Mit der Drohung eines Fahrverbots löste Volker Wissing eine landesweite Debatte aus. Bei "Markus Lanz" wetterte Klimaaktivistin Carla Reemtsma gegen den Verkehrsminister und erklärte, dass die Klimapolitik der FDP schwerwiegende Folgen nach sich ziehen werde.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Klimaschutzgesetz erweist sich als weiterer harter Belastungstest für die Einigkeit der Bundesregierung. Bei "Markus Lanz" geriet "Fridays for Future"-Sprecherin Carla Reemtsma mit FDP-Politiker Johannes Vogel aneinander, als es um die Klimapolitik der FDP ging. Im Fokus ihres Zorns: der nicht anwesende Verkehrsminister Volker Wissing.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Laut dem aktuell geltenden Klimaschutzgesetz gibt es verbindliche Angaben, wie viel Treibhausgas-Emissionen in verschiedenen Sektoren pro Jahr eingespart werden müssen. Da der Verkehrssektor seine Emissionsziele nicht erreichen kann, drohte Verkehrsminister Volker Wissing jüngst mit einem Fahrverbot an Wochenenden.

Damit erhöhte er den Druck, die Aufweichung des Klimaschutzgesetzes voranzutreiben. In dem neuen Gesetz geht es demnach nicht mehr vorrangig um die einzelnen Sektorziele, sondern vielmehr um den jährlichen Gesamtausstoß an Treibhausgasen. Markus Lanz analysierte am Mittwochabend Wissings Vorstoß und nahm die Klimapolitik der FDP dabei genau unter die Lupe.

Das sind die Gäste

  • Johannes Vogel, FDP-Vize: "Die Zukunft des Pkw ist batterieelektrisch."
  • Mark Schieritz, Journalist: "Deutschland gilt mittlerweile international als Sorgenkind."
  • Wolf Wiedmann-Schmidt, Journalist: "Der Anti-Amerikanismus - das verbindet die Nähe zu Russland und die Nähe zu China."
  • Carla Reemtsma, Klimaaktivistin: "Klimaschutz ist Menschenrecht."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung wollte Markus Lanz von Klimaaktivistin Carla Reemtsma wissen, ob sie mit dem aktuellen Bundesverkehrsminister "im Reinen" sei. Die Sprecherin von "Fridays for Future" blickte stumm in Richtung Lanz und antwortete nach einer Denkpause: "Ich bin nicht im Reinen mit seiner Verkehrspolitik." Der ZDF-Moderator reagierte amüsiert: "War das Schnappatmung jetzt oder was war das?"

Reemtsma erklärte mit ernster Miene, dass die Arbeit von Wissing "nicht mal zu bewerten" sei, "weil sie so unzureichend ist". Die Klimaaktivistin wetterte weiter, dass der Verkehrssektor konstant "seine Klimaziele verfehlt". Lanz nickte und erklärte, dass der deutsche Verkehrssektor Prognosen zufolge bis 2030 ungefähr 180 Millionen Tonnen CO2 mehr ausstoßen wird, als er dürfte. "Wie kann das sein?", fragte der Moderator.

Carla Reemtsma antwortete nüchtern: "Das liegt einfach daran, dass zu wenig passiert im Bereich Verkehrswende." Deutschland basiere laut der Aktivistin "an vielen, vielen Stellen eben auf Autoverkehr", denn: "Wir haben 49 Millionen Autos auf deutschen Straßen. Das ist ein Rekordwert. Und wir erleben eine Politik, die völlig ungewillt ist, zu sagen: Wir nehmen jetzt Geld in die Hand und wir treffen die Maßnahmen, die es bräuchte, um eben auch im Bereich Verkehr eine tatsächliche Verkehrswende zu schaffen."

In Bezug auf Volker Wissings Drohung eines Fahrverbots fragte Lanz: "Was haben Sie da gedacht?" Carla Reemtsma reagierte wütend: "Das war ein verantwortungsloser, beispielloser Schachzug." Der ZDF-Moderator hakte überrascht nach: "Warum verantwortungslos? Das ist ein starker Vorwurf."

Laut der Klimaaktivistin gebe es "genug Maßnahmen, die man einführen könnte, um eben die Emissionen im Bereich Verkehr einzusparen": "Er müsste ja keine Fahrverbote durchsetzen." Reemtsma ergänzte: "Dieses Wort Fahrverbote schürt ja bei vielen, vielen Menschen berechtigterweise im ersten Moment erst mal Angst." Zudem kritisierte die Aktivistin, dass Wissing mit seiner Drohung das "Konsensprojekt" Klimaschutz infrage stelle. "Dieses Horrorszenario an die Wand zu malen" sei laut der "Fridays for Future"-Sprecherin einfach nur "verantwortungslos".

Dem stimmte "Zeit"-Journalist Mark Schieritz zu. Er sagte, dass man im Klimaschutzgesetz "aus keinem Paragrafen (...) die Notwendigkeit einer unmittelbaren Einführung von Fahrverboten ableiten" könne, "deswegen würde ich da auch sagen: Es war dreist und es schürt Politikverdrossenheit."

