Der FC Schalke 04 hat Jens Keller entlassen. Ein Schritt, der sich gefühlt schon seit Kellers erstem Tag als Cheftrainer angedeutet hat. Kellers Scheitern - wenn man es denn überhaupt so nennen will - ist kein persönliches. Es ist vielmehr das Scheitern eines Vereins, der durch sein hektisches Umfeld und seine überzogenen Erwartungen ein ruhiges Arbeiten unmöglich macht.

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Eigentlich hat Jens Keller alles richtig gemacht. Er ist ruhig geblieben. Jeden einzelnen Tag hat er die Diskussionen um seine Person stoisch hingenommen. Er hat weitergearbeitet; hat mit dem FC Schalke 04 in der Saison 2012/13 die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte gespielt; hat das Team zweimal in das Achtelfinale der Champions League geführt. Keller war seit seinem ersten Tag als Cheftrainer am 16. Dezember 2012 angezählt. Er hatte eineinhalb Jahre keine Chance, doch die hat er genutzt.

Kellers Entlassung hat mit seiner Arbeit als Trainer relativ wenig zu tun. Letztendlich haben sich die Verantwortlichen des Vereins - Horst Heldt und Clemens Tönnies - dem stetig wachsenden Druck durch Medien und Fans gebeugt. Damit haben sie denen Macht eingeräumt, denen Keller zu ruhig war, zu wenig aufbrausend. Dabei hat Kellers stoische Art dem Verein und auch den Spielern sicher nicht schlecht getan. Er fungierte als Schutzschild zwischen seinem Team und dem Gelsenkirchener Umfeld, das nach Siegen gerne die deutsche Meisterschaft ausruft und nach Niederlagen den drohenden Abstieg. Klaas-Jan Huntelaar kritisiert diesen Zustand in der "Sport Bild": "Auf Schalke herrscht schnell Unruhe, wenn wir ein Spiel nicht gewinnen. Im Vergleich zu anderen Vereinen finde ich diese Ausschläge bei uns manchmal sehr extrem."

Nun darf sich Roberto di Matteo, der neue Trainer auf Schalke, diesem extremen Wechselbad der Gefühle stellen. Allein die bisherigen Erfolge des Schweizers zeigen, welche Ansprüche man in Schalke eigentlich stellt: Vor allem di Matteos Champions-League-Sieg mit dem FC Chelsea befriedigt - zumindest auf dem Papier - den Schalker Wunsch nach einem Trainer, der den S04 endlich dorthin führen kann, wo er nach eigenem Verständnis hingehört.

Diesen Vorteil eines großes Namens hatte Jens Keller nie. Der (fast) ewige Interimstrainer hat sich dafür aber ziemlich lange gehalten.

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