Wie geht es in der Nordkorea-Krise weiter? Diese Frage stellte sich am Mittwochabend die Phoenix-Runde - und förderte einige selten genannte Aspekte des Konfliktes zu Tage. Eine Filmemacherin sagte, die nordkoreanische Gesellschaft ändere sich gerade.

Eine Kritik
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Seit Monaten dreht sich die Eskalationsspirale auf der koreanischen Halbinsel weiter.

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Nordkorea provoziert mit immer neuen Raketen- und Atomwaffentests, US-Präsident Donald Trump droht offen mit einer militärischen Antwort.

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Die Lage ist verfahren, eine Lösung des Konflikts scheint schwierig. "Ich hoffe nicht, dass wir in Kategorien eines Weltkrieges denken müssen", sagte Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung", zu Beginn der Phoenix-Runde.

Hanns Maull von der Stiftung Wissenschaft und Politik meinte, die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzungen sei glücklicherweise "nicht besonders groß, aber sie steigt."

Die deutsch-koreanische Dokumentarfilmerin Sung-Hyung Cho wandte nach Besuchen in beiden koreanischen Staaten ein, die Menschen dort fühlten sich weitaus weniger von einem Krieg bedroht, als es in der deutsche Presse manchmal dargestellt würde. In Deutschland "kriege ich Angst vor einem Krieg", sagte Cho verwundert.

Wie viel Schuld hat Trump?

Während Mascolo und Maull die Schuld für die aktuelle Eskalation vor allem beim Regime von Kim Jong Un sahen, boten die beiden asiatischen Gäste eine andere Interpretation der Geschehnisse an.

Cho sah eine große Mitverantwortung bei US-Präsident Donald Trump - und nannte als Beleg die amerikanisch-südkoreanischen Militärmanöver, bei denen offen der Sturz der nordkoreanischen Regierung geübt werde. "Die USA haben ein großes Interesse an dem Konflikt", behauptete die Filmemacherin. Sie wollten in der Region militärisch präsent sein und weiter ihre Waffen verkaufen.

Der chinesische Journalist Hao Gui von der China-Redaktion der "Deutschen Welle" sagte über die Krise: "Beide sind daran Schuld".

Maull: "Die USA sind jetzt verwundbar"

Maull wies darauf hin, dass der Konflikt durch die Weiterentwicklung des nordkoreanischen Raketen- und Atomprogramms, wodurch nun womöglich auch das amerikanische Festland ins Visier geraten könnte, eine neue Stufe erreicht habe.

"Die USA sind jetzt verwundbar. Das ist etwas, was mir Sorgen macht", sagte der Nordkorea-Experte.

Mascolo betonte, dass die Gefahr der atomaren Bewaffnung Pjöngjangs auch darin begründet liegt, dass es diese Waffen aufgrund seiner finanziell prekären Lage weiterverkaufen könnte - was im Fall Syrien vor einigen Jahren womöglich schon einmal geschehen sei.

Und schließlich wies Filmemacherin Cho darauf hin, dass sich das nordkoreanische Regime derzeit ändere. "Es lässt Leute raus."

Damit sprach sie den Austausch von Studenten an. Zudem gebe es in Nordkorea nun kleine marktwirtschaftliche Ansätze. Ihre Schlussfolgerung: weg mit den Sanktionen, mehr Kooperationen.

Maull forderte Sanktionen, "die gegen das Regime gehen, aber nicht gegen die Leute".

Schlüssel liegt in China

Bei der Kernfrage der Sendung "Wer kann Kim Jong Un stoppen?" herrschte eine übereinstimmende Skepsis, ob US-Präsident Trump dazu in der Lage ist.

Er müsse noch zeigen, "dass er Krise kann, dass er so einen Konflikt beilegen kann", meinte Mascolo.

Während Cho Trump ein bewusstes Anheizen der Krise unterstellte, betonte Maull die Rolle einer anderen Großmacht. "Es dreht sich letztlich alles um die Frage, wie sich China verhält."

Schärfere Sanktionen? Eine Verhandlungslösung? Verschiedene Ansätze liegen auf dem Tisch.

"China wird keine Ölsanktionen mitmachen. Das würde Nordkorea existenziell treffen. Dann würden die Menschen an der Grenze zu China stehen. Das wollen die Chinesen nicht", erklärte Hao Gui.

Er brachte seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die "USA mit China zusammen eine Lösung finden müssen, um den Konflikt zu lösen".

Denn man könne die Sanktionen nicht "ohne Ende verschärfen", erklärte Gui. Eine militärische Lösung schloss er aus.

Mascolo wies darauf hin, auch den russischen Einfluss nicht zu unterschätzen. Und die EU? "Ich wünsche mir, dass Europa sich von den USA emanzipiert und mit einer eigenen Stimme spricht", sagte Filmemacherin Cho. "Man muss mit dem Land zusammenarbeiten und die Sanktionen beenden."

Gui meinte, Europa sei zu weit weg und der Konflikt sei zu regional, als dass die EU eine bedeutende Rolle einnehmen könne.

Er hofft auf eine Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen Nordkorea, Südkorea, China und Russland, sowie Japan und den Vereinigten Staaten.

Atomprogramm ist "Nordkoreas Lebensversicherung"

Was die Zukunft des Konfliktes angeht, machte die Runde wenig Hoffnung auf eine zeitnahe Lösung. "Was kann man tun? Da bin ich einigermaßen ratlos. Es ist alles schon ausprobiert worden", sagte Mascolo.

"Ich glaube, Nordkorea setzt sein Atomprogramm unbeirrt fort", meinte sein Kollege Gui.

Cho erkannte in der atomaren Bewaffnung "Nordkoreas Lebensversicherung" gegen einen Sturz.

Mascolo entgegnete: "Andere Länder werden Nordkorea nicht als Atommacht anerkennen."

Schließlich brachte die Koreanerin Cho ihre große Hoffnung und Überzeugung zum Ausdruck, dass sich die beiden Länder irgendwann wieder vereinigen werden. Die große Frage wird sein: auf friedliche Weise oder durch Waffengewalt?

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