Es ist das mit Abstand umstrittenste Ereignis der Wiener Ballsaison und wird von zahlreichen Protesten begleitet: Am Freitag wird der alljährliche Akademikerball gefeiert. Der rechte Ball findet in der traditionsreichen Hofburg statt – bis heute. Eine Chronologie.

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Wie schon in den Jahren zuvor wird der von der FPÖ ausgerichtete Akademikerball am 29. Jänner von Gegendemonstrationen begleitet: Mehrere Demonstrationszüge und Kundgebungen sind angemeldet. Die Veranstalter rechnen mit 5.000 bis 9.000 Demonstranten.

Die Sozialistische Linkspartei hat für 15:30 Uhr zu einer Demo aufgerufen, ab 16:30 Uhr startet die "Offensive gegen Rechts" einen Protestzug durch die Wiener Innenstadt. Das Bündnis "Jetzt Zeichen setzen" startet seine Kundgebung um 19:00 Uhr am Heldenplatz.

Rund um die Wiener Hofburg wird es wie schon im vergangenen Jahr eine weiträumige Sperrzone geben. Sie wird vom Ende des Stadtparks über die Oper bis zum Heldenplatz reichen. 2.500 bis 2.800 Polizisten werden rund um den Akademikerball im Einsatz sein.

1952: Die Anfänge des Wiener Korporations-Balls

Das erste Mal fand der Ball des Wiener Korporationsrings im Jahr 1952 statt, damals noch im Wiener Konzerthaus. Ende der 60er-Jahre wurde der Ball in die Hofburg verlegt. Laut des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) wird der WKR von Burschenschaftern aus rechtsextremen Verbindungen dominiert. Beim alljährlichen WKR-Ball tanzen allerdings nicht nur die Mitglieder der farbentragenden und deutschnationalen Wiener Burschenschaften Walzer, es treffen sich auch rechte und rechtsextreme Politiker aus ganz Europa.

Rechte Politiker aus ganz Europa

Zu regelmäßigen Gästen gehören beispielsweise Politiker der extrem rechten Regionalpartei "Vlaams Belang" aus Belgien, Vertreter der deutschen NPD und Marine Le Pen vom "Front National" aus Frankreich. Als Vernetzungstreffen der österreichischen und europäischen Rechten wird der Ball von den Gegnern kritisiert. Seit 2008 gibt es regelmäßige Demonstrationen, die in teilweise heftige Auseinandersetzungen zwischen linksextremen Gruppen und der Polizei mündeten. 2011 wurden wie schon im Vorjahr die Proteste gegen den Burschenschafterball untersagt – eine Entscheidung, die der Verfassungsgerichtshof zwei Jahre später als verfassungswidrig ansah und aufhob.

Ausgerechnet auf den 27. Jänner fiel der WKR-Ball im Jahr 2012 – und damit auf den internationalen Holocaust-Gedenktag, den Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz. Bereits im Vorfeld des Balls kam es zu Protesten.

2013: Der WKR-Ball wird zum Akademikerball

Ende 2011 hatten sich die Casinos Austria als Mitgesellschafter der Betreibergesellschaft der Wiener Hofburg gegen den Ball ausgesprochen – aufgrund der geltenden Verträge konnte der Ball für das Jahr 2012 aber nicht mehr abgesagt werden. Daraufhin übernahm die FPÖ den Ball vom Korporationsring und richtete ihn für das Jahr 2013 als "Akademikerball" aus. Geändert hat sich allerdings nur der Name: Der Organisator der Veranstaltung blieb weiterhin FPÖ-Gemeinderat Udo Guggenbichler.

Die österreichische UNESCO-Kommission strich den "Wiener Ball" aus dem Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Man habe die Nennung des WKR-Balles "übersehen", teilte die Organisation mit und reagierte damit auf Kritik von unter anderem Elfriede Jelinek.

2014: Vermummungsverbot, Eskalation und der Fall Josef S.

Den meisten Wienern müssten die Ereignisse des letzten Jahres noch gut in Erinnerung sein: Wochenlang wurde 2014 nach dem "Akademikerball" öffentlich diskutiert: Über die teils randalierenden Demonstranten und die zahlreichen Sachbeschädigungen einerseits und das harte Vorgehen der Polizei auch gegen friedliche Demonstranten andererseits. Für Debatten sorgte auch das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot, das riesige Sperrgebiet, das große Teile der Innenstadt umfasste und das Platzverbot für Journalisten.

Schlagzeilen machte auch der Prozess gegen den deutschen Studenten Josef S., der im Zusammenhang mit den Krawallen verhaftet wurde und dessen Verurteilung auf den Angaben eines einzigen Polizisten beruhte.

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl wurde für das Vorgehen der Polizei scharf kritisiert. Einer Resolution von Grünen und SPÖ im Wiener Gemeinderat, den Akademikerball nicht mehr in der Hofburg abzuhalten, da er als "internationales Vernetzungstreffen von Rechtsextremen dem Ruf Wiens geschadet" habe, stimmte die ÖVP nicht zu.

2015: Strache zieht provokanten Vergleich

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zog im vergangenen Jahr einen provokanten Vergleich: "Am nächsten Freitag werden die Stiefeltruppen der SA (Sozialistische Antifa) wieder durch Wien marschieren", teilte er über soziale Medien mit.

Mehrere tausend Menschen hatten auch 2015 gegen den Ball protestiert. Laut Polizei gingen 5.000 Menschen auf die Straße, die Veranstalter sprachen von 9.000 Demonstranten. Im Anschluss an den Ball kam es zu einzelnen Rangeleien und Auseinandersetzungen - 56 Menschen wurden festgenommen. Insgesamt waren 2.500 Beamte im Einsatz.

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