• Nicht nur in der Ukraine, sondern auch an anderen Orten auf der Welt herrscht Krieg: Noch bis Ende Mai läuft das aktuelle Mandat der Bundeswehr im westafrikanischen Mali.
  • Der deutsche Bundestag muss entscheiden, wie es dort weitergehen soll. Frankreich hat den Abzug seiner Kampftruppen bereits angekündigt.
  • Hat der Einsatz vor Ort die Situation überhaupt verbessert? Einsatzführer Oberst Mike Werner gibt eine Einschätzung.
Eine Analyse
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Kampfhubschrauber, Sturmgewehre, Panzer: Bilder davon gehen in diesen Tagen beinahe nur aus der Ukraine um die Welt. Aber auch in anderen Teilen der Erde herrscht Krieg: im westafrikanischen Mali bereits seit 2012. Deutsche Soldaten sind seit fast neun Jahren vor Ort, der Einsatz gilt als eine der gefährlichsten Missionen, an denen die Bundeswehr beteiligt ist.

Zuletzt rückte das krisengebeutelte Land wieder in den Fokus, weil der wichtigste Truppensteller Frankreich verkündete, seinen Mali-Einsatz zu beenden. Schnell stand fest: Die Franzosen reißen eine Lücke. Und offen bleiben die Fragen, ob auch die Bundeswehr abzieht und ob ein "zweites Afghanistan" droht.

Deutschland ist in Mali sowohl am Stabilisierungseinsatz der Vereinten Nationen "Minusma" und an der "Trainingsmission EUTM" der Europäischen Union beteiligt. Offiziell läuft das Mandat der deutschen Soldaten noch bis Ende Mai. Der Bundestag muss also bald entscheiden, wie es weitergeht.

CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte warnte im Gespräch mit der ARD bereits vor den Folgen eines Abzugs: "Deutschland würde Mali im Kampf gegen den Terror alleine lassen. Die Sahel-Zone würde vom Terror destabilisiert werden, und Deutschland würde den Vereinten Nationen in ihrem Bemühen um die Region in den Rücken fallen."

Missions-Erfolge in Mali sind umstritten

Doch die Erfolge der Mission in Mali sind äußerst umstritten: Seit vergangenem Jahr wird Mali von Militärs regiert, die sich an die Macht putschten. Bis heute ist die Situation instabil und die politische und soziale Zukunft des Landes ungewiss. Im Norden begehrt die Volksgruppe der Tuareg auf, in der gesamten Sahel-Zone breiten sich islamistische Terroristen aus.

Oberst Mike Werner ist Kontingentführer des deutschen Einsatzkontingentes in der UN-Mission. Vor Ort hat er direkten Kontakt zur malischen Bevölkerung. "Ich bin in den letzten Monaten auf Menschen getroffen, die den internationalen Streitkräften im Allgemeinen und den deutschen Soldaten im Besonderen freundlich, offen aber auch mit ehrlicher Sorge um ihre eigene Sicherheit begegnen", berichtet er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Als deutscher Soldat werde ihm Dankbarkeit entgegengebracht – und das nicht nur, weil Deutschland als erstes Land das souverän gewordene Mali anerkannte. "Auch die zahlreichen kleinen und größeren bilateralen Entwicklungshilfeprojekte werden dankbar und als Investition in die eigene Zukunft angenommen und bewahrt", betont Werner.

Allerdings sind die Deutschen – anders als die Franzosen – in Mali auch nicht zum Kampfeinsatz, sondern zum "Peacekeeping". "Der militärische Kernauftrag ist das Aufklären und der Beitrag zum Gesamtlagebild", erklärt Werner. Aus dem Missionshauptquartier in Bamako bekomme man dabei Fragen zur Beantwortung übermittelt.

Zusammenarbeit mit Anti-Demokraten

Dann mache man sich mit verschiedenen Aufklärungsmitteln an die Arbeit. "Ohne in Details gehen zu können, reicht die Bandbreite von speziell für Gesprächsführung ausgebildete Soldaten über verschiedene technische Sensoren am Boden bis zu Drohnen", sagt Oberst Werner. Die Deutschen würden so maßgeblich dazu beitragen, dass die zivilen und militärischen Mittel der Vereinten Nationen in Mali "zielgerichtet und proaktiv" eingesetzt werden können.

Bislang sind allerdings alle Versuche gescheitert, die regierenden Militärs – die zunehmend auf eine militärische Zusammenarbeit mit Russland setzen – dazu zu bringen, die Wahlen in Mali vorzuziehen. Das Dilemma: Als Alternative zur Zusammenarbeit mit Anti-Demokraten erscheint nur ein Abzug mit möglicherweise verheerenden Folgen.

Als erfolglos will Werner den Einsatz dennoch nicht bezeichnen. "Ohne Minusma wäre hier im Nordosten Malis - neben den im Aufbau befindlichen malischen Streitkräften - kein Sicherheitsakteur verfügbar", sagt er. Die Menschen wären gegenüber den Terrorgruppen auf sich allein gestellt.

Im Nordosten Malis würden global agierende Terrororganisationen aufeinandertreffen. "Sie bekämpfen sich nicht nur gegenseitig, sondern nehmen auf die hier lebenden Menschen keine Rücksicht", sagt Werner. Die durch diese Gruppen auf Straßen vergrabenen Sprengfallen töteten und verletzten unterschiedslos die gegnerische Gruppe, Sicherheitskräfte und auch Zivilisten.

Verteilungskämpfe um Ressourcen

Hinzukommen Konflikte durch Dürre und Wassermangel. "Der Fluss Niger, der sich hier in einem Bogen durch Ost-Mali zieht, führt jetzt bedeutend weniger Wasser als noch vor fünf Monaten", hat Werner beobachtet.

Allerorten versuchten die Menschen, das Wasser für den Anbau von Nahrungsmitteln oder für die Viehzucht zu nutzen. "Insbesondere das hohe Bevölkerungswachstum und die Ausbreitung der Sahara führt zu Konkurrenz um wenige natürliche Ressourcen", sagt er.

Auch für die deutschen Einsatzkräfte ist die Lage vor Ort gefährlich: Sie seien "latent durch Sprengfallen terroristischer Gruppen, den Beschuss der Feldlager in Gao mit Raketen oder Mörser, aber auch durch gesundheitliche Risiken wie Malaria gefährdet", erklärt Werner.

Die Absprache und Verständigung zwischen den europäischen Hauptstädten darüber, wie es in Mali weitergehen soll, hält Werner deshalb für entscheidend. "Die Stabilisierungsmission wird in weiten Teilen der Bevölkerung anerkannt, gleichwohl wird die Stabilisierung, der Aufbau von Sicherheit und selbsttragenden Strukturen dauern", sagt er.

Über den Experten: Oberst Mike Werner ist Kontingentführer des deutschen Einsatzkontingentes "Minusma". Er leitet die Militärische Ausbildungsunterstützung "Panzergrenadierbrigade" in Frankenberg.
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