Im Bundeshaushalt ist Sparen angesagt. Der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld schlägt daher vor, das Elterngeld auf den Prüfstand zu stellen. Welchen Effekt hat die staatliche Leistung bisher gehabt?

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2006 hieß die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen – und ein wichtiges Projekt der CDU-Politikerin war das Elterngeld: Zum Jahresbeginn 2007 führte die Bundesregierung damals die staatliche Leistung für Eltern ein. Wer nach der Geburt eines Kindes weniger oder gar nicht arbeiten kann, soll damit die finanzielle Lebensgrundlage stärken.

Die Ziele lauteten: Mehr junge Paare sollten sich dafür entscheiden, Kinder zu bekommen. Gleichzeitig sollten aber auch Mütter dazu motiviert werden, eine Arbeit aufzunehmen – weil das Elterngeld auch Vätern einen finanziellen Anreiz setzt, mit der Elternzeit eine berufliche Auszeit zu nehmen und sich um das gemeinsame Kind zu kümmern.

2017, zum zehnten Jubiläum der Einführung, lobte die damalige Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) das Projekt ihrer Vorgängerin als großen Erfolg: Es biete jungen Familien materielle Sicherheit, teilte sie mit. "Außerdem hat das Elterngeld dazu geführt, dass Frauen wieder stärker in den Beruf einsteigen können und dass sich Väter mehr Zeit für ihre Kinder nehmen."

Lars Feld: Leistung verfehlt Ziele

Der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld sieht die Sache anders. Der Bundeshaushalt steht inzwischen unter Spardruck. Und Feld schlug in einem Interview mit der "Rheinischen Post" (Bezahlinhalt) vor, das Elterngeld auf den Prüfstand zu stellen.

Es sei zwar populär, sagte der Ökonom: Allerdings verfehle die Leistung ihre Ziele: Die Geburtenrate habe sich nicht erhöht – und auch nicht die Erwerbstätigkeit von Frauen, zumindest nach dem zweiten Kind.

Feld ist ein einflussreicher Mann seines Fachs: Der Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg war zehn Jahre lang Mitglied des sogenannten Rats der Wirtschaftsweisen. 2022 bestellte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ihn zu seinem "Persönlichen Beauftragten" für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Felds Wort hat also Gewicht – zumindest bei Lindner.

Geburtenrate erst gestiegen, dann gesunken

Was ist von Felds Aussagen zu halten? Nach der Einführung des Elterngelds ist die Geburtenrate in Deutschland zunächst gestiegen: 2007 gab es pro Frau 1,37 Geburten – 2016 lag der Wert dann bei 1,59 Geburten pro Frau. In den vergangenen Jahren ist die Rate aber wieder gesunken. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es 2023 nur noch 1,35 Geburten pro Frau.

Klar ist, dass das Elterngeld einen relativ großen Posten im Haushalt des Familienministeriums ausmacht: 2024 plant der Bund, 12,5 Milliarden Euro für staatliche Leistungen an Familien auszugeben. Auf das Elterngeld entfallen davon knapp 8 Milliarden Euro.

IW-Studie bescheinigt Elterngeld positive Effekte

Komplizierter ist die Sache bei der Erwerbstätigkeit von Müttern. Der Ökonom Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), verwies beim Kurznachrichtendienst X auf eine Studie der "Konkurrenz": Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos haben 2023 im Auftrag des Bundesfamilienministeriums das Elterngeld bewertet – und bescheinigten ihm eine positive Wirkung.

Die Erwerbstätigkeit der Mütter mit minderjährigen Kindern sei in Deutschland seit der Einführung des Elterngelds und dem Ausbau der Kitas in zweifacher Hinsicht gestiegen. "Der prozentuale Anteil ist von 63 Prozent im Jahr 2008 auf 69 Prozent im Jahr 2022 angestiegen. Darüber hinaus haben sich die wöchentlichen Stundenpensen der erwerbstätigen Mütter erhöht", heißt es dort.

Auch aus der Ampelkoalition kommt ein Bekenntnis zum Elterngeld. Serpil Mityatli, stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, will jedenfalls nicht daran rütteln. Aus ihrer Sicht ist das Elterngeld nicht schuld an Baustellen in der Familienpolitik. "Betreuungsplätze müssen ausgebaut werden, denn überall fehlen Krippen- und Kitaplätze. Auch das ist ein schwerwiegender Grund dafür, weshalb viele Frauen in Teilzeit arbeiten", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (fab)

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