Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat im ZDF-Sommerinterview umstrittene Äußerungen seiner Parteimitglieder verteidigt. Für das Verhalten des völkisch-nationalistischen "Flügels" fühlt er sich allerdings nicht zuständig – der sei gar nicht Teil der Partei.

Eine Kritik

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Zwei Gewalttaten haben Deutschland in dieser Woche geschockt: In Frankfurt starb ein Achtjähriger, als er und seine Mutter vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurden – und in Stuttgart tötete ein Mann einen Bekannten mit einem Schwert. Da die mutmaßlichen Täter aus Eritrea beziehungsweise Syrien stammen, haben zahlreiche AfD-Politiker die grausamen Vorfälle aufgegriffen. "Ich verfluche den Tag Ihrer Geburt", schrieb zum Beispiel die AfD-Bundestagsabgeordnete Verena Hartmann in einem inzwischen wieder gelöschten Tweet an die Adresse von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Im ZDF-Sommerinterview bezeichnet der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen den Tweet am Sonntagabend zwar als "unangemessen" – er sagt aber auch: "Ich kann emotionale Überreaktionen nach so einem Ereignis durchaus verstehen."

Jörg Meuthen: Freundlich im Ton, knallhart in der Haltung

Meuthen gibt sich im Gespräch mit Moderator Theo Koll in seinem Urlaubsort an der Ostsee betont gut gelaunt und freundlich. Von der harten Haltung seiner Partei rückt er allerdings kein Stück ab. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hatte nach der Tat in Frankfurt eine Verbindung zur großen Flüchtlingsbewegung 2015 hergestellt, obwohl der mutmaßliche Täter schon einige Jahre zuvor nach Europa gekommen war. Meuthen sieht darin offenkundig kein Problem – auch nicht in einer Studie von Medienwissenschaftlern, wonach seine Partei Kriminalität, die von Migranten ausgeht, in ihren Pressemitteilungen überbewerte. "Alle Statistiken belegen, dass ausländische Gewaltkriminalität um ein X-faches höher liegt als die deutsche", behauptet der Parteichef.

Der Flügel ist nicht seine "Baustelle"

Seine eigene Partei bezeichnet Meuthen als "bürgerlich-konservativ". Die extremen Einstellungen einzelner Personen kritisiert er zwar, will dafür als Parteichef aber keinerlei Verantwortung übernehmen. Der völkisch-nationalistische "Flügel" um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke zum Beispiel sieht er nicht als seine "Baustelle" an: "Der Flügel ist nicht Teil der AfD", so Meuthen.

Weil die Partei immer weiter nach rechts rückt, ist auch der Vorsitzende inzwischen unter Druck geraten. Der Bundesvorstand hatte zum Beispiel ein Parteiausschlussverfahren gegen die schleswig-holsteinische Landespolitikerin Doris von Sayn-Wittgenstein eingeleitet – daraufhin wählte ihr Landesverband sie zur Vorsitzenden. Meuthen erklärt das mit einem "gewissen Charisma" von Sayn-Wittgenstein. Zudem habe sie sich "als Opfer dargestellt".

Besonders peinlich für Meuthen war zudem ein Vorgang in seinem eigenen Kreisverband: Dessen Mitglieder hatten den Parteichef nicht zum Delegierten für den Bundesparteitag Ende November gewählt. "Wie lange kann man sich als Bundesvorsitzender politisch demütigen lassen?", fragt Theo Koll deshalb provokativ – Meuthen allerdings weicht aus. Er selbst fühle sich nicht gedemütigt, sagt er. Mehr erfährt der Zuschauer zum Thema nicht.

Zweifel an Klimawandel

Die Bestürzung über die Gewalttaten von Frankfurt und Stuttgart hat der AfD in dieser Woche wieder große mediale Aufmerksamkeit verschafft – schwerer hat es die Partei dagegen bei zwei anderen Themen: In der Rentenpolitik gilt sie als zerstritten. Man habe "eher zu viele als zu wenig gute Vorschläge", sagt Meuthen dazu. Im Frühjahr soll sich ein Sozialparteitag dem Thema widmen – und Meuthen macht in diesem Zusammenhang ein gewagtes Versprechen. Rechtsaußen Höcke hat vorgeschlagen, Zuzahlungen nur für deutsche Rentner einzuführen. Dazu kündigt Meuthen an: "Sie werden erleben, dass diese Position nicht durchgeht."

Bei einem der wichtigsten politischen Themen des Sommers bleibt Meuthen bei seiner bekannten Position: Obwohl die Erderwärmung nach Ansicht vieler Bürger und auch Wissenschaftler immer spürbarer wird, sieht die AfD in der Klimapolitik wenig Handlungsbedarf. Einen Temperaturanstieg bestreitet zwar auch Meuthen nicht – dieser sei aber "weitaus geringer" als häufig dargestellt.

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