Für Marine Le Pen geht es am Sonntag um die Regionalpräsidentschaft in ihrem Wahlkreis. Ihr Blick richtet sich aber schon auf 2017. Dann will die als rechtsextrem bezeichnete Politikerin französische Präsidentin werden.
Wie aber würde Frankreich unter ihr aussehen? Was macht
Marine le Pen hat ein Ziel. Es ist der Elysée-Palast in Paris. In diesen möchte sie im Juni 2017 einziehen – als französische Präsidentin.
Problem nur, dass ihr Front National (FN) als rechtsextreme Partei gilt, die rassistische und teils anti-semitische Ressentiments bedient.
Le Pen profitiert von den Ängsten
Doch in Zeiten, in denen der deutsche Nachbar mit seinen mehr als 66 Millionen Einwohnern angesichts Terrorgefahr, hohem Haushaltsdefizits und hoher Arbeitslosigkeit wie ein angeschlagener Riese daherkommt, punktet sie mit ihrer scharfen Rhetorik.
Viele Wähler fürchten um Wohlstand und Sicherheit. So gewannen Le Pen und ihre FN den ersten Durchgang zu den Regionalwahlen jüngst mit bemerkenswerten 28 Prozent.
Ein Wahlerfolg weit vor dem von den Republikanern um Ex-Präsident
In der zweiten Runde der Regionalwahlen am Sonntag geht es für Le Pen nun um den Sieg in ihrem Wahlkreis im nordfranzösischen Nord-Pas-de-Calais-Picardie.
Mehr noch: Die Ergebnisse gelten als Stimmungstest für die Präsidentschaftswahlen 2017.
Ihrem Vater Jean-Marie Le Pen war es 2002 gelungen, Staatspräsident Jacques Chirac in eine Stichwahl zu zwingen. Und das, obwohl er offen Juden beleidigte und beleidigt.
Präsident mit weit reichenden Befugnissen
Kritiker warnen nicht nur deshalb, dass sich Frankreichs Politik im Innern wie auch nach außen unter Le Pen drastisch wandeln würde.
In der semipräsidentiellen Demokratie hat das Staatsoberhaupt weitreichende Befugnisse. Gemäß des Domaine réservé, des reservierten Bereichs, hat der Präsident de facto die alleinige Verantwortung über Außenpolitik und Streitkräfte.
Er kann das Inkrafttreten von Gesetzen hinauszögern und deren Gestaltung maßgeblich beeinflussen.
Um zu verstehen, wie Frankreich unter Le Pen aussehen könnte, hilft ein Blick ins Wahlkampfprogramm. Ihre Devise lautet: Früher war alles besser.
Der FN spricht sich für einen Einwanderungsstopp, die Ausweisung radikaler Muslime und die Schließung der Grenzen aus. Im Mittelpunkt seiner Politik stehen nationale Interessen.
Wiedereinführung der Todesstrafe
Le Pen lehnt die Europäische Union (EU) und den Euro, freie Märkte und freien Handel ab. Und sie befürwortet eine Wiedereinführung der Todesstrafe.
Um bessere Chancen zu haben, führte sie den FN weg vom Rüpel-Image, das ihr Vater einst schuf. Als dieser sich zuletzt offen antisemitisch äußerte, schmiss sie ihn aus der von ihm gegründeten Partei.
Dabei darf sie selbst getrost als islamfeindlich bezeichnet werden. Wenn Frankreich sich nicht wehre, sagte sie einst, werde eines Tages "die Scharia unsere Verfassung ersetzen".
Le Pens vermeintliche Stärke: Sie liefert einfache Antworten auf komplexe Fragen. Damit kommt sie gerade bei jenem Teil der Bevölkerung an, der nur eine geringe Schulbildung hat.
Doch Le Pen ist gefährlich. Der frühere sozialistische Finanzminister Pierre Moscovici hält sie politisch sogar für "gefährlicher als ihren Vater".
Vor einigen Jahren verglich sie Muslime mit der NS-Besatzung. Dafür muss sie sich vor Gericht verantworten, ein Urteil steht noch aus.
Jung, hübsch und gefährlich
Noch gefährlicher aber ist wohl ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen, 26 Jahre jung, blond, hübsch. Sie ist die Spitzenkandidatin des FN im südfranzösischen Provence-Alpes-Côte d'Azur.
Vielen gilt sie als noch radikaler als die Parteichefin, vor allem bei der Einwanderungspolitik. Die Jurastudentin stand bei Demonstrationen gegen die Homo-Ehe ganz vorne.
Was die Le Pens aber besonders gefährlich macht: Sozialisten und Republikaner wussten sich zuletzt oft nicht besser zu helfen, als ebenfalls Feindbilder der Rechtspopulisten zu bedienen.
Christian Estrosi, Bürgermeister von Nizza, der gegen Marion Maréchal-Le Pen um die Regionalpräsidentschaft kämpft, warnte zum Beispiel vor einem "Islamofaschismus", der einen "Dritten Weltkrieg" gegen die christlich-jüdische Zivilisation plane.
Europas politische Elite ist in Sorge. Die Europäische Integration leidet ohnehin unter Flüchtlingskrise und "islamistischer" Terrorgefahr. Frankreich gilt neben Deutschland als treibende Kraft des Gemeinschaftsprojekts.
Unter Le Pen sähe dies wohl ganz anders aus. "Die Werte und der Zusammenhalt Europas sind in Gefahr, wenn solch nationalistischen Kräfte voranschreiten", sagte die Bundesvorsitzende von B‘90/Die Grünen, Simone Peter.
SPD-Chef Gabriel spricht von "Schock"
Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel meinte: "Natürlich ist es ein Schock, wenn in Frankreich, einem Gründungsland der EU, die Rechtsextremen ein solches Ergebnis erringen. Das muss ein Weckruf für alle Demokraten in Europa sein."
Die französischen Sozialisten, das Pendant zu den deutschen Sozialdemokraten, haben reagiert und ihrer Wähler aufgefordert, im zweiten Wahlgang für die konservativen Republikaner zu stimmen. Nur deshalb drohen beide Le Pens den Wahlsieg in ihren Wahlkreisen zu verpassen.
Nach einer in der konservativen Tageszeitung "Le Figaro" veröffentlichten Umfrage liegt Marine Le Pen mit 47 Prozent der Stimmen hinter dem konservativen Kandidaten Xavier Bertrand, der auf 53 Prozent kommt.
Sehr wohl glauben aber schon jetzt viele Experten, dass es 2017 zur Stichwahl kommen wird. "Wenn ich es nicht in die zweite Runde schaffe, höre ich auf", sagte sie mit Blick auf die Präsidentschaftswahl.
Nicht Wenige in Europa dürften genau darauf hoffen.
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