- Am Montag berät die Ministerpräsidentenkonferenz darüber, wie mit den Corona-Maßnahmen weiter zu verfahren ist.
- Nach Ansicht von CSU-Generalsekretär Markus Blume muss das bisherige Vorgehen wegen der Omikron-Variante auf den Prüfstand.
- Ein Branchenvertreter warnt vor einer zunehmenden Belastung der Krankenhäuser.
Vor Spitzenberatungen von Bund und Ländern und mit Blick auf die Omikron-Variante dringt die CSU auf eine Neubewertung der Corona-Maßnahmen. "Wahr ist, mit Omikron ändern sich die Grundlagen. Wir brauchen einen Omikron-Check für das Corona-Management in Deutschland", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der "Welt".
"Die kommende Ministerpräsidentenkonferenz kann ein wichtiger Meilenstein sein, um über diese Dinge zu reden", betonte Blume. Bund und Länder wollen am Montag über Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise beraten.
Weil: Müssen Strategie anpassen
Auch Niedersachsens Ministerpräsident
Die massiv steigenden Inzidenzen spielten "schon eine Rolle, aber wir müssen ein Stück weit umdenken gegenüber den früheren Infektionswellen", sagte der SPD-Politiker am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". Die Infektionszahlen seien hoch, die Kliniken aber weniger belastet. "Wir haben es mit einem neuen Gegner zu tun, deswegen muss man insoweit auch seine Strategie anpassen."
Weil mahnte, sich nichts vorzumachen. Nach der Omikron-Variante werde das Virus nicht aus der Welt sein: "Wir werden mit neuen Virusformen zu tun haben." Ernsthaften Schutz biete nur eine hohe Impfquote in der ganzen Gesellschaft.
"Die werden wir mit dem Tempo, das wir jetzt haben, nicht schaffen", betonte Weil. Die Impfdynamik habe im neuen Jahr nachgelassen. "Da machen wir einen Fehler", sagte er. Deutlich sprach er sich gegen die sogenannte Durchseuchung aus, dies sei zynisch und bedeute, dass viele Menschen auf Intensivstationen landen und sterben würden.
Omikron macht Großteil der Ansteckungen in Deutschland aus
Die sehr ansteckende SARS-CoV-2-Variante Omikron hat sich in Deutschland inzwischen durchgesetzt. Sie sorgt für einen starken Anstieg der Neuinfektionszahlen, geht allerdings tendenziell mit milderen Verläufen einher als die Delta-Variante. Die vom Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldete bundesweite 7-Tage-Inzidenz überschritt am Freitag erstmals die Schwelle von 700. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen
pro 100.000 Einwohner und Woche am Freitagmorgen mit 706,3 an (Stand des RKI-Dashboards von 5:01 Uhr).
Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 638,8 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 470,6. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 140.160 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche waren es 92.223 Ansteckungen.
Länder wie Spanien erwägen daher einen Wechsel der Corona-Strategie, auch weil die Zahl der Corona-Intensivpatienten nicht so steigt wie bei Delta. Fürsprecher dafür gibt es auch in Deutschland. Politiker wie der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen warnen, Omikron sei milder, aber nicht harmlos. Dahmen warnte zudem vor voreiligen Schritten.
"Wir müssen angemessen reagieren", betonte CSU-Chef Markus Söder am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "maybrit illner". Aber: "Ich finde, wir haben jetzt eine neue Situation. Und zu einer klugen Politik gehört, nicht einfach stur oder ideologisch zu reagieren, oder gar persönlich motiviert, sondern immer das Wohl des Landes und der Menschen in den Vordergrund zu rücken." Er habe die Hoffnung, dass Omikron den Übergang in eine endemische Lage weise.
Lauterbach erwartet Belastungsprobe für die Krankenhäuser
Bundesgesundheitsminister
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Mit Blick auf die Zahlen scheint zwar die Belastung auf der Intensivstation abzunehmen, die Belastung auf der Normalstation bleibt allerdings hoch oder steigert sich sogar deutlich." Dies machten erste Zahlen aus den besonders von Omikron betroffenen Bundesländern deutlich.
Das RKI erwartet, dass der maximale Ausschlag der Omikron-Welle in Deutschland durch Meldedaten nicht genau bemessen werden kann. "Die Größenordnung und die entscheidenden Trends in der epidemiologischen Entwicklung werden jedoch zuverlässig angezeigt", schrieb das RKI in seinem am Donnerstagabend veröffentlichten Corona-Wochenbericht.
Hintergrund für die vorübergehend unvollständiger werdende Erfassung von Infizierten sind etwa begrenzte Testkapazitäten und Personalressourcen aufgrund der hohen Fallzahlen, wie es hieß.
Orientierungsdebatte im Parlament über allgemeine Impfplicht nächste Woche
Vor allem um künftigen Corona-Wellen vorzubeugen, befürwortet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) neben der ab Mitte März vorgesehenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht auch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Eine parlamentarische Orientierungsdebatte darüber soll es kommende Woche geben.
Der Präsident der Deutsche Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, mahnte im RND: "Die Impfpflicht für Erwachsene ist alternativlos, um die Pandemie langfristig hinter sich zu lassen." Im Nachbarland Österreich hat das Parlament am Donnerstagabend als erstes Land in Europa eine allgemeine Impfpflicht beschlossen.
Lesen Sie auch: Alle aktuellen Informationen rund um die Corona-Pandemie in unserem Live-Blog
BPA warnt vor Personalmangel
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) warnte derweil vor möglichem Personalmangel. "Wir bekommen zunehmend Rückmeldungen aus den Mitgliedsbetrieben, dass Beschäftigte mit Blick auf die kommende einrichtungsbezogene Impfpflicht beabsichtigen zu kündigen", sagte BPA-Präsident Bernd Meurer dem RND.
Betroffen seien insbesondere Pflegeunternehmen in Regionen mit hohen Inzidenzen und geringen Impfquoten. "In vielen besonders stark betroffenen Bundesländern können wir nicht dafür garantieren, dass die Versorgung überall aufrechterhalten werden kann. Wenn Pflegekräfte in größerer Zahl ausfallen, ist die Versorgung der Pflegebedürftigen unmittelbar gefährdet."
Der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Heberl, gab in den Funke-Zeitungen zu bedenken: "Besonders für Menschen, die unter einer depressiven Erkrankung leiden, hat sich der Krankheitsverlauf durch die Maßnahmen gegen Corona massiv verschlechtert, zum einen wegen den deutlichen Einschnitten bei ihrer medizinischen Versorgung und zum anderen wegen einer wegbrechenden Alltagsstruktur mit Rückzug ins Bett, vermehrtem Grübeln und weniger Sport." (dpa/ank)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.