Kiffen ist für Volljährige in Deutschland seit April in Grenzen erlaubt. Im Parlament kocht nun der Streit über die Neuausrichtung der Drogenpolitik noch einmal hoch. Die Union kündigt einmal mehr an, Cannabis wieder zu verbieten, sollte sie die nächste Regierung anführen.

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Seit gut sieben Monaten gilt eine teilweise Freigabe von Cannabis für Erwachsene. Im Bundestag hat die Teillegalisierung einen Schlagabtausch im Bundestag ausgelöst. Und auch aus den Ländern wird Kritik an der Umsetzung laut.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach wies in einer Aktuellen Stunde harsche Kritik der Union zurück und warb dafür, dem Gesetz "eine faire Chance" zu geben. "Es gibt überhaupt keine Evidenz dafür, dass eine Legalisierung den Konsum erhöht", sagte der SPD-Politiker. Es gehe vielmehr darum, bestehenden und zuletzt gestiegenen Konsum sicherer zu machen und zu entkriminalisieren.

Die Union kündigte erneut an, die Freigabe wieder rückgängig zu machen, wenn sie die nächste Regierung anführe.

Lauterbach: Gesetz war nötig

Das Cannabis-Gesetz müsse "ohne Polemik und Häme" betrachtet werden, forderte Lauterbach. Er räumte ein, dass das Gesetz "umstritten" sei. Doch der in den vergangenen Jahren in Deutschland stark gestiegene Konsum habe dieses nötig gemacht. "Cannabis ist überall", sagte Lauterbach. "Wenn Sie durch die Straßen gehen am Abend, dann können Sie es sehen und Sie können es riechen", sagte Lauterbach.

Der Minister gab zu bedenken, dass der Cannabiskonsum nicht nur gestiegen, sondern wegen höherer Dosierungen und "toxischen Beimischungen" auch gefährlicher geworden sei. Es gehe darum, "den bestehenden Konsum sicherer zu machen", aber nicht zu kriminalisieren, sagte Lauterbach. "Derjenige, der ab und zu konsumiert und sich der Risiken auch bewusst ist", sei nicht krimineller als jemand, "der jeden Abend eine Flasche Wein trinkt".

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Scharfe Kritik der Union: "Drogenmarkt ist größer denn je"

Die CSU-Abgeordnete Silke Launert kritisierte, das Gesetz habe das Gegenteil von dem bewirkt, was beabsichtigt war. "Sie wollten den Schwarzmarkt austrocknen", doch "so vermurkst, wie dieses Gesetz war, war das nicht zu erreichen", sagte Launert in Richtung Lauterbach. "Der Drogenmarkt ist größer denn je, größer als der frühere Schwarzmarkt." Die Koalition habe "die Tore geöffnet für niederländische Drogenbanden".

Für den Fall, dass die Union nach der Bundestags-Neuwahl am 23. Februar die künftige Regierung führt, kündigte Launert an, das Gesetz rückgängig zu machen. Die Cannabis-Freigabe sei "eines der wichtigsten Themen, die zurückzunehmen sind", sagte sie. "Es bleibt nichts anderes übrig, als Härte zu zeigen."

Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) monierte, die Legalisierung werde der Schutzpflicht des Staates vor Gesundheitsgefahren nicht gerecht. Ein großer Teil der Konsumenten werde weiter auf den Schwarzmarkt zurückgreifen. Das Gesetz sei "ein großes Geschenk für die organisierte Kriminalität."

Der AfD-Gesundheitspolitiker Martin Sichert sagte an die Adresse der Union, man könne die Legalisierung kritisch sehen. Es sei aber verrückt, so zu tun, als wären Kiffer das drängendste Problem der inneren Sicherheit.

Grüne und FDP verteidigen das Gesetz

Kristine Lütke von der FDP lobte rückblickend, dass die damalige Ampel-Koalition bei dem Thema "vertrauensvoll und gut zusammengearbeitet" habe. Lütke kritisierte die Union dafür, "in einer Zeit, in der wir dringend über Lösungen für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands sprechen müssten", die "Energie den alten Vorurteilen gegen die Legalisierung" zu widmen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigten, dass durch die Legalisierung von Cannabis die organisierte Kriminalität bekämpft werde.

Die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther stellte in Richtung der Union infrage, "dass kein einziges Problem in diesem Land gelöst wird, wenn Sie Kiffer wieder kriminalisieren". Sie bezeichnete das Cannabis-Gesetz als "entscheidenden Erfolg der Ampel".

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Vor der Reform sei "der komplette Cannabismarkt fest in der Hand des organisierten Verbrechens und zwar inklusive aller damit verbundenen Gesundheitsgefahren", sagte sie. Es sei "ein Mythos, dass der Konsum von Cannabis nach der Freigabe ansteigt". Beide Politikerinnen forderten eine noch weitergehende Liberalisierung mit einer kontrollierten Abgabe in lizenzierten Fachgeschäften.

Innenausschuss des Bundesrats fordert Nachbesserungen

Unter den Ländern wird derweil Kritik wegen der praktischen Umsetzung des Gesetzes laut. Der Innenausschuss des Bundesrats erläuterte in Empfehlungen für die nächste Sitzung der Länderkammer, es bedürfe Regelungen zum besseren Gesundheitsschutz, zur Beseitigung von Unklarheiten in der Vollzugspraxis und zur Vernichtung von Cannabis. Erklärtes Ziel sei, die regulierte Abgabe an Erwachsene zu ermöglichen und illegalen Drogenhandel einzudämmen. "Diese Ziele lassen sich derzeit mit den gesetzlichen Vorgaben in der Praxis nicht umsetzen."

Konkret fordert der Innenausschuss unter anderem genauere Vorschriften für Vereine, in denen Erwachsene Cannabis gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben können. So solle die zulässige Abgabemenge "auf ein bedarfsgerechtes Maß" reduziert werden. Die Begrenzung auf 50 Gramm pro Monat, die etwa 150 Joints ergebe, "übersteigt den Bedarf eines Gelegenheitskonsumenten um ein Vielfaches und begründet die Sorge, dass erhebliche Mengen an den Schwarzmarkt abgegeben werden könnten".

Gefordert werden auch geeignete Entsorgungsmöglichkeiten für nicht weitergabefähiges Cannabis, wie es in der Empfehlung des Innenausschusses für eine Stellungnahme des Bundesrats zu einer Änderung des Cannabis-Gesetzes heißt. Darin geht es eigentlich um Regelungen zum Anbau von Nutzhanf in der Landwirtschaft. Ob der Bundesrat den Ausschuss-Empfehlungen folgt, muss sich in der Sitzung am 22. November zeigen, wenn das Plenum darüber abstimmt.

Die Ampel-Regierung hatte das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis beschlossen, es gilt seit 1. April. Erlaubt ist etwa der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Seit 1. Juli können außerdem nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen. Für sie gelten ebenfalls zahlreiche Auflagen.

Der Konsum im öffentlichen Raum ist beschränkt erlaubt - in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und in der Nähe von Schulen, Kitas und Sportstätten etwa ist er verboten. (APF/dpa/bearbeitet von ank)

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