Ein Ausschnitt einer Rede von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Bundestag landete auf TikTok. Dort wird seine Aussage "Wir müssen mehr arbeiten" fälschlich in Zusammenhang mit der Ukraine gestellt. Merz sprach hingegen von notwendiger Mehrarbeit, um die deutsche Wirtschaft zu stärken.

Seit Ende Dezember kursiert auf TikTok und bei WhatsApp ein sechssekündiges Video, das eine Rede des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz im Deutschen Bundestag zeigt. Zu hören ist, wie Merz sagt: "Wir werden uns alle ein bisschen mehr anstrengen müssen, wir werden alle mehr arbeiten müssen." In einer Kachel auf dem Video heißt es dazu: "Wir müssen mehr arbeiten, weil die Ukraine Geld braucht."

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Nutzerinnen und Nutzer interpretieren das als ein Zitat von Merz. Jemand fragt: "Hat er das wirklich gesagt?", worauf ein Account antwortet: "Ja hat er." Ein anderer kommentiert: "Ja genau, alles für die Ukraine, aber nicht für sein Land." Das Video erreichte knapp 250.000 Aufrufe.

Doch Friedrich Merz hat sich so nicht geäußert. Das schrieb auch der TikTok-Nutzer auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck. Er habe mit dem Video nur seine Meinung ausdrücken wollen und habe vor, den TikTok-Beitrag zu korrigieren. Bis zur Veröffentlichung des Artikels von CORRECTIV.Faktencheck tat er das nicht (Stand: 14. Januar 2025).

Ausschnitt stammt von Friedrich Merz' Rede zur Vertrauensfrage

Bei genauem Blick ist erkennbar, dass in der oberen rechten Ecke des Videos der abgeschnittene Wortteil "Vertraue" steht. Das erinnert an die Vertrauensfrage, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 11. Dezember 2024 stellte und über die der Deutsche Bundestag am 16. Dezember abstimmte. Scholz verlor, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier löste infolgedessen den Bundestag auf und setzte Neuwahlen für den 23. Februar 2025 fest.

Um zu prüfen, ob der Videoausschnitt vom 16. Dezember 2024 stammt, hilft eine Suche bei YouTube. Diese führt zu mehreren Treffern, darunter einem Video des Fernsehsenders Phoenix, in dem die etwa 20-minütige Rede von Friedrich Merz zur Vertrauensfrage vollständig zu sehen ist. Merz kritisiert darin die Arbeit von Scholz und spricht etwa davon, dieser hinterlasse das Land "in einer der größten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte".

Der Ausschnitt auf TikTok taucht bei Minute 14:28 auf. Um ihn zu finden, kann man etwa im Transkript nach Stichworten suchen. Das Zitat von Friedrich Merz aus diesem Abschnitt seiner Rede lautet vollständig:

"Schauen Sie mal in alle Länder um uns herum, die Schweiz 200 Stunden mehr im Jahr als wir, da kann man von sozialer Verelendung doch wohl nicht sprechen. Wir werden uns alle ein bisschen mehr anstrengen müssen, wir werden alle mehr arbeiten müssen. [...] Alles, was wir an Steuersenkungen für die deutsche Wirtschaft in Aussicht stellen, ist für die deutsche Wirtschaft notwendig, dringend notwendig, überfällig. Aber das, meine Damen und Herren, muss erarbeitet werden, das müssen wir gemeinsam in Deutschland erarbeiten."

Merz sagte, wir müssen mehr arbeiten, um die deutsche Wirtschaft zu stärken

Die Mehrarbeit, die Merz forderte, hat er also nicht damit begründet, dass die Ukraine Geld bräuchte, sondern damit, dass die deutsche Wirtschaft unterstützt werden müsse. Das geht auch aus seinen Schilderungen hervor, die er wenige Minuten zuvor in seiner Rede äußerte.

Die Ukraine erwähnt Merz in diesem Zusammenhang nicht. Auch Suchen in der Pressedatenbank Genios und mit Google liefern keine Hinweise für ein solches Zitat des CDU-Politikers.

In seiner Bundestagsrede sprach er aber von einem geeinten Willen, den russischen Angriffskrieg gegen das Land so schnell wie möglich beenden zu wollen. Die CDU und die CSU möchten die Ukraine "mit diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen" unterstützen, wie es in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 heißt.

Die Gelder dafür werden regulär aus dem Bundeshaushalt entnommen, der vor allem aus Steuerabgaben besteht. Demnach würden auch unter einer CDU-geführten Regierung Steuergelder in die Ukraine fließen.

CORRECTIV.Faktencheck wollte von der CDU wissen, ob ihrer Ansicht nach mehr Steuereinnahmen nötig sind, um die Ukraine weiterhin finanziell zu unterstützen. Darauf erhielt die Redaktion bis zur Veröffentlichung keine Antwort.

Fest steht: Das angebliche Zitat von Friedrich Merz zur Ukraine ist in der Rede zur Vertrauensfrage nicht gefallen.

Verwendete Quellen

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