Ist Israels Vorgehen in Gaza noch verhältnismäßig? Wie bedingungslos ist die deutsche Staatsräson? Beide Fragen diskutierte Louis Klamroth am Montag (12.) bei "Hart aber Fair" mit seinen Gästen. Grünen-Politikerin Lamya Kaddor sprach einen wichtigen Satz in Sachen Staatsräson aus und Journalist Philipp Peyman Engel warnte Deutschland davor, einen bestimmten Fehler zu wiederholen.

Eine Kritik
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Der Nahe Osten kommt nicht zur Ruhe: Während in Israel tausende Menschen auf die Straßen gehen, um für ein Geisel-Abkommen zu demonstrieren, wächst die Sorge in der Region vor einer weiteren Eskalation und einem Vergeltungsschlag des Iran. Diesen hatte Teheran nach der Tötung des Hamas-Anführers Ismail Hanija angekündigt.

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Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"

Der Titel der Sendung am Montagabend (12.) lautete: "Krieg in Nahost, Hass und Proteste bei uns: Wie weit geht die Solidarität mit Israel?" Mit seinen Studiogästen sprach Klamroth über die Rolle Deutschlands im Nahost-Konflikt und wollte dabei unter anderem wissen: "Wie sollte sich Deutschland gegenüber Israel verhalten?"

"Was macht der Krieg mit der jüdischen und arabisch-muslimischen Community hierzulande?" und "Gibt es noch eine Chance auf einen Waffenstillstand?"

Das sind die Gäste

Lamya Kaddor (Grüne): "Die Lösung kann nicht im Kampf liegen", so die Innenpolitikerin. Wenn sie sich mit Betroffenen auf beiden Seiten unterhalte, höre sie vom selben Leid. Allerdings hätten inzwischen auf beiden Seiten Hardliner die Oberhand gewonnen. Man müsse endlich darüber sprechen, wie man zu einer friedlichen Lösung komme, anstatt Schuldfragen zu stellen.

Julia Klöckner (CDU): Die Bundestagabgeordnete und Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft erinnerte: "Die Frage der Verhältnismäßigkeit kann man nicht mit Menschenleben aufrechnen." Israel werde täglich aus dem Libanon bombardiert und habe das Recht, sich zu verteidigen. Die Hamas würde ehemalige Schulen und Krankenhäuser nutzen, um sich hinter der Bevölkerung zu verstecken. "Israel nutzt Waffen, um die eigene Bevölkerung zu schützen. Die Hamas nutzt die Bevölkerung, um die eigenen Waffen zu schützen", sagte Klöckner.

Philipp Peyman Engel: Der Chefredakteur der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine" war sich sicher: "Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Krieg gerechtfertigt ist, was nicht bedeutet, dass dieser Krieg immer gerecht ist." Später kritisierte er, dass die deutsche Staatsräson nicht ausbuchstabiert sei. In Sonntagsreden würden deutsche Politiker beteuern, dass man an der Seite Israels stehe und Antisemitismus keinen Platz habe. Unterstützung durch die Bundeswehr habe es jetzt aber nicht gegeben. "Das ist wohlfeil, bigott und verlogen", sagte er.

Jules El-Khatib: "Ich würde mir jederzeit wünschen, dass wir alle gemeinsam für einen Waffenstillstand auf die Straße gehen. Das ist es, was Israelis und Palästinenser schützen würde", befand der Soziologe. Das, was Netanjahu und seine Regierung forderten, könne man nicht rechtfertigen.

Enissa Amani: Die Aktivistin kommentierte eine Aussage des israelischen Finanzministers: "Die moralischste Armee der Welt sagt, es ist gerecht, Menschen verhungern und verdursten zu lassen." Später meinte sie: "Ich fände es falsch, wenn die deutsche Staatsräson in irgendeiner Form bedingungslos ist." Das könne sie auch nicht sein, wenn man auf der Seite des Menschenrechts stehe.

Daniel Gerlach: "Glauben Sie wirklich, dass 37.000 bis 40.000 Tote ein Kollateralschaden sind oder als menschliche Schutzschilde durchgehen?", fragte der Nahost-Experte in die Runde. Das Vorgehen von Israel sei nicht verhältnismäßig. "Es war auch nicht der Plan, verhältnismäßig zu reagieren", so Gerlach weiter. Es sei von Anfang an darum gegangen ein Exempel zu statuieren, dass sich Gaza nie wieder gegen Israel erhebt.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"

Lamya Kaddor (Grüne) ergriff erst nach einiger Zeit erstmals das Wort in der Sendung – und erntete direkt für Applaus. "Wer ernsthaft glaubt, die Hamas wäre eine Friedensorganisation und die würde die netten Palästinenser liebevoll behandeln, hat offensichtlich etwas nicht verstanden", setzte sie an.

Eine Sache wolle sie aber als deutsche Politikerin explizit sagen: Die Sicherheit und die Existenz des Staates Israels gelte als Staatsräson dauerhaft. "Aber sie gilt nicht für jede israelische Regierung. Das ist ein großer Unterschied und das muss man nochmal deutlich sagen", so Kaddor.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Deutschland dürfe nicht nur keine Waffen an Israel liefern, sondern müsse auch seine Lieferung von Dual-Use-Gütern einschränken, sagte Soziologe El-Khatib. Man dürfe sich auch nicht hinter die Regierung von Netanjahu stellen. "Netanjahu hat ein einziges seiner Versprechen gehalten und das ist, aus Gaza eine Insel der Ruinen zu machen", kritisierte El-Khatib.

Journalist Engel ging dazwischen: "Sie sind wieder bei der israelischen Innenpolitik. Die Hamas könnte diesen Krieg innerhalb weniger Sekunden beenden, indem sie die Geiseln frei lässt", sagte er.

"Ein Waffenstillstand scheitert an Netanjahu und seiner Regierung", hielt El-Khatib dagegen. Wenn man Sicherheit im Nahen Osten wolle, müsse man jene unterstützen, die einen Waffenstillstand forderten.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth hatte Respekt vor dem Thema, das merkte man. "Es ist kein einfaches Thema", lautete sein erster Satz in der Sendung. Es gelang ihm dann unter dem Strich aber doch, die Debatte auf einem größtenteils sachlichen Niveau zu halten – auch, wenn er dafür immer wieder Ermahnungen aussprechen musste.

Seine erste Frage blieb jedoch ohne eindeutige Antwort über der Sendung schweben: "Ist das, was Israel dort macht, noch verhältnismäßig?"

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"

Es fiel den Gästen im Studio sichtlich schwer, in der Debatte bei den Kernfragen zu bleiben. Immer wieder kamen die Diskussionsteilnehmer von einem roten Faden ab und verfielen in polarisierende Reflexe – etwa, als über weite Strecken Diskussionen über Opferzahlen geführt wurden.

Journalist Engel hatte dann noch einen eindringlichen Appell: "Wir sind wieder dabei, uns auf die falsche Seite der Geschichte zu stellen. Wie damals beim Überfall Russlands auf die Ukraine, wo man wochenlang diskutiert hat, ob man die Ukraine unterstützen soll und dann erstmal alte Helme geschickt hat." Diesen Fehler sollte man nicht wiederholen.

Verwendete Quellen:

  • ARD: "Hart aber Fair" vom 12.08.2024

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