Die Ermittler der Bundeswehr kommen der Ursache des Zusammenstoßes von zwei Eurofightern über Mecklenburg-Vorpommern näher. Die beiden Flugdatenschreiber der abgestürzten Militärjets wurden gefunden.

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Beide Flugdatenschreiber der abgestürzten Eurofighter sind gefunden und geborgen worden. Das teilte die Luftwaffe am Dienstagnachmittag per Twitter mit.

Die Auswertung der Geräte wird mit Spannung erwartet, soll sie doch Auskunft über den Hergang des Unfalls liefern, der einen der beiden beteiligten Piloten das Leben gekostet und eine politische Debatte ausgelöst hat.

Politiker von Grünen und Linkspartei forderten eine Überprüfung oder gar Stopp der Tiefflüge in der Urlaubsregion.

Es müsse geprüft werden, in welchen Regionen und in welchem Ausmaß Eurofighter fliegen dürfen, und inwiefern man die Flüge über Urlaubsregionen einschränken könne, sagte die Landesvorsitzende der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, Claudia Schulz, am Dienstag. Dies sei nötig, weil "Emissionen, Lärm und auch die Gefahren für die Bevölkerung nicht unerheblich sind".

Der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag, Tobias Pflüger, forderte eine sofortige "Einstellung von allen Tiefstflügen von Bundeswehr-Kampffliegern". Der Unfall zeige, "wie leichtsinnig die Bundeswehrführung mit unser aller Leben umgeht".

"Bundeswehr muss dort üben, wo sie auch verteidigt"

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), lehnte ein Verbot von Übungsflügen dagegen ab: "Für die Besatzungen das Gefährlichste wäre es, nicht zu üben", sagte Bartels dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe). Das Problem seien "viel zu wenig Flugstunden - über alle Flugzeuggattungen hinweg".

Auch der CDU-Politiker Henning Otte hat die Luftkampfübungen verteidigt. "Die Bundeswehr muss dort üben, wo sie im Bedarfsfall auch verteidigt", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion am Dienstag im Deutschlandfunk.

Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm, forderte eine Überprüfung der Ausbildungsbedingungen bei der Luftwaffe in Rostock-Laage. Dort könnten die Piloten nicht die vorgeschriebenen 140 Flugstunden pro Jahr absolvieren, weil viele Eurofighter wegen fehlender Ersatzteile nicht einsatzbereit seien.

Eurofighter-Pilot: Verletzungen nicht lebensgefährlich

Bei dem Absturz beider Eurofighter-Maschinen über der Mecklenburgischen Seenplatte war am Montagnachmittag ein Pilot ums Leben gekommen. Der zweite wurde verletzt geborgen.

Der ums Leben gekommene Pilot war nach Angaben der Luftwaffe 27 Jahre alt und hatte etwa 400 Stunden Flugerfahrung. Er sei ein ausgebildeter Kampfpilot gewesen und habe gerade eine Weiterbildung absolviert, teilte die Luftwaffe via Twitter mit.

Der überlebende zweite Pilot sei Fluglehrer und habe mehr als 3.700 Flugstunden absolviert.

Die Verletzungen des Überlebenden wurden am Dienstag als nicht lebensgefährlich beschrieben: Er befindet sich in gesundheitlich stabiler Lage in einem Rostocker Krankenhaus. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagte ein Presseoffizier des Geschwaders 73 "Steinhoff".

Er war von Rettungsmannschaften lebend aus einem Baum geborgen worden. Beide Piloten hatten sich per Schleudersitz aus ihren Maschinen katapultieren können.

Beide Maschinen gehörten zum Luftwaffengeschwader 73 "Steinhoff", das in Laage bei Rostock stationiert ist. Seine Hauptaufgabe ist die Ausbildung der deutschen Eurofighter-Piloten.

Eurofighter-Flugbetrieb ruht vorerst

Laut dem Presseoffizier des Geschwaders würden in dieser Woche von dort voraussichtlich keine Jets mehr starten. Da die Unglücksursache noch unklar sei, werde der Flugbetrieb ausgesetzt. Auch die Crews müssten den Vorfall erst verarbeiten.

Normalerweise starten die Eurofighter aus Laage etwa 20 Mal pro Tag, hieß es. Das Gebiet, in dem sie fliegen, könne dabei jeden Tag wechseln, da es von der Deutschen Flugsicherung zugewiesen werde. Manchmal werde wie am Montag über der Seenplatte geflogen, manchmal auch über Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Brandenburg, sagte der Sprecher.

Der Geschwader-Kommodore Oberst Gero von Fritschen will den Angaben zufolge einen Auslandseinsatz vorzeitig beenden und auf den Stützpunkt zurückkehren. Die Flagge weht dort auf Halbmast.

"Touristen haben kein Verständnis"

Der Bürgermeister von Waren an der Müritz, Norbert Möller (SPD), hat sich prinzipiell für einen Verzicht auf militärische Übungstiefflüge in Urlauberregionen ausgesprochen. "Viele Touristen haben kein Verständnis dafür, dass ausgerechnet rings um die Müritz solche Tiefflüge geübt werden", sagte Möller der Deutschen Presse-Agentur.

Die Region um das Heilbad, zu der auch die vom Absturz betroffenen Dörfer gehören, gilt mit Hunderttausenden Gästen als touristisches Schwergewicht im Nordosten. Sein Mitgefühl gelte den Familien der betroffenen Piloten, sagte der Bürgermeister.

Man solle aber prüfen, ob gerade Tiefflüge über dem größten deutschen Binnensee und den umliegenden Gewässern abgehalten werden müssten. Auch die Bürgermeisterin von Silz und Nossentin, Almuth Köhler (CDU), wo eines der verunglückten Flugzeuge abstürzte, stellte ähnliche Forderungen.

Wrackteil verfehlt Kindergarten nur knapp

Am Morgen war ein Wrackteil in unmittelbarer Nähe eines Kindergartens gefunden worden. Ein Mitarbeiter der Gemeinde Nossentiner Hütte entdeckte das etwa einen halben Meter lange Bauteil auf einem benachbarten Sportplatz, nach Angaben der Kindergartenleiterin etwa 40 Meter entfernt von den Spielgeräten.

"Wir können von Glück reden, dass wir so davon gekommen sind", sagte sie. Einige der Kinder hätten den Absturz eines der beiden Kampfjets am Montag vom Fenster aus beobachtet. Bundeswehrangehörige bargen das zerbeulte Wrackteil, äußerten sich aber nicht zu dessen Funktion. (dpa/hub/hau)

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