• Der Deutschlandtag der Jungen Union steht ganz im Zeichen der historischen Schlappe für CDU/CSU bei der Bundestagswahl.
  • Schon beim Auftakt des Treffens fallen klare Worte.
  • Friedrich Merz nennt die Partei gar einen "insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall".

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Beim Deutschlandtag der Jungen Union hat der CDU-Politiker Friedrich Merz die dramatische Lage von CDU/CSU nach ihrer Wahlniederlage herausgestellt. Er bezeichnete die Union als "insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall". Dabei forderte der ehemalige Unionsfraktionschef seine Partei am Freitag in Münster auf, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die inhaltliche Aufstellung. "Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?"

Kuban gratuliert Scholz

JU-Chef Tilman Kuban forderte zum Auftakt des dreitägigen Treffens der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU ein Bekenntnis zur Wahlniederlage. "Wir müssen klar Farbe bekennen. Wir haben die Wahl verloren, und deshalb geht es in die Opposition", sagte er. Die Union habe sich zuletzt benommen wie ein Hühnerhaufen. "Deshalb liegt der Ball jetzt im Spielfeld der SPD." Er gratulierte dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zum Wahlsieg.

Die JU-Spitze spricht sich für eine Mitgliederbefragung bei der Suche nach einem neuen CDU-Parteivorsitzenden aus, falls es mehrere Kandidaten geben sollte. Eine entsprechende Forderung will der JU-Bundesvorstand beim Deutschlandtag zur Abstimmung stellen. Vom Deutschlandtag soll nach Kubans Wunsch ein "klares Signal des Aufbruchs" ausgehen. Der Wahlkampf müsse klar aufgearbeitet werden. "Wir müssen mit neuen Köpfen, neuer Programmatik und neuem Zusammenhalt zwischen CDU und CSU vorangehen", sagte Kuban.

Die Union aus CDU und CSU hatte mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei der Bundestagswahl vor knapp drei Wochen mit 24,1 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren und war hinter die SPD zurückgefallen.

ZDF-Umfrage: CDU und CSU sacken auf 19 Prozent ab

Der Abwärtstrend von CDU und CSU setzt sich fort. Im ZDF-Politbarometer erreicht die Union einen historisch schlechten Wert und kommt nur noch auf 19 Prozent.

Laschet stellt sich am Samstag

Kanzlerkandidat und CDU-Chef Laschet stellt sich am Samstag dem Parteinachwuchs. Außerdem wurden in Münster weitere Spitzenpolitiker erwartet, die zum Teil auch als mögliche Kandidaten für Laschets Nachfolge im Parteivorsitz gehandelt werden - neben Merz etwa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Mit Spannung wurde erwartet, wie die Gastredner vom Parteinachwuchs empfangen werden. Merz wurde beim Einzug in die Halle Münsterland begeistert empfangen. Während seiner Rede reagierten die 317 Delegierten deutlich verhaltener auf seine Anmerkungen.

CSU-Chef Markus Söder hatte kurz vor dem Treffen abgesagt und damit für Verärgerung beim JU-Vorstand gesorgt. Dass Laschet sich am Samstag der Diskussion bei der Parteijugend stelle, müsse ihm hoch angerechnet werden, sagte Kuban.

Union weiter im Umfragetief

Die Union hat die Talsohle noch nicht durchschritten. Nach ihrem historisch schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl sank sie in einer weiteren Umfrage unter die Marke von 20 Prozent. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen CDU und CSU nur noch auf 19 Prozent, wie die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-"Politbarometer" ermittelte. Vor wenigen Tagen erst rutschte die Union in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die "Bild" auf 19,5 Prozent - das war der niedrigste jemals vom Insa-Meinungstrend gemessene Wert für die Union.

Laschet hat angekündigt, die inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei auf Bundesebene moderieren zu wollen. Die CDU will auf einem Sonderparteitag den kompletten Bundesvorstand neu wählen. Doch zunächst soll es am 30. Oktober ein Treffen der Kreisvorsitzenden geben. Dieses Treffen soll dazu dienen, in die Mitgliedschaft hineinzuhorchen. Drei Tage später soll dann von Präsidium und Bundesvorstand entschieden werden, wie die Basis konkret die geplante Erneuerung eingebunden wird. Ob der Parteitag im Dezember oder womöglich erst im Januar stattfinden wird, ist offen.

Auch Röttgen warnt

Norbert Röttgen, Mitglied des CDU-Präsidiums, sagte im Interview mit dem "Spiegel", er sehe nach wie vor "eine große Zukunft für die CDU". Klar sei aber auch, "dass wir Fehler gemacht haben und jetzt in einer gefährlichen Situation sind". Jetzt sei die Zeit um umzusteuern. Denn "wenn wir so weitermachen, sind wir bald nicht mehr Volkspartei". Ob er selbst noch einmal versuchen will, CDU-Vorsitzender zu werden, ließ Röttgen im Interview offen. Er gehe davon aus, dass es in dieser Frage auf eine Beteiligung der Mitglieder hinauslaufen werde, sagte der Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen. "Ich befürworte das", fügte er hinzu.

Laut einer am Freitag in Münster vorgestellten Analyse des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der Jungen Union hatten sich 31 Prozent der Wähler im Alter bis 35 Jahren Olaf Scholz als Kanzler vorstellen können. Beim CDU/CSU-Kandidaten Laschet waren es demnach 13 Prozent der Befragten, bei der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock 18 Prozent. JU-Chef Kuban verwies darauf, dass 30 Prozent der Befragten in dieser Gruppe keinen der Kandidaten im Kanzleramt sehen wollte. Bei den aus Wählersicht wichtigsten Themen Umwelt, Bildung, Arbeit und Wohnen müsse die Union einen Neuanfang starten. Auch die Junge Union müsse sich kritisch hinterfragen, räumte Kuban ein. (mss/dpa)

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