommen der vom Aussterben bedrohten Haubenlerche zu schützen. Der drastische Schritt gibt Anlass, den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und politischen Initiativen zum Problem streunender Katzen international zu beleuchten.

Der Kampf um jeden einzelnen Vogel – und gegen jede einzelne Katze

Frühmorgens bei erstem Licht, der feuchte Nebel hat sich noch nicht vollständig aus dem dichten Regenwald zurückgezogen, macht sich die kleine Gruppe Wanderer auf den Weg. So flink, dass der europäische Besucher kaum mithält, eilt das Team trotz vollgepackter Rucksäcke die von undurchdringlichem Grün gesäumten steilen Pfade des Naturschutzgebietes La Roche Ecrite auf der Insel La Reunion im Indischen Ozean hinauf. Ihre Mission: Die Rettung eines der seltensten Vögel der Erde.

Nur noch hier, beschränkt auf ein wenige Quadratkilometer großes Gebiet, lebt der Newtonraupenfänger (Coracina newtoni), eine buchfinkgroße Singvogelart, die zu den Top 10 der seltensten Vogelarten der Erde zählt. Der meist bei seinem einprägsamen kreolischen Namen Tuit Tuit genannte Vogel kämpft gegen zwei Feinde ums Überleben: Ratten und Katzen, beides im Zuge der Besiedlung durch Europäer eingeschleppte Tierarten. Aber während die Wanderergruppe nach ihrem gut halbstündigen Marsch nun aus ihren Rucksäcken Giftköder gegen Ratten auspackt und sie sorgfältig unter der Vegetation platziert, gestaltet sich die Dezimierung des zweiten Feindes der letzten Tuit Tuits, der Katzen, sehr viel schwieriger.

Denn das Töten des beim Menschen so beliebten Haustiers ist auf der zu Frankreich gehörigen entlegenen Insel im Indischen Ozean ebenso umstritten wie im viele Tausende Kilometer entfernten Europa – selbst wenn das Überleben einer ganzen Art auf dem Spiel steht. "Stattdessen fangen wir sie mühsam ein und die Tiere fristen für den Rest ihres Lebens ein tristes Dasein in einem Tierheim", sagt einer der Vogelschützer. Auf La Reunion wurde nachgewiesen, dass Katzen vor allem brütende Weibchen des Newtonraupenfängers aus dem Nest erbeuten.

Die Artenschützer schlagen Alarm. "Bei drei von Katzen erbeuteten Weibchen bedeutet das eine Verringerung des weltweiten Brutbestands um zehn Prozent", sagt der Ornithologe Damien Fouillot, der den Schutz für die Art koordiniert. Gerade auf La Reunion soll nichts unversucht gelassen werden, damit der Tuit Tuit überlebt. Denn hier haben die Artenschützer das wohl berühmteste Beispiel einer durch menschlichen Einfluss und invasive Arten ausgerotteten Vogelart quasi vor Augen: Das des Dodos, der um 1680 auf der Nachbarinsel Mauritius ausstarb, nach neueren Forschungsergebnissen maßgeblich, weil seine Eier von von europäischen Neusiedlern eingeschleppten Katzen, Ratten und Schweinen gefressen wurden.

Katzen: Die größte Gefahr für viele vom Aussterben bedrohte Arten

Die Situation auf La Reunion und Mauritius ist kein Einzelfall. Gerade auf Inseln, die ein globaler Hotspot der Biodiversität sind, ist die Artenvielfalt durch von Menschen eingeschleppte invasive Arten, allen voran Katzen und Ratten, bereits stark reduziert und auch heute weiter anhaltend bedroht. Auf den ozeanischen Inseln mit ihrem evolutionsgeschichtlich bedingten hohen Anteil an endemischen, nur dort vorkommenden Arten ist dieses Problem besonders groß. Hier sind drei Viertel aller gefährdeten Vogelarten aufgrund von eingeschleppten Tierarten bedroht. Und die Hauskatze ist einer der Top-Prädatoren.

