In Rostock stellten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Bundespolizei ihren Jahresbericht 2023 vor. Die Delikte nahmen in vielen Bereichen zu. Es gab aber auch positive Zahlen zu vermelden.

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Gewalttaten, Sexualdelikte, unerlaubte Einreisen: Die Bundespolizei hat im vergangenen Jahr so viele Straftaten verzeichnet wie seit 2012 nicht mehr. Wie aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht 2023 hervorgeht, wurden 790.245 Straftaten registriert. Das sind 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr. "Derzeit kommt die Bundespolizei aus den Einsatzstiefeln nicht heraus", sagte Behördenchef Dieter Romann. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte mehr Geld und Personal an.

Bahnhöfe und Züge besonders betroffen

Die Zahlen der Bundespolizei bilden nur einen Teil der polizeilich erfassten Taten in Deutschland ab. Sie ist für die Sicherung von Bahnhöfen, Flughäfen und Grenzen zuständig.

Besonders stark gestiegen sind die Straftaten, die sich auf das Aufenthaltsrecht beziehen. Hier lag die Zahl bei 389.331 (plus 38,8 Prozent). Auch bei Sexualdelikten (2023: 2.498, plus 14,9 Prozent), Taschen- und Gepäckdiebstählen (2023: 27.849, plus 16,4 Prozent) sowie Gewaltdelikten (2023: 31.887, plus 10,6 Prozent) wurden starke Anstiege verzeichnet.

Mehr als die Hälfte aller Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei – nämlich rund 425.000 – wurden in Zügen, Bahnhöfen oder anderen Anlagen der Bahn begangen. "Wie bereits in den letzten Jahren sind insbesondere die Großstadtbahnhöfe von Gewaltdelikten betroffen", heißt es in dem Bericht. "Dennoch werden zunehmend auch schwerste Delikte in kleinstädtischen oder ländlichen Gebieten sowie in Zügen festgestellt."

Bundespolizei-Chef Romann sprach auch den Höchststand bei Messerdelikten an. Bei 555 Gewaltdelikten wurden Messer in Zügen oder Bahnhöfen eingesetzt. Das entspricht 2,2 Prozent der Gewaltdelikte in Zügen und Bahnanlagen. Davon gab es 2023 insgesamt 25.640. Im Vergleich zu Deutschen benutzten dabei ausländische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen in Relation zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sechsmal häufiger ein Messer, sagte Romann.

Innenministerin Faeser hatte bereits vor einigen Tagen angekündigt, den Umgang mit Messern in der Öffentlichkeit weiter einzuschränken. "Ich halte das weitgehend für Schaufensterpolitik", sagte dazu der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor im Fernsehsender "Welt". Das Problem sei nicht das Waffenrecht, sondern die Migrationslage.

Mehr illegale Einreisen im Vergleich zu 2022

Deutlich gestiegen ist auch die Zahl der unerlaubten Einreisen nach Deutschland. Sie erreichte mit 127.549 im vergangenen Jahr den höchsten Wert seit 2016. Gegenüber 2022 stieg die Zahl um 39 Prozent. Die meisten Fälle (32.893) registrierten die Beamten an der Landgrenze zu Polen, 28.099 an der Grenze zu Österreich, 18.539 zur Schweiz und 16.700 zu Tschechien. Als Reaktion auf die hohen Zahlen waren zu Polen, Tschechien und zur Schweiz im Oktober vergangenen Jahres vorübergehende stationäre Grenzkontrollen eingeführt und zu Österreich fortgesetzt worden.

Die Zahl der Abschiebungen nahm hingegen im vergangenen Jahr zu. Waren es 2022 noch 12.945 Abschiebungen, so stieg die Zahl 2023 auf 16.430. Zurückgeschoben – also in einem beschleunigten Verfahren in ihre Heimat zurückgeschickt – wurden 4.776 Menschen. 2022 waren es noch 5.149.

Extrem zurückgegangen sind Betrugsfälle. Sie lagen 2022 noch bei 72.431. Ein Jahr später sanken sie um 66,6 Prozent auf 24.167. Auch Urkundendelikte sind um 9,3 Prozent zurückgegangen. Ein leichter Rückgang konnte ebenfalls bei Sachbeschädigungen vermerkt werden. Sie sanken um 2,6 Prozent auf 32.820.

Faeser betonte bei der Vorstellung des Berichts in Rostock, dass die Bundespolizei gestärkt werde. "Im kommenden Jahr stärken wir die Bundespolizei erneut mit zusätzlichen 1.000 Stellen", sagte sie.

Angriffe auf Beamte nehmen zu

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die Maßnahmen für verspätet. Etwa vier Millionen Überstunden habe die Bereitschaftspolizei der Bundespolizei 2023 gemacht, sagte GdP-Bundespolizei-Chef Andreas Roßkopf bei Phoenix. Die Beamtinnen und Beamten seien stark gefordert, weil es "in unserer Gesellschaft einen Ruck nach vorne in Kriminalität, Verrohung und Gewalttätigkeit gegeben hat".

Faeser zeigte sich besonders alarmiert angesichts der vielen Angriffe auf Einsatzkräfte der Bundespolizei. Im vergangenen Jahr wurden knapp 3.000 Beamtinnen und Beamte zum Opfer von Übergriffen – so viele seit Beginn der Erhebung im Jahr 2001 nicht. Faeser sprach von einer "erschütternden Bilanz". Täterinnen und Täter müssten "mit der vollen Härte des Rechtsstaates verfolgt werden".

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht warf Faeser "Versagen" vor. "Die Sicherheitslage im Land ist unter Nancy Faeser so schlecht wie lange nicht mehr", sagte Wagenknecht im Sender "Welt". (afp/bearbeitet von the)

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