• Deutschland zieht Konsequenzen aus weiteren Einschränkungen des Bundeswehr-Einsatzes in Mali und setzt die Mission bis auf Weiteres aus.
  • Die Bundesrepublik ist mit rund 1.000 Soldaten im Rahmen der Uno-Mission "Minusma" vor Ort.
  • Mali-Experte Ulf Laessing erklärt, was das für den gesamten Einsatz bedeutet.

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Zweifel am Bundeswehr-Einsatz in Mali gab es schon länger, nun zieht Deutschland Konsequenzen: Berlin setzt den Aufklärungseinsatz im westafrikanischen Mali auf unbestimmte Zeit aus. Wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte, werden Transportflüge und Aufklärungsoperationen bis auf Weiteres eingestellt.

Die malische Militärregierung hatte der Bundeswehr Rechte für einen Überflug verweigert, mit dem sie Personal vor Ort turnusmäßig austauschen wollte. Unstimmigkeiten gab es in den letzten Wochen bereits mehrmals. Dieses Verhalten behindere den Einsatz im Rahmen der UN-Mission, erklärte das Verteidigungsministerium unter Christine Lambrecht (SPD).

"Ein geplanter Personalwechsel ist damit nicht möglich - das hat Auswirkungen auf unser Engagement", hieß es. Die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten habe höchste Priorität.

Abzug der Franzosen aus Mali

Dass es gefährlicher werden würde, hatte sich schon mit dem Abzug der französischen Soldaten abgezeichnet. "Die Einsatzbedingungen der Bundeswehr haben sich weiter erschwert", hatte Mali-Experte Ulf Laessing erst vor wenigen Tagen gegenüber unserer Redaktion gesagt. Die Franzosen hätten Ausrüstung wie Kampfhubschrauber mitgenommen, die auch zum Schutz der Bundeswehr beigetragen hatten.

Trotzdem hatte der Bundestag Ende Mai beschlossen, dass die deutschen Soldatinnen und Soldaten ihren Einsatz fortführen – auch, wenn die Franzosen ihren Anti-Terror-Einsatz beenden. Nun folgte aber eine Beeinträchtigung der UN-Friedenstruppen nach der nächsten.

Zuletzt hatte die Bundeswehr auf Anordnung der malischen Regierung 60 Soldaten aus der Hauptstadt Bamako abziehen müssen. Kurz darauf entzogen die Behörden der Bundeswehr die Überfluggenehmigung für Militärtransporter. "Die Entscheidung jetzt ist nur konsequent", sagt Mali-Experte Laessing.

Ein weiterer Überflug sei nicht genehmigt worden, obwohl eine Delegation des Auswärtigen Amtes gerade erst für Verhandlungen nach Bamako gereist war. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht soll erst am Donnerstag (11.8.) in einem Telefonat mit ihrem malischen Amtskollegen Sadio Camara positive Signale für die Zurücknahme der Beschränkungen erhalten haben.

Scharfe Worte von Christine Lambrecht

"Die Taten Camaras sprechen eine andere Sprache als seine Worte", kritisierte Lambrecht nun selbst auf Twitter. "Die Bundeswehr wird jetzt erst einmal nur noch Eigensicherung betreiben", erklärt Laessing. Es werde keine Evakuierungsflüge geben, aber auch keine Flüge zur Aufklärung der Lage geben.

Bundeswehr zieht sich vorerst aus Mali zurück

Deutschlands Bundeswehr stellt ihren Einsatz im westafrikanischen Mali bis auf Weiteres ein. Das teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Berlin mit. Zum wiederholten Mal habe die malische Regierung der Bundeswehr Überflugrechte verweigert, hieß es.

"Die Uno-Mission wird dadurch insgesamt stark eingeschränkt", ist er sich sicher. Sie hänge stark von der deutschen Bundeswehr ab. Die deutschen Soldatinnen und Soldaten tragen vor Ort zur Stabilisierung bei und sind beispielsweise an Aufklärung, Stromversorgung und medizinischer Versorgung beteiligt.