In einer Meta-Analyse von Forschungsergebnissen zu den Auswirkungen von Katzen auf die Wirbeltiere auf Inseln kommen spanische Wissenschaftler um Felix Medina zu dem Ergebnis, dass Katzen für mindestens 14 Prozent der 238 weltweit bekannten Ausrottungen von Reptilien, Säugetieren oder Vögeln verantwortlich sind. Aktuell stellen Katzen zudem die größte Gefahr für fast acht Prozent der von der Internationalen Naturschutzunion IUCN in der höchsten Bedrohungsstufe "Vom Aussterben bedroht" gelisteten Vogel-, Säugetier- und Reptilienarten dar. Auf mindestens 120 Inseln wurde ein gravierender Einfluss von Katzen auf die einheimische Flora und Fauna nachgewiesen. Trotz dieser dramatischen Zahlen halten die Autoren und Autorinnen ihre Ergebnisse noch für untertrieben – denn auf den meisten Inseln wird überhaupt nicht zu diesem Thema geforscht.

Hauskatze auf Top-100-Liste der gefährlichsten Arten

Die IUCN führt Hauskatzen in ihrer Top-100-Liste der gefährlichsten invasiven Arten. Die Haustiere stehen damit in einer Reihe mit einigen vom Klimawandel geförderten Algen, Vogelarten wie dem Hirtenmaina und dem Rotsteißbülbül – und der Hausratte als wohl weltweit gefährlichstem Säugetier. Doch während beispielsweise die Vergiftung der Ratten zur Bewahrung der biologischen Vielfalt auf breite Akzeptanz stößt, ist das Töten verwilderter Katzen hoch umstritten.

Dabei zeigen Untersuchungen, wie schnell und nachhaltig sich Populationen nach der Entfernung von Katzen erholen können, vorausgesetzt, sie sind noch nicht zu stark dezimiert worden. Zum Beispiel auf Little Barrier Island, das zu Neuseeland gehört. Dort erholte sich der Bestand des fast ausgerotteten Stichvogels (Notiomystis cincta) – eines kleinen Honigfressers – innerhalb weniger Jahre von unter 500 Individuen auf wieder mehr als 3.000 Vögel und gilt nun als stabil. Wie dort sind mittlerweile mit hohem finanziellen Aufwand weltweit bislang etwas mehr als 80 Inseln wieder von Katzen befreit worden. Die Tiere wurden geschossen, vergiftet oder mit Fallen gefangen, um die natürlichen Verhältnisse wiederherzustellen.

Wie entschlossen mittlerweile einige Regierungen mit einschneidenden Maßnahmen gegen die weitere Bedrohung der Artenvielfalt vorgehen, zeigt auch das Beispiel Australien. Dort hat die Regierung zum Schutz der endemischen Fauna und Flora vor einigen Jahren den verwilderten Katzen den Kampf angesagt. "Heute ziehen wir eine Linie in den Sand und sagen: In unserer Verantwortung, in unserer Zeit: keine weiteren Ausrottungen von Arten", verkündete Umweltminister Greg Hunt zum Start des Programms. Australien ist neben der Antarktis der einzige Kontinent, auf dem es natürlicherweise keine Katzen gibt. Entsprechend anfällig sind die einheimischen Arten gegenüber den gewandten Jägern, mehr als 20 Tierarten starben aus.

Nachdem der ursprüngliche Plan gescheitert war, bis zum Jahr 2020 alle streunenden Katzen zu töten, wurde im vergangenen Jahr vom Parlament eine neue "nationale Naturschutzmission zum Schutz der einheimischen australischen Tierwelt vor der Bedrohung durch Katzen" auf den Weg gebracht: Das "Projekt Noah".

"Schlimmer als die Buschbrandkatastrophe"

Bei der Vorstellung des Berichts bewertete der Ausschussvorsitzende Ted O'Brien das Problem streunender Katzen vor dem Hintergrund der verheerenden Buschbrände vor zwei Jahren. "Verwilderte Katzen töten über drei Milliarden einheimische Tiere pro Jahr, was einer Tötungsrate von mehr als 1.100 pro Katze entspricht", sagte O’Brien. "Eine der großen Tragödien der Black Summer Bushfires im letzten Jahr war der Verlust an Wildtieren, bei dem zwischen einer und drei Milliarden Tiere ums Leben kamen … Wenn man bedenkt, dass verwilderte Katzen jedes Jahr mehr Wildtiere töten, wird dieses Problem wirklich relativiert", sagte der Abgeordnete.

