35 Jahre nach seinem Parteieintritt hat Markus Söder auf dem CSU-Chefsessel Platz genommen. Auf dem Parteitag versucht er die Quadratur des Kreises: versöhnen, erneuern, einschwören. Und dann ist da auch noch AKK.
Markus Söders erste Amtshandlung als CSU-Chef ist ein Geschenk für
Ausgerechnet Seehofer, den Mann, der wie kaum ein anderer versucht hat, Söders Aufstieg nach ganz oben in Bayern und in der Partei zu verhindern. "Lieber Horst, ich hab ja gesagt, wir müssen mutig sein", scherzt Söder mit dem überraschten Seehofer. Und fügt kurz darauf hinzu, Ehrenvorsitzende dürften nicht mehr für andere Parteiämter kandidieren.
Die doppeldeutige Frotzelei reiht sich nahtlos in eine lange Geschichte von Rivalitäten ein, die Seehofer und Söder in den vergangenen Jahren ausgetragen haben. Sie zeigt aber auch, das letzte Wort bei der CSU hat jetzt nicht mehr Seehofer, sondern der wenige Minuten zuvor gewählte Söder.
87,4 Prozent wollen Söder
Der Parteitag zeigt aber noch mehr. Als etwa mittags die neue CDU-Chefin
Zur Ursache der Harmonie gehört aber auch: Das neue Führungsduo in der Union, der Franke Söder und die Saarländerin AKK, brauchen einander. CSU und CDU müssten sorgsam mit dem Erbe von Franz Josef Strauß und Konrad Adenauer umgehen, mahnt die Christdemokratin. Dann könne die Union zurück zu alter Stärke gelangen. Doch die Zeit drängt. Schon in vier Monaten steht die wichtige Europawahl an. Anschließend folgen die schwierigen Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen - viele Stolpersteine auf dem Weg des Neuanfangs.
Zurück zu Söders Wahl: 87,4 Prozent der Delegierten stimmen für den 52-Jährigen. "Ich habe durchgeschnauft, wenn ich ehrlich bin, und war froh", sagt er nachher zu seinem Ergebnis. Vor der Abstimmung hatten viele aus dem Parteivorstand bei kleinen Wetten Ergebnisse von 90 Prozent plus X erhofft. "Die Wunden des Machtkampfes wirken noch nach", erklärt ein Vorstandsmitglied.
Applaus für Seehofer eher dürftig
Was sich an diesem Samstag in der kleinen Olympiahalle in München abspielt, ist eine Zäsur für die CSU, spürbar wird es in Seehofers kurzer Rede. "Im Oktober 2008 habe ich das große Erbe der CSU übernommen", sagt der 69-Jährige. Es sei nicht weniger als sein Lebenstraum gewesen. Mehr als zehn Jahre, genau genommen 3739 Tage, war Seehofer CSU-Chef - nicht immer zur Freude seiner Partei. Denn nicht selten hat er die Partei in den vergangen Jahren an ihre Grenzen geführt, war unbequem.
Ganz verkneifen kann sich Seehofer seine direkte Art auch jetzt nicht. Seit der Bundestagswahl 2017 habe es ihm gegenüber "einige Misshelligkeiten" gegeben, sagt er. "Ich habe darauf nie in der Breite oder gar in der Tiefe reagiert. Denn wenn man so lange in der Partei tätig ist wie ich, ist einem die Partei ans Herz gewachsen."
Spätestens beim Applaus für Seehofers Leistung als Parteichef zeigt sich, dass sich die Basis auch in der Stunde seines Abschieds von ihm entfremdet hat. Der Applaus der rund 800 Delegierten ist sicher nicht zu kurz, aber er klingt mehr nach gebotener Höflichkeit als nach gefühltem Trennungsschmerz.
Söder umgarnt die Basis
Um 10.49 Uhr ist die Ära Seehofer dann vorbei. "Ich schlage den
Und Söder? Der gibt zu, dass er ob der großen Fußstapfen seiner Vorgänger vor der Wahl aufgeregter als sonst gewesen sei: Ministerpräsident sei zwar ein hohes Staatsamt, Parteivorsitzender aber eine emotionale Berufung: "Ich will mit Herz, Leidenschaft und Verstand für diese Partei arbeiten."
Inhaltlich verspricht Söder wieder mehr Mitsprache der Basis und eine harte Auseinandersetzung mit AfD sowie Grünen. Zugleich gibt er sich rückblickend auch selbstkritisch: "2018 war ein hartes Jahr, auch für mich. Ich habe sicher auch selbst manchen Fehler gemacht." Er sei aber entschlossen, die richtigen Lehren zu ziehen und die CSU mit Besonnenheit und Weitsicht zu neuer Stärke zu führen. "Das geht nicht allein. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Und wenn nicht wir, wer sonst?" © dpa
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