Markus Lanz sagte daraufhin zu FDP-Politiker Johannes Vogel: "Das gibt doch nach außen hin ein katastrophales Bild ab. (...) Was hängen bleibt, ist doch: Da ist diese irre Ampel und jetzt sind die noch irrer geworden. Jetzt denken sie auch noch über Fahrverbote nach. Was ist denn mit denen kaputt? Würden Sie mir da zustimmen?" Der FDP-Vize schüttelte mit dem Kopf: "Nein, da würde ich nicht zustimmen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Johannes Vogel stellte sich in der Debatte klar auf die Seite von Volker Wissing und sagte: "Volker Wissing ist der Verkehrsminister, der das 49-Euro-Ticket eingeführt hat, der Rekordinvestitionen in die Bahn macht. Der macht nicht nichts für Klimaschutz!"

Lanz konterte unbeeindruckt: "Das habe ich nicht gesagt. Er erreicht diese Ziele hinten und vorne nicht. Punkt." Als Lanz weiter erklärte, dass es jetzt vor allem darum gehe, "CO2 zu sparen", antwortete der FDP-Mann patzig: "Nein. (...) Bei der Debatte, lieber Herr Lanz, geht's darum nicht!"

Carla Reemtsma stellte jedoch klar: "Es geht darum, Emissionsziele einzuhalten. Es geht darum, die Verkehrswende ja auch sicherzustellen." Laut der Klimaaktivistin sei das Verkehrsministerium jedoch "nicht willens, das zu tun, was (...) seine Aufgabe wäre. Und dafür ist ja das Klimaschutzgesetz am Ende da. Es geht darum, dass man keine Ausreden mehr finden kann".

Johannes Vogel blieb dennoch bei seiner Haltung und sagte: "Diese Regierung wurde auf Basis dieses schlechten Gesetzes schon verklagt. Und Volker Wissing hat gesagt: 'Es macht keinen Sinn, dass Deutschland insgesamt die Klimaziele einhält (...) und wir gleichzeitig dann vielleicht die Situation haben, dass man im Verkehrssektor zu Maßnahmen wie Fahrverboten gezwungen wird."

Markus Lanz fragte daraufhin in Richtung Vogel: "Ist Ihnen Klimaschutz wichtig?" Der FDP-Mann antwortete energisch: "Sehr! (...) Mir ist Klimaschutz genauso wichtig wie Generationengerechtigkeit." Carla Reemtsma wollte der Aussage des Politikers jedoch keinen Glauben schenken und sagte streng: "Die FDP stellt sich hin, blockiert, blockiert, blockiert (...) und natürlich erodieren sie damit genau das gesellschaftliche Fundament für mehr Klimaschutz."

Ein Vorwurf, den Johannes Vogel nicht akzeptieren wollte: "Ich verstehe, dass Politik und öffentliche Debatte mit Feindbildern funktioniert. Das ist, glaube ich, was hier stattfindet." Lanz konterte irritiert: "Herr Vogel, bitte!" Der FDP-Politiker ließ sich jedoch nicht besänftigen und stellte klar, dass Volker Wissings Klima-Bilanz besser sei als die seiner Vorgänger. Daraufhin stichelte Lanz: "49-Euro-Ticket und Ladesäulen - besser als Andi Scheuer. Das ist das, was Sie gerade auf ihrer 'Haben'-Seite haben." Einen konsequenten Willen, die E-Mobilität auszubauen, sehe der Moderator dagegen nicht.

Als Lanz mehrere Möglichkeiten auflistete, die CO2-Emissionen im Verkehrssektor einzusparen, fragte er, warum die FDP kein Tempolimit wolle. Damit brachte er Johannes Vogel in Verlegenheit, der stammelte: "Es gibt zwei Gründe. Erster Grund ist..." Lanz unterbrach ihn prompt: "... die Umfrageergebnisse."

Vogel antwortete genervt: "Nein. (...) Das ist eine Symboldebatte, mit der wir uns aufhalten als Gesellschaft. Das macht doch keinen Sinn." Für ihn sei das Tempolimit "einfach eine unnötige Maßnahme. Und unnötige Einschränkungen lehne ich als Liberaler ab".

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Besonders FDP-Vize Johannes Vogel wurde am Mittwoch von dem ZDF-Moderator in die Mangel genommen. Dabei gelang es dem ZDF-Moderator mehrmals, den Politiker aus der Reserve zu locken und in Verlegenheit zu bringen.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" warnte Klimaaktivistin Carla Reemtsma vor der Realität der Klimakrise und sagte: "Wir brauchen konsequente politische Maßnahmen, die auch nicht am Verkehrssektor vorbeigehen." Sie ergänzte mit Blick auf Johannes Vogel, dass es mehr Maßnahmen brauche als "die Bahn auszubauen".

Abschließend warnte Reemtsma: "Wenn wir weiter diese Art von Politik machen, wie Volker Wissing sie macht, dann führt es früher oder später dazu, dass wir 2040 krass viele Einschnitte im Verkehrsbereich haben werden müssen. (...) Dann wird das ja viel, viel radikaler, was in der Zukunft kommt."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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