1.000 Soldaten für "Minusma" im Einsatz

"Die Uno wird nun deutlich weniger Patrouillen vornehmen können, weil das Lagebild der Bundeswehr fehlt und es auch keine Hubschrauber für den Notfall mehr gibt", schätzt Laessing. Praktisch werde mit der Entscheidung die gesamte UN-Mission ausgesetzt. Die Bundeswehr ist mit mehr als 1.000 Soldaten im Rahmen des UN-Mandats "Minusma" vor Ort.

"Der jetzige Schritt ist ein letzter Versuch Deutschlands, doch noch mit Mali ins Gespräch zu kommen", meint Laessing. Vermutlich gebe es aber bereits Notfallpläne, um Soldaten auszufliegen. "Der Niger würde eine temporäre Möglichkeit zum Aufenthalt bieten. Allerdings ist die Lage dort ebenfalls angespannt, es herrscht eine anti-französische Stimmung", sagt der Experte unserer Redaktion..

Nach Abzug Frankreichs: Sicherheitslage verschlechtert

Die Sicherheitslage im Norden von Mali habe sich nach dem Abzug Frankreichs bereits verschlechtert. Weil der Verfolgungsdruck weggefallen sei, könnten sich Dschihadisten freier bewegen. Mali gilt als politisch äußerst instabil. In der Vergangenheit gab es mehrfach Militärputsche, zuletzt kam eine militärische Übergangsregierung an die Macht.

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Diese pflegt enge Beziehungen zum Kreml, die Russen breiten sich in Mali immer weiter aus. Die Spannungen verschärften sich auch durch die Zusammenarbeit der Militärjunta mit der russischen Söldner-Truppe Wagner. Sie steht im Verdacht, massive Menschenrechtsverletzungen zu begehen.

Triumph für Russland in Mali?

Für die Bundeswehr ist der Einsatz in Mali aktuell der größte Auslandseinsatz, gilt zudem als ihr gefährlichster. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, Deutschland sei grundsätzlich weiterhin bereit, sich an der internationalen Friedensmission zu beteiligen. Sinnvoll sei das aber nur, wenn der deutsche Einsatz von der dortigen Regierung unterstützt werde.

"Für Russland ist die aktuelle Entwicklung ein Triumph", ist sich Laessing sicher. Die Russen hätten die Franzosen bereits zum Abzug bewegt, nun stehe Deutschland als größter westlicher Truppensteller vor dem Aus. "Russland hat geopolitisch gewonnen", sagt Laessing. Er vermutet darin auch den Grund, warum Deutschland so lange mit der jetzigen Entscheidung gezögert hat.

Experte: Absicherung durch Deutschland fehlt

Aus Laessings Sicht will Russland den Westen durch sein Handeln in Afrika spalten. Der Abzug der Franzosen hätte bereits für Unruhe und Diskussionen im westlichen Lager gesorgt. "Das war sicherlich ein Ziel", urteilt Laessing.

Mali sei dem Westen immer verbunden gewesen, der Kreml versuche es aus diesem Lager herauszulösen. Die Behinderungen der Uno-Mission seien Teil davon. "Die Einschränkungen beispielsweise bei Fluggenehmigungen und bei Patrouillen rühren daher, dass die Russen sich nicht in die Karten schauen lassen wollen", meint er.

Wenn die UN-Mission fortgesetzt wird, fürchtet Laessing, "wird sie eine Mission mit schlecht ausgebildeten afrikanischen Truppen sein, die hauptsächlich in ihren Camps bleiben und nicht mehr rausgehen, weil ihnen die Absicherung durch einen westlichen Staat wie Deutschland mit seiner Technik und Aufklärung fehlt".

Über den Experten: Ulf Laessing ist Leiter des "Sahel"-Programms der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Bamako. Er arbeitete zuvor als Auslandskorrespondent und Büroleiter bei der Nachrichtenagentur Reuters im Nahen Osten, Nordafrika und Afrika südlich der Sahara. Er hat Geschichte, Islamwissenschaft und Volkswirtschaft in Hamburg, Leipzig und Kuwait studiert.
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