Berlin - Mit einem umfassenden Bürokratieabbau will die Europäische Volkspartei (EVP) die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Die EVP werde sich dafür stark machen, die europäische Lieferkettenrichtlinie und die Nachhaltigkeitsrichtlinie für mindestens zwei Jahre komplett auszusetzen, sagte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zum Abschluss einer Klausur von Spitzenvertretern der europäischen bürgerlich-konservativen Parteienfamilie EVP in Berlin. Die EVP bereitete sich bei ihrem Treffen auch auf die Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump an diesem Montag vor.
Merz forderte eine abgestimmte Reaktion auf
Merz zu Verteidigungsausgaben: Erst über Standards sprechen
Trump werde auch die Debatte über die Verteidigungsausgaben beeinflussen.
Merz forderte, die EU müsse auch in der Handelspolitik mehr tun. Nötig sei vor allem der Rückbau der europäischen Bürokratie. "Wir haben in den letzten drei Jahren in Deutschland über 300.000 Arbeitsplätze in der Industrie verloren, auch wegen der übermäßigen Regulierung der nationalen und der europäischen Regulierung".
EVP will Berichtpflichten um mindestens 50 Prozent zurückfahren
In den zwei Jahren der Aussetzung der EU-Richtlinien zu den Lieferketten und der Nachhaltigkeit müsse überprüft werden, welche Teile man in Kraft setzen könne, sagte Merz. Zudem müssten die Richtlinien radikal vereinfacht und Berichtspflichten insgesamt um mindestens 50 Prozent reduziert werden.
Zu dem Treffen unter Leitung von Merz und dem EVP-Vorsitzenden
EVP-Schwerpunkte Wirtschaft, Migration und Sicherheit
Weber betonte, wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit sei, dass Schlüsselindustrien wie Chemie, Biotechnologie und Maschinenbau stark seien. Zum Stopp der illegalen Immigration werde eine Rückführungsverordnung gebraucht. Hinzu müsse ein Mittelmeerpakt mit den Anrainerstaaten sowie ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen kommen.
Mit Blick auf den neuen US-Präsidenten sagte Weber, die EVP biete dem "Dealmaker Trump" an, gemeinsam mit dem Wirtschaftspartner Europa die geopolitische Herausforderung China anzunehmen.
Merz über US-Plattformen: Bei uns gelten Regeln
Kritisch äußerten sich Merz und Weber zur Abkehr großer US-Plattformen vom bisherigen Moderationsmodell. Es gebe offensichtlich ein unterschiedliches Verständnis von Meinungsfreiheit. "Bei uns gelten Regeln. Und ich kann nicht erkennen, warum im digitalen Zeitalter grundlegend andere Regeln gelten sollen als im analogen Zeitalter", etwa was den Urheberrechtsschutz oder die Persönlichkeitsrechte betreffe, sagte Merz.
Es gelte "der Grundsatz, dass diejenigen, die in Europa tätig werden wollen, sich an europäisches Recht zu halten haben, unabhängig von ihrer Marktmacht, die sie sonst möglicherweise in der Welt haben", sagte Merz. "Wir haben hier eine umfassende Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Bürgerfreiheit. Aber wir alle sagen auch, diese Freiheiten enden da, wo die Freiheiten anderer eingeschränkt werden." Er fügte hinzu: "Ich sehe keine Veranlassung, davon abzurücken, nur weil es mächtige amerikanische Unternehmen gibt, die das möglicherweise auch mit Rückendeckung der neuen Regierung in Washington anders sehen."
EVP-Chef an USA: Ausgestreckte Hand, aber selbstbewusst
Weber ergänzte, es gehe bei den sozialen Plattformen um die Frage, wie sich die gesellschaftliche Kultur entwickeln werde. Da auch die demokratische Willensbildung stark beeinflusst werde, gehe es um Grundsatzfragen für den Kontinent. Sein Wunsch sei, dass man mit den USA ein gemeinsames Verständnis zu den Regeln in der digitalen Welt entwickele. "Die ausgestreckte Hand ist da. Aber klar ist auch: Wenn ich manchen Tech-Vertreter höre, dann hört sich das eher danach an, Europa soll die Vorgaben aus Washington übernehmen. Und das lehne ich ab. Europa muss selbstbewusst auftreten." © Deutsche Presse-Agentur
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.