Der FDP-Chef macht Ernst. Lindner hat neben einem Scheidungspapier jetzt auch einen Trumpf, wie er die Ampel bald platzen lassen wird. Als Neuwahltermin ist der 2. März im Gespräch. Die CDU feixt bereits über "Merz im März".
Der Kanzler, die SPD und die Grünen toben. Doch
Die Verabschiedung des Budgets ist das letzte Vorhaben, zu dem
Lindners Druckmittel: Not-Etat als Trumpf
Das setzt die FDP und Christian Lindner zusätzlich unter Druck, jetzt eine Entscheidung zu suchen. Und dabei einen Trumpf auszuspielen, den Esken offenbar übersieht. Lindner kann – sollten die Koalitionäre keine Haushaltseinigung erzielen – aufgrund der Sonderrechte des Finanzministers die Etatposten in der Not einfach anweisen und in der Höhe sperren. Das heißt: Sollte es keinen Haushaltskompromiss geben, würde Lindner einen Not-Etat anordnen. Das brächte den Kanzler unter Zugzwang, ihn sofort zu entlassen. Gibt es also beim Haushalt keine Einigung, dann sticht Lindners Trumpf und es führt an Vertrauensfrage und vorgezogenen Neuwahlen kaum mehr ein Weg vorbei.
Der Kanzler weiß das und versucht daher, die ausgebrochene Reform- und Richtungsdebatte vom Haushaltsentscheid zu entkoppeln. Das aber dürfte die FDP nicht mehr mitmachen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht aus, was die Mehrheit seiner Fraktion denkt: "Die Ampel hat ihre Legitimation verloren. Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land." Die FDP kann dem Haushalt und einer Fortsetzung der Koalition daher nur noch zustimmen, wenn diese Regierung drastisch umkehrt und dem marktwirtschaftlichen Lindner-Reformplan folgt.
Da dies sehr unwahrscheinlich ist, steigt stündlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Ampelregierung tatsächlich in diesem November platzt.
In der FDP kursieren bereits Überlegungen, dass vorgezogene Neuwahlen am 2. März 2025 stattfinden könnten. Erste CDU-Abgeordnete verbreiten launige Losungen: "
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Vieles erinnert an jenen 9. September 1982, als ein Bote donnerstagabends am Bonner Kanzleramt klingelte, um einen Umschlag mit dem 33-seitigen Wirtschaftswende-Papier des Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff zu überreichen. Der harmlos sperrig klingende Titel lautete damals "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit".
Das FDP-Reformpapier brachte die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt und damit die sozial-liberale Ära zum Einsturz. Die inhaltliche Parallele zur heutigen Lage ist bis hin zur Vokabel "Wirtschaftswende" verblüffend - und sie ist von Lindner so gewollt. Damals dauerte es bis zum 17. September, also 8 Tage, bis Bundeskanzler Helmut Schmidt die Koalition beendete und die FDP-Minister zurücktraten. Die Neuwahlen fanden dann ebenfalls im März statt, am 6. März 1983.
Lindners Diktum: Lieber nicht regieren als schlecht regieren
In der FDP-Fraktion wird Lindners Strategie, die Ampel zur ordnungspolitischen Entscheidung zu zwingen, massiv gestützt. Die Forderung, entweder Deutschland zu kräftigen oder abzutreten, treffe die breite Stimmung in der Mitte des deutschen Bürgertums. Dort wolle man nicht noch ein Jahr des Dauerstreits und nationalen Niedergangs. Unter Liberalen macht daher mit Blick auf ihren Vorsitzenden der Spitzname "Christian Graf Lindnersdorff" die Runde. Aus Sicht der Liberalen liegt in dieser Aktion zugleich eine letzte Chance, sich für die Neuwahlen in eine bessere Position zu bringen. Die FDP hofft offenbar, sich als Erlöser der Nation zu positionieren und damit das eigene Kernmilieu neu zu mobilisieren. Lindner habe vor der schwierigen Wahl gestanden, es entweder - wie 2013 - ins völlige Aus laufen zu lassen oder - wie 1982 - mutig die Entscheidung zu suchen. Er habe sich für Letzteres entschieden und seinem legendären Diktum "Lieber nicht regieren als schlecht regieren" eine glaubwürdige Wendung gegeben.
Tatsächlich spürt Lindner damit nicht nur innerparteilich plötzlichen Rückenwind. Denn inhaltlich wird sein Positionspapier von Wirtschaft und Mittelstand mehrheitlich geteilt. Zugleich sind drei Viertel der Deutschen hoch unzufrieden mit der taumelnden, zerstrittenen Ampelregierung. Lindner kann also damit rechnen, dass viele Wähler ein Ampel-Ende mit Schrecken besser fänden als ein Schrecken ohne Ende. Graf Lindnersdorff hält den Trumpf in der Hand.
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