Am Dienstag läuft die Ausnahmeregelung für US-Handelszölle für die EU aus. Angela Merkel und Emmanuel Macron waren in der vergangenen Woche bei US-Präsident Trump, um ihn zur Abkehr seiner Politik zu bewegen. Wer hat mehr erreicht? Das will Anne Will mit ihren Gästen herausfinden. Einen interessanten Lösungsansatz bietet zudem Grünen-Politiker Jürgen Trittin.

Christian Vock
Eine Kritik

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Zwei Daten stehen an, die für die Handels- als auch für die Außenpolitik Deutschlands und der EU aktuell nicht wichtiger sein könnten. Am 1. Mai entscheidet US-Präsident Donald Trump darüber, ob auch die EU Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimporte zahlen muss. Bis zum 12. Mai muss sich Trump dann entscheiden, ob und wie es mit dem Atomabkommen mit dem Iran weitergehen wird.

Wegen beider Termine sind sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nach Washington gereist, um Donald Trump umzustimmen. Macron setzte bei seinem Besuch auf Verbrüderungsgesten und gleichzeitig deutliche Worte, Merkel agierte eher sachlich nüchtern. Was haben die Besuche gebracht, wer hatte mehr Erfolg? Das diskutiert Anne Will mit ihren Gästen.

Erst am Ende der Sendung ist eigentlich völlig klar, was da am 1. und 12. Mai alles auf dem Spiel steht.

Gleich zu Beginn betont Wirtschaftsminister Altmaier, dass es bei der Entscheidung an diesem Dienstag um weit mehr geht als um die Strafzölle: "Es steht auf dem Spiel das transatlantische Verhältnis, das für uns alle wichtig ist, egal wer in den USA Präsident ist. Und es steht auf dem Spiel, dass die Handelspolitik der letzten 40 Jahre, die so viele Arbeitsplätze geschaffen und so viele Waren billiger gemacht hat, in einem Wettlauf mit höheren Zöllen endet. Das wäre schlecht für alle."

"Für uns sind die USA immer noch ein Freund"

Eine ähnliche Tragweite erkennt auch Grünen-Politiker Jürgen Trittin: "Wir müssen uns klarmachen, dass das europäisch-US-amerikanische Verhältnis in einer Krise ist, wie wir sie lange nicht gesehen haben." Den Fehler Europas sieht Trittin dabei darin, dass man geglaubt habe, Trump irgendwie einhegen und besänftigen zu können.

Spannend wurde es bei der Frage nach aktuellen oder künftigen Partnern, nachdem Kanzlerin Merkel unlängst festgestellt hatte, dass man mehr als früher auf sich gestellt sei. "Dann müssen sie auch daraus die Konsequenzen ziehen. Das heißt auch, dass wir in unterschiedlichen Fragen unsere Interessen als Europäer definieren, auch, wenn es sein muss unabhängig von den USA", fordert Journalistin Christiane Hoffmann von Altmaier.

Besonders dringend ist diese Frage beim iranischen Atomabkommen, wie Hoffmann erklärt. Man müsse sich überlegen, was man mache und was "eine Möglichkeit ist, dass wir uns Bündnispartner suchen, um den Amerikanern klarzumachen: 'Sie sind dabei, sich zu isolieren'". Mögliche Bündnispartner seien für Hoffmann "die Russen oder die Chinesen und die gesamte EU".

Für Altmaier wäre Russland mit Blick auf dessen Agieren in Syrien und der Ukraine als Partner gegen die USA ein Unding: "Für uns sind die USA immer noch ein Freund". Jürgen Trittin sieht das zwar ähnlich, aber "in dieser neuen Weltordnung wird man in bestimmten Fällen neue Bündnispartner suchen müssen, so unbequem und nervig die sind."

Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, wendet zur Bestätigung Altmaiers ein: "Wenn es hart auf hart kommt, dann hat Deutschland nur einen Freund, und das sind die USA."

Soweit der geo- und wirtschaftspolitische Rahmen, um den es bei den beiden Entscheidungen Trumps ging. Zwischendrin widmeten sich Will und ihre Gäste der eigentlichen Frage des Abends, wer mehr beim US-Präsidenten erreicht habe, Merkel oder Macron.

Koch Trump und Kellner Macron

Es herrschte relativ schnell Einigkeit darüber, dass das niemand sagen könne und man die Entscheidungen abwarten müsse. Hoffmann attestiert Macron bei seinem Besuch eine "zweifelhafte Ranschmeiße", bei der man gesehen habe, "wer hier Koch und wer hier Kellner ist." Merkels symbolische Schritte der Annäherung seien besser gewesen, kämen aber ein Jahr zu spät, so Hoffmann.

"Riskiert Trump einen Handelskrieg?", will Anne Will wenig später von Jürgen Trittin bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit Donald Trump wissen. "Ich glaube, dass er es riskiert, ich glaube aber auch, dass er eine Erfahrung gemacht hat, als er das Gleiche mit China gemacht hat, worauf China ebenfalls Zölle erhoben hat. Seitdem findet dort ein munteres Verhandeln statt. Das heißt: Wenn man einen Handelskrieg vermeiden will, muss man sich eher so aufführen wie Donald Trump und sagen: 'Ich habe davor keine Angst'."

Altmaier sieht das anders: "Ich bin der Meinung, dass weder die USA noch die Europäer einen Handelskrieg riskieren sollten." Man müsse zu einem Abkommen kommen, das für beide Seiten fair ist.

Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hatte sich von Merkels Besuch mehr erwartet, vor allem ein Signal Trumps. Bei seiner Arbeit habe Kempf festgestellt, dass bei der US-Administration das proklamierte "America first" eigentlich ein "America only" sei. Gleichzeitig habe er entdeckt, dass auch andere Entscheidungsträger als die US-Administration als Gesprächspartner zur Verfügung stehen, zum Beispiel die US-Gouverneure.

Es war eine unaufgeregte, dafür aber umso interessantere Diskussion über drängende Fragen der Welt- und Handelspolitik: Wie emanzipiert man sich von einem einstigen Bündnispartner, ohne ihn zu verlieren? Welchen positiven Einfluss hat "Narzisst" Trump vielleicht auf die Weltpolitik und wie reagiert man auf einen Handelskrieg? Am 1. Mai wissen wir zumindest hierüber mehr.

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