Zwar wird nun weiter auf die Tötung von Streuner-Katzen gesetzt. Weil dies aber länger dauert als ursprünglich geplant, setzt "Projekt Noah" nun auf die Ausweitung des Netzwerks raubtierfreier Gebiete auf dem Festland und Inseln. Ein Fünfjahresplan hatte ursprünglich vorgesehen, bis 2020 zwei Millionen streunende Katzen zu töten und zehn großräumige katzenfreie Zonen zu schaffen, um das Überleben von je 20 akut bedrohten Säugetier- und Vogelarten zu sichern. Das Vorhaben löste unter Tierschutzaktivisten vor allem in Europa heftige Proteste aus.

Ermutigt werden die Befürworter der Katzenverfolgung in Australien auch durch Erfolge im benachbarten Neuseeland. Neben der Rettung des Stichvogels laufen auch Schutzanstrengungen für eine weitere Vogelart, den Rußstelzenläufer – er ist mit rund 100 Individuen einer der seltenste Watvögel der Erde. In jedem Jahr werden im verbliebenen Hauptverbreitungsgebiet rund 300 Katzen eingefangen und getötet.

Lesen Sie auch: Studie: Chamäleons werden auffälliger, wenn sie weniger Feinde haben

Katzenproblem auch in Europa

In Europa ist die Gefahr, dass Katzen ganze Arten ausrotten, eher gering, weil Tierarten seit jeher mit der natürlichen Anwesenheit von Prädatoren wie Wildkatzen, Mardern und weiteren Säugern umzugehen gelernt haben. Gleichwohl ist das Problem immens. 17 Millionen Hauskatzen leben in deutschen Haushalten, die meisten haben Freigang. Hinzu kommen mindestens zwei Millionen verwilderte Streuner. Nach Schätzungen auf Basis von Studien töten Katzen hierzulande in jedem Jahr mindestens 130 Millionen Vögel.

Auch wenn hauptsächlich nicht bedrohte Arten Opfer von Katzen werden, kann das gravierende Folgen haben, wie Studien zeigen. "Durch einen zu starken Prädationsdruck von konzentriert auftretenden Hauskatzen in kleinen, fragmentierten Gebieten besteht die reelle Gefahr, dass die dort ansässigen Populationen zu sogenannten 'sink populations' werden, also Populationen, die nur erhalten bleiben, weil ein stetiger Zuzug von außen die Verluste kompensiert", argumentiert beispielsweise der Wiener Biologe Klaus Hackländer.

Damit kann etwa das scheinbare Naturparadies Park oder Garten zu einer regelrechten ökologischen Falle werden. Hackländer verweist auch auf Studien, nach denen für einige Arten die städtischen Vorkommen einen wichtigen Teil des Gesamtbestandes ausmachen – das gilt zum Beispiel für Arten wie den Haussperling oder den Star. Deren Populationen im Siedlungsraum haben in den vergangenen Jahrzehnten bei gleichzeitigem Ansteigen der Katzendichte an vielen Orten stark abgenommen.

Zwar ist unstrittig, dass heimatlose und verwilderte Katzen die größte Gefahr für Vögel darstellen. Doch auch wohlbehütete Hauskatzen mit Freigang verursachen massive Vogelverluste, wie beispielsweise eine Studie aus Großbritannien zeigt.

Forscher sehen Katzen als größten Faktor menschengemachter Todesfälle unter Vögeln

Michael Woods von der Mammal Society und ein Team rechneten auf Basis eigener Befragungen von Katzenhaltern hoch, dass die rund neun Millionen britischen Hauskatzen in einem fünfmonatigen Untersuchungszeitraum 27 Millionen Vögel als Beute mit nach Hause brachten – die Zahl der tatsächlich erbeuteten Vögel dürfte deutlich darüberliegen, denn Untersuchungen gehen davon aus, dass nur zwischen einem Drittel und der Hälfte der erbeuteten Tiere überhaupt angeschleppt werden.

Einen zu zaghaften Umgang mit dem Problem Katzen beklagen einige US-Wissenschaftler. Der Leiter der Zugvogelforschung am Smithsonian Conservation Biology Institute in Washington, Peter Marra, hat mit Kollegen zahlreiche Einzelstudien ausgewertet. In einer 2013 veröffentlichten Analyse schätzen sie, dass in den USA in jedem Jahr zwischen 6,3 und 22,3 Milliarden Säugetiere und 1,3 bis 4 Milliarden Vögel von Katzen getötet werden. Der Großteil davon gehe auf das Konto verwilderter und streunender Tiere.

