Was passiert nach dem Ampel-Aus mit einem Gesetz zur Übertragung dringend gebrauchter Gelder für das Deutschlandticket? Die Union signalisiert nun, dass sie ausnahmsweise gemeinsam mit Rot-Grün stimmen könnte. Zuvor hatte man sich noch skeptischer gezeigt.
Bahnfahrer können gut eine Woche nach dem Ampel-Aus auf eine Lösung für das beliebte Deutschlandticket hoffen. Die Unionsfraktion signalisierte Zustimmung zu einem Gesetz, das die Finanzierung des bundesweit gültigen Fahrscheins absichern soll.
Ob die Änderung des sogenannten Regionalisierungsgesetzes im Bundestag wirklich beschlossen wird, hängt aber wohl von Kanzler
Scholz' Minderheitsregierung kann Gesetze im Bundestag aktuell nur durchbringen, wenn sie Stimmen aus anderen Fraktionen für sich gewinnt.
Das Deutschlandticket: Abo mit 13 Millionen Kunden
Mit dem Deutschlandticket kann der öffentliche Nahverkehr im ganzen Land genutzt werden – unabhängig von Bundesland, Verkehrsverbund oder Tarifgebiet. Das Ticket gilt für Bus und Bahn. Ausgenommen sind lediglich Züge des Fernverkehrs wie beispielsweise ICEs, ICs und TGVs.
Aktuell kostet es 49 Euro, ab dem kommenden Jahr sollen es nach einem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz dann 58 Euro sein. Wie lange dieser Preis gehalten werden kann, ist offen.
Um das Deutschlandticket zum vereinbarten Preis anbieten zu können, sollen Bund und Länder jeweils 1,5 Milliarden Euro geben – das ist bereits länger geklärt. Bei der Kalkulation hatten sich die Politiker jedoch darauf verlassen, dass Restmittel des Bundes verwendet werden können, die im Jahr 2023 nicht für das Deutschlandticket eingesetzt wurden.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne), der aktuell Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz ist, hatte gewarnt, ohne diese Mittel drohe eine Finanzierungslücke. Nach Angaben aus Unionskreisen ist das Geld bisher gesperrt und kann erst nach einer Änderung des sogenannten Regionalisierungsgesetzes freigegeben werden.
CDU-Chef und Kanzlerkandidat
Umdenken bei der Union?
Das Ticket ist als Abonnement gedacht, kann aber monatlich gekündigt werden. Für Pendler besonders in Ballungsräumen ist es häufig günstiger als andere Zeitkarten. Deutschlandweit nutzten es im September rund 13 Millionen Menschen.
Diese hohe Nutzerzahl dürfte auch für die Union ein Grund sein, die Finanzierung jetzt zu sichern – auch wenn sie damit ein Projekt der Regierung Scholz unterstützt. Zuvor hatte es deutlich skeptischer Töne aus der Union zum Deutschlandticket gegeben.
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte dem Podcast des Nachrichtenmagazins "Politicio" etwa, er könne sich nicht vorstellen, dass die Union rot-grünen Gesetzesinitiativen wie der für das Deutschlandticket zustimmen würde. Für die Unionsfraktion liege der Schwerpunkt eher bei Investitionen in die Infrastruktur.
Bayerns Ministerpräsident
Merz: Zukunft des Tickets nach 2025 noch unklar
CDU-Chef Merz erwartet derweil schwierige Verhandlungen zur Finanzierung des Deutschlandtickets über 2025 hinaus. "Wir wollen, dass so etwas wie ein Deutschlandticket erhalten bleibt", sagte Merz nach einer Sonderfraktionssitzung der CDU/CSU-Fraktion. Aber wie es finanziert werde und wer es dann finanziere, werde sicherlich "Gegenstand schwieriger Verhandlungen" im nächsten Jahr sein.
Das Deutschlandticket sei wesentlich teurer geworden als ursprünglich geplant, erklärte er weiter. "Die Länder haben große Probleme, das auch umzusetzen mit den entsprechenden Strecken."
Die Aufgabe, Regionalverkehr in Deutschland zu organisieren, sei in erster Linie Ländersache. "Der Bund hat eine Mitfinanzierungsverpflichtung, aber sicher keine alleinige Verpflichtung, es zu finanzieren. Also noch mal: Das werden schwierige Gespräche im nächsten Jahr."
Rot-Grün zeigt sich erleichtert
In der SPD zeigte man sich angesichts der jetzt symbolisierten Zustimmung der Union erleichtert. "Wir freuen uns darüber, dass die Union dem Druck nachgegeben hat und das Deutschlandticket nicht zum Spielball für politische Verhandlungen verkommen lässt", erklärte etwa die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Isabel Cademartori.
Die Hilfe der Union bei der Verlängerung des Deutschlandtickets sei "wirklich wichtig jetzt", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Erfolg gebe dem Projekt recht und es wäre aberwitzig, wenn das Deutschlandticket daran scheitere, dass Haushaltsreste nicht in das nächste Jahr übertragen werden dürfen.
Der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne), rechnet damit, dass der Bundestag der vereinbarten Lösung zustimmen wird. "Die Menschen erwarten Verlässlichkeit und nicht, dass ein so erfolgreiches Ticket Opfer des Vorwahlkampfes wird", mahnte er.
Zuvor hatte Hermann gewarnt, es dürfe nicht passieren, dass zur Rettung des Tickets der Preis nochmals erhöht werde – "nur weil im allgemeinen Streit anhängige Gesetze nicht mehr umgesetzt würden". (dpa/afp/bearbeitet von thp)
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