Im neuen CDU-Grundsatzprogramm setzt die Partei auf eine Steuerreform und mehr Steuergerechtigkeit. Bei "Markus Lanz" erklärte CDU-Vize Carsten Linnemann, wie das aussehen könnte. Doch statt Applaus zu ernten, fand er sich am Dienstag in einem Wortgefecht mit dem ZDF-Moderator wieder.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nach der verlorenen Bundestagswahl nahm sich die CDU fest vor, sich neu aufzustellen und die Bürger neu von sich zu überzeugen. Bei "Markus Lanz" machte Carsten Linnemann, der stellvertretende Parteivorsitzende und Chef der CDU-Programmkommission, in diesem Zuge deutlich, warum er gegen eine Erbschaftssteuer, aber für eine Steuerreform und mehr Steuergerechtigkeit eintritt. Die Argumentation des Politikers kam jedoch beim ZDF-Moderator und "taz"-Journalistin Ulrike Herrmann alles andere als schlüssig an.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland sehen viele Experten mit Sorge. Allgemeine Verunsicherung herrscht auch in Bezug auf eine mögliche Reform des hiesigen Steuerrechts. Bei "Markus Lanz" äußerte sich CDU-Vize Carsten Linnemann zum neuen Grundsatzprogramm seiner Partei.

Bei der jüngsten Klausurtagung am Comer See wurde nicht nur über Steuererhöhungen, sondern auch über Themen wie eine Steigerung des Renteneintrittsalters debattiert. Statt mit klaren Fakten zu brillieren, reagierte Linnemann jedoch auf einige Grundsatzfragen des ZDF-Moderators eher schwammig, woraufhin am Dienstagabend eine hitzige Debatte entbrannte.

Das sind die Gäste

  • Carsten Linnemann, CDU-Politiker und Chef der Grundsatzprogramm-Kommission: "Es will keiner nach Deutschland kommen wegen unserer hohen Steuern."
  • Ulrike Herrmann, Journalistin und Wirtschaftsexpertin der "taz": "Die Erbschaftssteuer muss nicht vereinfacht, sondern gerechter werden."
  • Jens Südekum, Ökonom und Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre: "Arbeit wird meistens sehr hoch besteuert, aber Vermögen sehr niedrig."
  • Rüdiger von Fritsch, Ex-Diplomat und Bestsellerautor: "Wir wollen und müssen mit China kooperieren."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Eingangs wollte der ZDF-Moderator von Ökonom Jens Südekum wissen: "Machen Sie sich Sorgen um den Wirtschaftsstandort Deutschland?" Der Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre verneinte dies und erklärte, dass "die deutsche Wirtschaft und die deutsche Industrie" besser als angenommen durch die "enormen Krisen der letzten Jahre" gekommen sei. Dennoch mache er sich Sorgen, wenn es um die steigende Abwanderung deutscher Unternehmen gehe.

Lanz kam daraufhin auf Amerika zu sprechen, woraufhin Jens Südekum ausführte: "Die USA hat eine schmerzliche Erfahrung, was Deindustrialisierung angeht, gemacht. Das soll jetzt umgekehrt werden. Biden macht es clever. Die Industrien von morgen sollen in den USA angesiedelt werden."

Er ergänzte, dass Deutschland nun auf den "Inflation Reduction Act", das amerikanische Subventionsprogramm, reagieren müsse, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schützen: "Insbesondere bei der Industrie - da brauchen wir das Zuckerbrot, die Subventionen."

CDU-Vize Carsten Linnemann machte sich in seinen Ausführungen zunächst für die deutsche Mittelschicht stark, die seiner Meinung nach viel zu oft "hinten runterfällt". Für Linnemann ist klar: "Es will keiner nach Deutschland kommen wegen unserer hohen Steuern. Wir sind nicht attraktiv." Daraufhin sprach Markus Lanz die jüngste CDU-Klausurtagung am Comer See an, bei der unter anderem eine Flat-Tax bei der Erbschaftssteuer, Steuererhöhungen sowie ein steigendes Renteneintrittsalter diskutiert wurden.