Die Ornithologen beklagen, dass trotz des immensen Ausmaßes der Vogelverluste durch Katzen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung freilebender Katzen "eher von Tierschutzerwägungen denn von den ökologischen Erwägungen geprägt" seien. Auch herrsche wider besseren Wissens zu große Scheu, sich mit der Katzenlobby anzulegen. Dabei belege ihre Studie, dass die Prädation durch Katzen "mit großer Wahrscheinlichkeit der größte einzelne Faktor von menschlich verursachter Mortalität unter Vögeln und Säugetieren in den USA ist" – noch vor Kollisionen mit Fahrzeugen oder Gebäuden, Vergiftungen und Nachstellung durch Menschen.

Lesen Sie auch: Zum Schutz der Koalas: Australien weitet Nationalparks aus

Kanadische Wissenschaftler haben das Zusammenspiel der unterschiedlichen vom Menschen verursachten Mortalitätsursachen für Wildvögel untersucht. Ihr Ergebnis bestätigt die These Marras: Von allen Gefahren, die in einer modernen Industriegesellschaft auf Vögel einwirken, sei die durch Katzen am größten, schreiben die staatlichen Umweltschützer.

Ihre Rangliste der Todesursachen bei Vögeln in Kanada wird angeführt von streunenden verwilderten Katzen, gefolgt auf Rang zwei von Hauskatzen. Erst danach kommen Verluste an Stromleitungen, Kollisionen mit Gebäuden und an Straßen und Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. Von den geschätzt jährlichen 269 Millionen in Kanada durch anthropogenen Einfluss getöteten Vögeln gehen nach Untersuchung der staatlichen Behörde für Wildtiere 200 Millionen auf das Konto von Katzen. Zudem würden zwei Millionen Nester zerstört.

Auch Zugvögel sind in Gefahr

Nur wenig erforscht ist bislang, wie stark sich die Nachstellung durch Katzen auf die Bestände von Zugvögeln auswirkt. Ziehende Vögel vollbringen kaum vorstellbare physische Leistungen und erreichen ihre Zwischenstopps oder Zugziele in stark erschöpftem Zustand. In diesem werden sie zu einer leichten Beute sowohl für verwilderte wie für Hauskatzen.

Einige der wenigen Arbeiten, die sich mit der Bedrohung von Vögeln durch Hauskatzen in einer der wichtigen Zugvogel-Regionen auseinandersetzen, stammen aus Israel. Sie zeigen eine beunruhigend hohe Dichte streunender verwilderter Katzen, die für viele Länder rund um das Mittelmeer typisch sein dürfte. So wurde in Jerusalem eine Dichte von 2.300 streunenden Katzen pro Quadratkilometer ermittelt, die zehnfache Zahl einiger Studien beispielsweise aus England. Der Grund liegt darin, dass in weiten Teilen Israels – und viel mehr noch in den anderen Ländern ringsherum – organische Abfälle ungeschützt in offene Müllcontainer geworfen oder einfach irgendwo abgelegt werden. Zudem ist das Füttern streunender Katzen mit Küchenabfällen hier wie in vielen Ländern am Mittelmeer ein weit verbreitetes Phänomen.

Dritter Grund für die enorme Katzendichte in Israel wie in den anderen mediterranen und arabischen Ländern ist das milde Klima, in dem Katzen unbeschadet den Winter überstehen. Tel Aviver Zoologen analysierten die Nahrung von streunenden Katzen auf der Basis von nach Hause gebrachten Beutetieren sowie von Magenuntersuchungen an Katzen, die Verkehrsopfer oder im Zuge der Tollwutbekämpfung geschossen wurden. Vor allem Katzen in den dünn besiedelten Regionen ernährten sich demnach hauptsächlich von wilden Tieren. Rund ein Zehntel des Mageninhalts bestand aus erbeuteten Vögeln. Von den 26 Vogelarten, die als Beutetiere identifiziert wurden, waren 31 Prozent auf dem Durchzug, die übrigen entweder Jahresvögel oder ziehende Brutvögel Israels.

