US-Präsident Trump will sich in der Ukraine-Affäre nichts zu Schulden haben kommen lassen. Die brisante Aussage des geschäftsführenden US-Botschafters in Kiew nährt Zweifel daran.
US-Präsident
Das geht aus dem Eingangsstatement Taylors bei einer vertraulichen Anhörung am Dienstag im US-Repräsentantenhaus hervor, das die "New York Times" und die "Washington Post" veröffentlichten. Den Demokraten dürften die Aussagen des Spitzendiplomaten neue Munition für das von ihnen angestrebte Amtsenthebungsverfahren gegen Trump liefern.
Forderte Trump öffentliches Selenskyi-Statement zu Biden?
Trump forderte Taylors Darstellung zufolge, dass der neue ukrainische Präsident
Trump beharrt seit Wochen darauf, dass es kein "Quid pro quo" gegeben habe - also keine Forderung an Selenskyj, als Gegenleistung für US-Militärhilfe Untersuchungen über Hunter Biden in Gang zu setzen.
Taylor war zweimal US-Botschafter in der Ukraine
Taylors Aussagen zufolge wollte Trump erreichen, dass Selenskyj solche Untersuchungen öffentlich ankündigt. "Alles" sei von einer öffentlichen Ankündigung abhängig, habe ihm der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, nach Rücksprache mit Trump Anfang September gesagt: Nicht nur ein Besuch Selenskyjs im Weißen Haus, sondern auch die Freigabe der US-Militärhilfe für die Ukraine.
Taylor war bereits von 2006 bis 2009 Botschafter in Kiew gewesen. Im Mai wurde er von Außenminister Mike Pompeo gefragt, ob er auf den Posten zurückkehren wolle. Zuvor war Botschafterin Masha Yovanovitch abberufen worden - sie erhob deswegen kürzlich bei einer Anhörung schwere Vorwürfe gegen die Trump-Regierung.
Taylor machte am Dienstag deutlich, dass er sich die Entscheidung zur Rückkehr nicht leicht gemacht habe. Ausschlaggebend sei Pompeos Zusage gewesen, dass die starke US-Unterstützung für die Ukraine andauern werde.
Taylor: "Hochgradig irreguläres Konstrukt"
In seinem 15-seitigen Statement schrieb Taylor, nach seiner Rückkehr nach Kiew habe er ein "verwirrendes und unübliches" Konstrukt vorgefunden, bei dem die US-Politik zur Ukraine auf zwei parallelen Kanälen lief: einem regulären und einem "hochgradig irregulären". Teil des letzteren seien unter anderem Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani und der US-Botschafter bei der EU, Sondland, gewesen.
Sondland hatte dem Trump-Team eine Million Dollar gespendet und wurde danach Botschafter. Taylor ist dagegen ein hoch angesehener Karrierediplomat und Vietnam-Veteran. In seiner Aussage im Repräsentantenhaus machte er am Dienstag immer wieder deutlich, dass es ihm um das Wohl der USA und der Ukraine gehe - und dass parteipolitische Ränkespiele in der Diplomatie nach seiner Überzeugung nichts zu suchen hätten.
In früheren Anhörungen zur Ukraine-Affäre waren Textnachrichten unter anderem zwischen Taylor und Sondland öffentlich geworden. In einer davon schrieb Taylor am 8. September, es sei "verrückt", Militärhilfe aus Wahlkampfgründen zurückzuhalten, was Russland zugute käme und das Leben von Ukrainern gefährde. Am Dienstag betonte Taylor, er stehe zu dieser Einschätzung.
Sprecherin: Trump hat nichts falsch gemacht
Taylor beschrieb auch, wie Sondland ihm Trumps Verhalten angeblich zu erklären versuchte - der Präsident sei schließlich ein Geschäftsmann. Und bevor ein Geschäftsmann jemandem einen Scheck ausstelle, der ihm noch etwas schuldig sei, verlange er von diesem eine Gegenleistung. Er - Taylor - habe darauf verwiesen, dass die Erklärung keinen Sinn ergebe, weil die Ukrainer Trump nichts schuldeten.
Taylor sagte, er habe am 18. Juli erfahren, dass Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar auf Trumps Anordnung zurückgehalten werde - den Grund habe er damals nicht gekannt. Am 8. September habe Sondland ihm gesagt, dass Selenskyj eingewilligt habe, eine öffentliche Ankündigung in einem Interview mit dem US-Sender CNN zu machen. Am 11. September habe er - Taylor - dann erfahren, dass die Militärhilfe freigegeben worden sei. Er habe Selenskyj danach dringend von dem geplanten CNN-Interview abgeraten.
Die Demokraten bewerteten die Aussage Taylors als schwer belastend für Trump. Dadurch werde dokumentiert, dass der Präsident "ein anderes Land erpresst hat, um eine Wahl zu beeinflussen", erklärte die Oppositionspartei.
Trumps Sprecherin Stephanie Grisham beharrte in einer Mitteilung am Dienstagabend (Ortszeit) hingegen darauf, dass Trump nichts falsch gemacht habe. Es handele sich um eine "koordinierte Hetzkampagne" von linken Abgeordneten und radikalen Bürokraten, kritisierte sie. Noch vor Taylors Aussage hatte sich Trump an seiner eigenen Verteidigung versucht - und prompt neue Empörung ausgelöst. Er nannte das angestrebte Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einen "Lynchmord" - und verwendete damit einen Begriff, der in den USA historisch mit rassistisch motivierten Tötungen Tausender Schwarzer in den Südstaaten in Verbindung gebracht wird. (hub/dpa/afp)
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