Zum Thema Erbschaftssteuer sagte Linnemann in der ZDF-Sendung, er stelle sich auf die Seite deutscher Familienunternehmen: "Ich bin da raus. (...) Entscheidend ist, dass wir die Regeln so machen, dass die Familienunternehmen weiter in der Substanz geschützt werden." Ökonom Jens Südekum sprach sich dagegen für eine Erbschaftssteuer aus und erklärte: "Arbeit wird meistens sehr hoch besteuert, aber Vermögen sehr niedrig." Auch Journalistin Ulrike Herrmann stellte klar: "Die Erbschaftssteuer muss nicht vereinfacht, sondern gerechter werden."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitziger wurde der Schlagabtausch, als Markus Lanz seinen Polit-Gast fragte: "CDU und Steuererhöhung. Wessen Idee war das?" Der Unions-Vize fragte zunächst ungläubig: "Was heißt Steuererhöhung?" Dann erklärte Linnemann schwammig: "Wenn wir die Steuerreform machen, müssen wir den Soli komplett abschaffen. Der sogenannte Mittelstandsbauch muss abgeschafft werden."

Der ZDF-Moderator hakte nach: "Ich habe gerade nach Steuererhöhungen gefragt, und Sie haben stattdessen von Entlastungen gesprochen, ohne dass das Wort Steuererhöhung einmal gefallen ist." Carsten Linnemann: "Weil das Wort Steuererhöhung suggeriert, dass ich belasten will." Lanz fragte weiter hartnäckig: "Wo wollen Sie Steuern erhöhen?" Der CDU-Vize antwortete daraufhin patzig: "Gar nicht." Eine überraschende Aussage, die Lanz direkt aufgriff und fragte: "Also ist die CDU gegen Steuererhöhungen?"

Linnemann wand sich mit Mühe und setzte neu an: "Ich möchte eine große Steuerreform, bei der fast alle entlastet werden. Deswegen möchte ich den Steuertarif erhöhen." Lanz stichelte weiter: "Also Sie wollen doch Steuern erhöhen? Warum sagen Sie's nicht einfach? Es versteht keiner hier, was Sie gerade erklären."

Statt Klartext zu reden, erwiderte der Politiker erneut schwammig: "Wir reden über eine grundsätzliche Steuerreform." Daraufhin platzte Journalistin Ulrike Herrmann der Kragen. Sie erklärte sichtlich genervt: "Es geht um eine Steuerentlastung von 50 Milliarden Euro. Diese Entlastung kommt dadurch zustande, dass der Soli abgeschafft werden soll. Den bezahlen die obersten fünf Prozent der Bevölkerung." Laut der Journalistin würden demnach "im Wesentlichen die Sehr-gut-Verdiener und ein bisschen die obere Mittelschicht" von einer solchen Steuerreform profitieren.

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Diesen Vorwurf wies Carsten Linnemann entschieden von sich und stellte erbost klar: "Das stimmt doch gar nicht!" Ulrike Herrmann blieb jedoch dabei und sagte erneut: "Die Entlastung wird vor allem die Gutverdiener begünstigen." Linnemann konterte: "Wenn Sie unten entlasten, entlasten Sie ja oben auch mit." Doch auch Jens Südekum kritisierte die Argumentation des CDU-Politikers und erklärte: "Die Rechnung wird nicht aufgehen, dass alle entlastet werden. Eine echte Reform wäre, oben zu belasten, um dann Mittel zu haben, unten und in der Mitte zu entlasten."

Nachdem Linnemann immer wieder gegen die Kritikpunkte der anwesenden Gäste angekämpft hatte und erklärt hatte, er sei "in die Politik gegangen, um das Land nach vorne zu bringen", stellte Lanz abschließend ironisch fest: "Es klingt so, als hätte die CDU eine soziale Ader entdeckt."

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So hat sich Markus Lanz geschlagen

Am Dienstagabend schaffte es Markus Lanz, mit hartnäckigen Nachfragen, CDU-Vize Carsten Linnemann aus der Reserve zu locken. Beim Thema Steuerreform entbrannte in der Runde eine hitzige Debatte, bei der zunächst der ZDF-Moderator das Rede-Zepter in der Hand hielt und den Politiker bei Fragen rund um die geplanten Steuererhöhungen in die Ecke drängte. Daraufhin mischte sich Journalistin Ulrike Herrmann mit ein, die Lanz nicht nur zustimmte, sondern Linnemann ebenfalls an einigen Stellen in Verlegenheit brachte.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Weitgehende Einigkeit herrschte bei "Markus Lanz" darüber, dass die deutsche Regierung trotz aller Krisen Anreize schaffen muss, um den Wirtschaftsstandort Deutschland attraktiv zu halten. Weniger einig waren sich die Beteiligten, als es um eine mögliche Steuerreform ging. Streitpunkt hier vor allem: die Entlastung von Gering- und Gutverdienern.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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