Seit Tagen wird über Pläne von US-Präsident Donald Trump berichtet, die Zahl der US-Soldaten in Deutschland drastisch zu verringern. Nun macht Trump selbst klar, was die Motivation dahinter ist: Es soll eine Strafe für zu geringe Verteidigungsausgaben sein. Die Kritik aus Deutschland ist deutlich.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

US-Präsident Donald Trump will Deutschland mit einem Teilabzug der US-Truppen für die aus seiner Sicht weiterhin zu geringen Verteidigungsausgaben bestrafen. Trump sagte am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus, die Zahl der US-Soldaten in Deutschland werde auf 25.000 reduziert.

Abzug ist Strafe für mangelnde Verteidigungsausgaben

Zur Begründung sagte er, die Bundesregierung weigere sich, Verteidigungsausgaben in einem Maße zu erhöhen, die das selbstgesteckte Nato-Ziel erreichen würden. Derzeit sind rund 34.500 US-Soldaten in Deutschland stationiert. Trump sprach von 52.000 Soldaten. In dieser Zahl dürften rund 17.000 amerikanische Zivilisten im Dienst der US-Streitkräfte enthalten sein. Aus Deutschland hagelte es Kritik an dem umstrittenen Vorhaben.

Trump sagte, die Stationierung der US-Truppen in Deutschland verursache "gewaltige Kosten für die Vereinigten Staaten". Er kritisierte: "Warum zahlt Deutschland Russland Milliarden Dollar für Energie, und dann sollen wir Deutschland vor Russland schützen? Wie soll das funktionieren? Es funktioniert nicht." Trump spielte unter anderem auf die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll. Die USA wollen die Fertigstellung von Nord Stream 2 verhindern und haben Ende vergangenen Jahres Sanktionen verhängt.

Trump: "Deutschland ist seit Jahren säumig"

Mit Blick auf die Nato erklärte Trump, dass Deutschland zu den wenigen Mitgliedsstaaten gehöre, die sich trotz seiner vehementen Forderungen nicht dazu bereiterklärt hätten, das selbstgesteckte Nato-Ziel bei Verteidigungsausgaben zu erfüllen. "Deutschland ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen." Für die Differenz müssten immer wieder die USA aufkommen. Deutschland ziehe die USA beim Handel und bei der Nato über den Tisch. "Der mit Abstand schlimmste Täter ist Deutschland."

Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sieht vor, dass sich alle Alliierten bis 2024 dem Ziel annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland hat die Ausgaben in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert, lag aber 2019 dennoch erst bei einem BIP-Anteil von 1,38 Prozent. Vor allem Trump kritisiert deswegen kontinuierlich die Bundesregierung und wirft ihr zu geringes Engagement vor. Trump sagte am Montag, auch zwei Prozent seien eigentlich noch zu wenig.

Vorwurf der USA: Deutschland benachteilige Amerika bei Handel

Trump verwies indirekt auch auf die wirtschaftlichen Schäden, die ein Teilabzug der Soldaten aus Deutschland für die betroffenen Standorte hätte. "Das sind gut bezahlte Soldaten. Sie leben in Deutschland. Sie geben viel von ihrem Geld in Deutschland aus." Der Präsident fügte hinzu: "Bis sie (die Deutschen) bezahlen, ziehen wir unsere Soldaten ab, einen Teil unserer Soldaten."

Trump warf Deutschland außerdem vor, die USA beim Handel zu benachteiligen. Die Vorstellungen der EU für ein Handelsabkommen seien bislang nicht zu seiner Zufriedenheit, und Deutschland sei die wichtigste Wirtschaftskraft in der EU. Trump hat im Handelskonflikt mit der Europäischen Union wiederholt mit Zöllen auf Auto-Importe gedroht, die deutsche Hersteller am härtesten treffen würden.

Scharfe Kritik aus Deutschland - auch Nato besorgt

In Deutschland wurde die Ankündigung des Truppenabzugs scharf kritisiert, der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sah darin ein Wahlkampfmanöver. "Jede Reduktion militärischer Präsenz verschärft die Probleme, statt sie zu lösen", sagte der CDU-Politiker Johann Wadephul am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, sprach von einem "weiteren Tiefpunkt der transatlantischen Beziehungen", der für die deutschen Sicherheitsinteressen "äußerst besorgniserregend" sei.

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte zu den Vorwürfen Trumps: "Dass ein US-Präsident die Bundesregierung offen erpresst, ist unter Partnern ein No-Go! Aus der transatlantischen Partnerschaft ist eine transatlantische Erpressung geworden." SPD-Chef Walter-Borjans stellte das Zwei-Prozent-Ziel im "ntv Frühstart" als solches infrage: "Was ist das für eine Zahl, dass, wenn die Wirtschaft wächst, man aufrüsten muss!? Oder jetzt, wenn sie schmilzt und schrumpft, dass man abrüsten soll?"

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will die US-Pläne an diesem Mittwoch und Donnerstag bei Gesprächen mit den Verteidigungsministern der Bündnisstaaten diskutieren. Das Thema sei für die gesamte Allianz relevant, sagte der Norweger am Dienstag.

Wie stark werden die wirtschaftlichen Folgen der Entscheidung?

In Rheinland-Pfalz sind nach Angaben des dortigen Innenministeriums rund 18.500 US-Soldaten stationiert. Über mögliche Folgen des Truppenabzugs für das Bundesland habe das Ministerium bisher aber keine Informationen. "Wie konkret diese Pläne sind und ob davon rheinland-pfälzische Standorte betroffen sind, lässt sich zurzeit nicht sagen", erklärte am Dienstag ein Sprecher. "Wir haben bislang nur Informationen aus den Medien."

Die "New York Times" hatte unter Berufung auf einen ungenannten US-Regierungsmitarbeiter berichtet, ein Teil der 9.500 Soldaten solle nach Polen geschickt werden, ein Teil in andere verbündete Länder und ein Teil solle in die USA zurückkehren. Trump hatte bereits im Juni vergangenen Jahres eine Verlegung von Truppen von Deutschland nach Polen ins Spiel gebracht. Polen erfüllt das Zwei-Prozent-Ziel der Nato und wurde dafür - ebenso wie für Rüstungskäufe bei US-Produzenten - mehrfach von Trump gelobt.

Verhältnis zwischen USA und Deutschland deutlich abgekühlt

Das Verhältnis zwischen der Trump-Regierung und Berlin ist seit langem angespannt. Zuletzt hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Trumps Pläne durchkreuzt, in diesem Monat einen G7-Gipfel im Weißen Haus abzuhalten - sie hatte wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Trump sah sich daher dazu veranlasst, den Gipfel auf voraussichtlich September zu verschieben.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, war in der vergangenen Woche gefragt worden, ob Trump den Abzug von Soldaten wegen Merkels Absage veranlasse. McEnany hatte daraufhin einen Teilabzug zwar nicht bestätigt. Sie sagte aber, Trump treffe keine Entscheidungen, um bestimmte Staats- oder Regierungschefs zu bestrafen. "Er handelt im besten Interesse der Vereinigten Staaten." (mgb/dpa)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © Evan Vucci /AP/dpa