Eine große Gefahr sind hier auch echte Hauskatzen, die sich zwar meist nicht weit von ihrem Zuhause entfernten. In den Wüsten Israels wie vielerorts im Nahen Osten bilden aber gerade die kleinen landwirtschaftlichen Örtchen mit ihren grünen Feldern, Rasen- und Gartenflächen inmitten der Wüste attraktive Rastplätze für ziehende Singvögel, die hier nach der Überquerung der Sahara auf dem Frühjahrszug oft erschöpft und deshalb wenig scheu niedergehen und so leichte Beute der verwilderten wie der Hauskatzen werden.

Mit Blick auf den weltweit bedeutenden Zugtrichter des Arava-Tals im Süden Israels sagt der Studienleiter Yoram Yom-Tov im Gespräch mit RiffReporter: "Jeder Singvogel, der in einem der Kibbutze im Arava-Tal landet, ist in echter Gefahr, Opfer einer Katze zu werden." Das Spektrum der von Katzen erbeuteten Vogelarten beschränkt sich auf dem Zug nicht auf häufige Singvögel. Die Forscher um Yom-Tov fanden Merline, Zwergohreulen, Maskenwürger, Wachtelkönige, Wiedehopfe, Blaukehlchen und Waldschnepfen.

Lesen Sie auch: Höchster Stand in zehn Jahren: Indien zählte dieses Jahr 126 tote Tiger

Das Töten anderer Tiere ist zwar der am meisten diskutierte Aspekt des Einflusses von Katzen auf das Ökosystem, es ist bei Weitem aber nicht der einzige. Bereits die pure Anwesenheit eines Prädators kann weitreichende Auswirkungen auf die Beutetiere haben. Forschungen zu dieser sogenannten Ökologie der Angst zeigen dies.

So besuchten in einem Untersuchungsgebiet in Großbritannien bis zu 95 Prozent weniger Vögel Gärten mit Katzen. Das verringert auf der einen Seite ihr Risiko, beraubt die Tiere aber eines erheblichen Teils ihres Lebensraums. Auch wiesen die Forscher nach, dass die Vogeleltern aus Angst davor, Opfer von Katzen zu werden, ihren Nachwuchs seltener fütterten – was zu einer höheren Jungensterblichkeit führen kann.

Die Angst vor Feinden kann in natürlichen Ökosystemen aber durchaus Vorteile haben: Auf diese Weise sorgen beispielsweise Wölfe in ihren Revieren für geringere Verbissschäden durch Rehe und Hirsche, weil diese aus Furcht viel mehr umherziehen.

Verwendete Quellen:

  • lbv.de: Interview: "Katzen zur Brutzeit weniger aus dem Haus lassen"
  • Untere Naturschutzbehörde Rhein-Neckar-Kreis: Allgemeinverfügung zur Gewährleistung des besonderen Artenschutzes zugunsten der Vogelart Haubenlerche
  • Google Arts & Culture: Everything You Ever Wanted to Know About the Dodo
  • Wiley Online Library: A global review of the impacts of invasive cats on island endangered vertebrates (03.06.2011)
  • The IUCN Red List of threatened species
  • Global invasive species database: Cat
  • iucngisd.org: 100 of the World's Worst Invasive Alien Species
  • Tiritiri Matangi: A Wildlife Sanctuary on the Forefront of Conservation (30.01.2018)
  • Parliament of Australia: Cat’s out of the bag: Committee recommends a new national conservation mission (04.02.2021)
  • Department of Conservation - Te Papa Atawhai: Black stilt/kakī
  • Wiley Online Library: Predation of wildlife by domestic cats Felis catus in Great Britain (27.05.2003)
  • Peter P. Marra and Chris Santella: Cat Wars: The Devastating Consequences of a Cuddly Killer (Erstveröffentlichung 09/2016)
  • nature communications: The impact of free-ranging domestic cats on wildlife of the United States (29.01.2013)
  • Avian Conservation & Ecology: A Synthesis of Human-related Avian Mortality in Canada
  • Inbal Brickner: The impact of domestic cat (Felis catus) on wildlife welfare and conservation: a literature review. With a situation summary from Israel.
  • A. P. Beckerman, M. Boots, K. J. Gaston: Urban bird declines and the fear of cats (01.06.2007)
Dieser Beitrag stammt vom Journalismusportal RiffReporter. Auf riffreporter.de berichten rund 100 unabhängige JournalistInnen gemeinsam zu Aktuellem und Hintergründen. Die RiffReporter wurden für ihr Angebot mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

  © RiffReporter

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.