In den Umfragen zur US-Wahl 2020 liegt Joe Biden seit Wochen klar vor Donald Trump. Wird der Kandidat der Demokraten deshalb aber auch US-Präsident? So einfach ist es nicht. Wir geben einen Überblick über das komplizierte Wahlverfahren und erläutern, wo und wie die Präsidentschaftswahl letztlich entschieden wird.

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232 zu 125: Wer am 29. Oktober (Stand: 10:30 Uhr) einen Blick auf die Umfragewerte von "Real Clear Politics" warf, einer US-Website, die Dutzende Umfragedaten aggregiert, bekam mit Blick auf die US-Wahl 2020 ein vermeintlich eindeutiges Ergebnis geliefert: Joe Biden führte zu diesem Zeitpunkt nach Wahlmännern vor Donald Trump, und zwar deutlich.

Die Landkarte der Vereinigten Staaten wird bei den Erhebungen in Farben unterteilt. Die Farbe Blau steht dabei seit jeher für die Demokratische Partei Bidens, Rot für Trumps Republikaner. Maßgeblich für den Ausgang der Wahl in den USA sind aber nicht zuletzt die grau hinterlegten Bundesstaaten: die sogenannten Swing States. Ein Überblick über das Wahlverfahren:

US-Wahl 2020: Wahlmänner – sie bestimmen den US-Präsidenten

Es ist die wohl markanteste Eigenheit des politischen Systems der USA: die Wahlmänner. Konkret: Die Bürger wählen keine Abgeordneten ins Parlament, die nach Parteizugehörigkeit den Regierungschef bestimmen.

Sondern: Der US-Präsident wird von einer Versammlung von Wahlleuten gewählt. Jeder Bundesstaat entsendet in dieses sogenannte Electoral College unterschiedlich viele Wahlmänner, im Verhältnis zur Einwohnerzahl und den Sitzen im Kongress (Parlament). Die Unterschiede sind riesig: So beschickt zum Beispiel Kalifornien als größter Bundesstaat (rund 39,5 Millionen Einwohner) das Electoral College mit 55 Wahlmännern, Florida (rund 21,5 Millionen Einwohner) entsendet 29 Wahlleute.

Kandidat braucht absolute Mehrheit der Stimmen

Die kleinen Bundesstaaten North Dakota, South Dakota, Montana und Wyoming (zwischen 580.000 und 1,07 Millionen Einwohner) kommen dagegen jeweils nur auf drei Wahlmänner. In 48 von 50 amerikanischen Bundesstaaten entfallen sämtliche Wahlleute auf denjenigen Präsidentschaftskandidaten, der die meisten Stimmen der wahlberechtigten Bürgern holt.

Der Kandidat, ob nun Biden oder Trump, der die absolute Mehrheit der Stimmen (über 50 Prozent) auf sich vereint, bekommt alle Wahlmänner eines Bundesstaates zugesprochen.

US-Wahl: Umkämpfte Bundesstaaten
© 1&1 Mail und Media

US-Wahl 2020: Hochburgen von Joe Biden und Donald Trump

Ob Demokraten oder Republikaner: Beide großen Parteien haben traditionelle Hochburgen. Laut "Electoral College Map" von "Real Clear Politics" wird die Demokratische Partei Bidens Kalifornien gewinnen - und damit auch die 55 dazugehörigen Wahlleute.

Auch New York (29 Wahlmänner) wird demnach mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an Biden gehen, Trump hat dagegen wohl nur die verglichen bevölkerungsarmen Staaten im mittleren Westen (zum Beispiel Nebraska) und im mittleren Osten (zum Beispiel Kentucky) sicher.

Swing States: In diesen Bundesstaaten entscheidet sich die US-Wahl 2020

Spannend wird es mit Blick auf die Swing States. In diesen steht die Stimmen-Mehrheit auf der Kippe. Stand 28. Oktober war der Ausgang in (mindestens) elf Bundesstaaten völlig offen - samt 181 Wahlmänner-Stimmen. Markant: Darunter fallen zum Beispiel Texas (38 Wahlmänner) und Florida (29), einst Hochburgen der Republikaner.

Die Rechnung ist einfach: Wer mindestens 270 der insgesamt 538 Wahlmänner gewinnt, wird neuer US-Präsident. Das Beispiel der Swing States zeigt aber: Die US-Wahl 2020 ist längst nicht entschieden. Ein Vergleich: 2016 holte Hillary Clinton drei Millionen Stimmen mehr - 45. Präsident der Vereinigten Staaten wurde aber Donald Trump.

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